Eiskalt erwischt hat es einen 29-jährigen Mann aus Singen nach einer Berufungsverhandlung am Landgericht Konstanz. Anstelle des erhofften Freispruchs vom Vorwurf der Bedrohung hat die Berufungskammer eine Haftstrafe von zwei Monaten bestätigt.
Die hatte das Amtsgericht Radolfzell vor einem halben Jahr verhängt, weil der eifersüchtige Mann den neuen Partner seiner Ex-Freundin in Radolfzell mit dem Tode bedroht hatte. Für den mehrfach einschlägig vorbestraften 29-Jährigen kommt es aber noch schlimmer. Wegen eines zu erwartenden Bewährungswiderrufs dürfte sich die jetzt verhängte Haftstrafe auf sechs Monate ausdehnen.
Ex-Freund ignoriert Vereinbarung mit Jugendamt
Drei Monate nachdem das Amtsgericht ihn wegen früherer Vorfälle noch mit einer Bewährungsstrafe von vier Monaten bestraft hatte, vergaß er offensichtlich, dass er unter Bewährung stand. Zunächst tauchte er unangemeldet vor der Wohnung der 24-jährigen Ex-Freundin in Radolfzell auf und verlangte, den gemeinsamen, vierjährigen Sohn "außer der Reihe" sehen zu dürfen. Dies verstieß gegen die Vereinbarung mit dem Jugendamt.
Obwohl die Frau ihm erklärte, dass das Kind noch im Kindergarten sei, verlangte der aufgebrachte Mann Einlass in die Wohnung. Die Frau rief telefonisch ihren neuen Freund zu Hilfe. Der verständigte die Polizei und eilte zur Freundin nach Radolfzell.
"Ich werde dich umbringen, du wirst nicht mehr lange leben", soll der Mann gesagt haben
Noch bevor die Beamten eintrafen, kam es dort zu einer heftigen verbalen Auseinandersetzung der beiden Männer. Sie gipfelte in dem Satz des 29-Jährigen: "Du wirst schon sehen, ich werde dich umbringen, du wirst nicht mehr lange leben." Vor dem Amtsgericht hatte er das eingeräumt. Jetzt stritt er es ab. Selbst wenn er im Stress und im Ärger so etwas gesagt haben sollte, "war das Null ernst gemeint", beteuerte er.
Dass die Frau und ihr neuer Freund diese Drohung sehr wohl ernst genommen haben, ging laut Gericht aus deren Aussagen hervor. Man verwies auch darauf, dass der Angeklagte ein Jahr zuvor sogar mit einer Armbrust und mit "Umbringen" gedroht hatte. Der damals Bedrohte ist inzwischen nach Südamerika ausgewandert und stand jetzt nicht mehr als Zeuge zur Verfügung. Das Gericht verlas im Gerichtssaal seine früheren Aussagen. "Ich fühle mich ernsthaft bedroht und nicht sicher", hatte der Mann damals den Polizeibeamten gegenüber erklärt.
Verteidigerin verweist auf Therapie wegen fehlender Impulskontrolle
Über dieses verlesene Zitat war der 29-Jährige sichtlich verärgert. Er machte geltend, dass das Paar ihn in der Zeit vor dem Vorfall mit verschiedenen Aktionen mehrmals provoziert habe. Dabei holte er ein Foto aus seinen Unterlagen. Es zeige die beiden in einer anzüglichen Situation, rief er, und schwenkte es in der Luft. Mit hämischen Glückwünschen versehen hätten die beiden ihm dieses Foto zu seinem Geburtstag geschickt.
"Wer tatsächlich Angst hat, provoziert nicht", meinte seine Anwältin in ihrem Plädoyer. Ihr Mandant sei zwar eifersüchtig und in manchen Dingen nachlässig, aber er habe die Problematik seiner fehlenden Impulskontrolle mittlerweile erkannt. Deshalb habe er eine früher als Bewährungsauflage verordnete Therapie intensiviert und nehme immer noch regelmäßige Termine wahr. Außerdem habe er seither nichts mehr angestellt.
Gericht sieht keine positive Sozialprognose
Der Berufungskammer fehlten trotzdem die nötigen Voraussetzungen, sowohl für eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung als auch für einen Freispruch. Eine positive Sozialprognose habe man dem Angeklagten nicht stellen können. Und von Reue oder Einsicht sei bei ihm "rein gar nichts zu sehen gewesen", meinte die Vorsitzende Richterin. Auch habe ihn die letzte verhängte Bewährungsstrafe offensichtlich wenig beeindruckt.
Bewährung oder nicht?
Im Radolfzeller Bedrohungsfall war für das Gericht klar, dass es eine Haftstrafe geben müsse. In solchen Fällen ist dann stets die entscheidende Frage: Bewährung oder nicht? Das entscheidende Kriterium dabei ist die sogeannte Sozialprognose: Das Gericht schätzt ein, ob sich der dann Verurteilte die Strafe zu Herzen nimmt und sein Verhalten ändern wird. Dabei berücksichtigt es mehrere Dinge: Zeigt der Angeklagte Reue? Sieht er ein, dass es falsch war, was er getan hat? Wie hat er sich nach der Tat verhalten? Wie ist sein Vorleben? Wie ist seine Persönlichkeit? Ist das Gericht überzeugt, dass er sich bessert und in Freiheit nicht erneut straffällig wird, stellt es eine positive Sozialprognose aus. Dann wird es die Haftstrafe zur Bewährung aussetzen. Hat es den Eindruck gewonnen, dass der Verurteilte in Freiheit über kurz oder lang erneut eine Gefahr für Mitmenschen sein wird, fällt die Sozialprognose negativ aus. Dann wird das Gericht von einer Bewährung absehen und den Verurteilten ins Gefängnis schicken. Im Fall des Singeners war die Sozialprognose negativ: Die Richterin vermisste Einsicht des Mannes, zudem war in dessen Vorleben schon zu viel vorgefallen. (sk)