Sehr unterschiedlich wirkt sich die Schließung vieler Geschäfte aus, die zur Eindämmung der Corona-Pandemie beitragen soll. Für die oft saisonal ausgerichteten Modeläden ist sie bedrohlicher als für Geschäfte, die mit längeren Vorlaufzeiten arbeiten oder schon im Internethandel präsent sind.
Sonja Hechelmann überdenkt ihre Strategien
„Ich habe schon viel in den letzten 29 Jahren meines Betriebes mitgemacht. So schnell haut mich nichts um“, versprüht Sonja Hechelmann ihren Optimismus. Die Inhaberin von „Mode Sonja„ hat zwar etwas Angst, zeigt sich aber gleichzeitig auch zufrieden. Es sei von allem etwas dabei. Sie ist froh, wenn alle gesund bleiben, doch später müsse das Geschäft weitergehen.

Für die nächsten beiden Wochen mache sie sich keine Sorgen, doch dann werde es happig. Nie wieder wolle sie in solch eine Lage hinein geraten und überdenkt ihre Strategien. Früher habe sie im 14-tägigen Rhythmus bestellt und Kunden angeschrieben. Das Wissen um die Bedürfnisse ihrer Kundschaft verleite zu einem Höhenflug, der Händler zu Bestellungen reize. Sie wisse nicht, wer sie geleitet habe oder ob es ein siebter Sinn war: Bei der letzten Messe orderte sie nichts. Künftig wolle sie wieder öfter auf Messen gehen, um Kunden kurzfristig mit Besonderheiten zu versorgen. Das sei zwar aufwendiger, aber stabiler.
Dagmar Rettig leidet unter ausfallenden Familienfesten
Die Gesundheit sei das größte Glück das wir haben, sagt Dagmar Rettig: Doch im Geschäft stehe sie vor einer Katastrophe, sollte sie vor Juni nicht öffnen dürfen. Ihr Geschäft „Mode Nemetz“ ist gefüllt mit Frühlingsware. Rund 2000 Kleidungstücke warten auf Kundschaft. Dagmar Rettig hat eine Stammkundschaft, die ihr gegenüber anderen Modegeschäften einen Standortvorteil bringt: Die reife Dame mit Bedürfnissen, die gerade sie zu bedienen weiß.

Das Absagen von Familienfesten wie auch der religiösen Feste trifft sie hart. Wenn Enkel Taufe, Kommunion oder Hochzeit haben, so habe Dagmar Rettig die richtige Oberbekleidung mit zurückhaltender Eleganz, manchmal etwas sportlich und körperliche Veränderungen kaschierend. Die Ware hängt nun da, findet aber keine Abnehmer. Gerade sie ist auf Kunden spezialisiert, die lieber die persönliche Begegnung und Hilfe beim Ankleiden schätzen und den Online-Handel nicht kennen. Doch diese bedürfen nun auch besonderen Schutzes, weiß Rettig ebenso.
Cornelia Mattes-Hartstein hat einen zeitlichen Puffer
„Nach vorne schauen, wie man mit der Situation umgehen kann“, dies ist das Credo im Wohnstudio Mattes: „Und überlegen, wie man den Ball am Rollen hält“, sagt Cornelia Mattes-Hartstein. Sie plant und gestaltet Räume, stattet sie nach den Wünschen und Vorstellungen ihrer Kunden aus und macht Umbauten am Raum.

Ihr Geschäft ist die Einzigartigkeit und das Wissen um die Produktvielfalt von Herstellern. Möbel könnten genau in der Gestaltungsform gefertigt werden, wie sich der Kunde es vorstellt. Wegen der bis zu acht Wochen andauernden Vorlaufzeiten bei dieser Form von Herstellung laufe die Auslieferung weiter. Das verschaffte Mattes-Hartstein eine Pufferzeit sowohl zeitlich wie auch finanziell. Sie brauchte keine Kurzarbeit anzumelden und will so schnell wie möglich Wohnungen fertig stellen. Dadurch läuft der Ball weiter. Ihr Talent scheint ihre Kreativität sowie das Netzwerken und Zusammenbringen von Bedürfnissen zu sein – in der Krisenzeit somit eine relativ stabile Grundlage.
Bertram Pausch hadert mit ungleichen Chancen
Bertram Pausch erinnert sich gut an die Worte des Bundesgesundheitsministers: Jens Spahn empfahl die Wege mit dem Fahrrad zurückzulegen statt öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Doch vergangene Woche musste auch der Inhaber von Zweirad Mees seinen Betrieb in der Höllturm-Passage schließen, Reparaturen am Fahrrad wurden ihm erlaubt.

Pausch zeigt sich irritiert darüber, dass Kunden in Baumärkten Fahrräder kaufen können, jedoch nicht in einem Fachgeschäft. Wer sein Fahrrad für eine Reparatur abgeben möchte, kann telefonisch mit ihm einen Termin für die Abgabe vereinbaren. Die Werkstatt im Ladengeschäft ist weiterhin geöffnet – am Ladenfenster könne man klopfen. Für einen Gang in die Werkstatt trennte er die Fahrräder mit einem Band ab. Die Reparaturen seien ein Tropfen auf den heißen Stein, erläutert Pausch. Nun berät er während der Geschäftszeit Kunden am Telefon und liefert bestellte Räder und E-Bikes im Umkreis von 40 Kilometer aus.
Alexandra Mäurer setzt stark auf den Onlinehandel
„Wir müssen nichts Neues aus dem Hut zaubern, wir haben es schon“, zeigt sich Alexandra Mäurer trotz Schließung des Einzelhandels zuversichtlich. Bereits seit zwei Jahren betreibt die Inhaberin des „Kinderstoffzimmers“ einen bundesweit bekannten Online-Handel für Stoffe, Bänder, Kurzwaren und Tischdecken. Nun wünscht sie sich, dass sie auch lokal mit ihrem Angebot im Internet bekannter wird. Im Hinterzimmer richtete sie ein Fotostudio für ihr Sortiment ein.

Im Prinzip kenne ihre Stammkundschaft das Sortiment. Bei Bedarf begleitet Mäurer Kunden per Telefon oder Video durch den Bestellprozess. Dann packt sie den Versandkarton mit einer Bestellung aus Stoff, Schere, Garn und Nadeln. Hinzu kommen zwei Faltblätter einer Radolfzeller Buchhandlung sowie eines gastronomischen Betriebes. Sie vermisst den persönlichen Kontakt mit ihren Kunden, denn das sei eigentlich die Lieblingsbeschäftigung. Nun schreiben sie und ihre Mitarbeiter E-Mails und liefern die Ware.
Sandra Biller-Stocker sorgt sich um ihre Mitarbeiter
An erster Stelle stehen bei Sandra Biller-Stocker die Gesundheit der Familie und die ihrer Mitarbeiter. Die Inhaberin von Elektro Biller hat ihren Betrieb nicht komplett still gelegt. Weiterhin ist die Unternehmerin bestrebt die Notsituation ihrer Kunden aufzufangen. Sie steht auch während der Coronakrise mit ihrem Kundendienst für Reparaturen von Haushaltsgeräten bereit.

Sandra Biller-Stocker zeigt sich dennoch besorgt und sagt: „Ich muss meine Mitarbeiter in die Höhle des Löwen herausschicken.“ Würden sie in Quarantänebereiche gehen, so müssten auch sie selbst in Quarantäne. Im Vorfeld sensibilisiert sie deshalb ihre Kunden in einem Telefongespräch über die möglichen Gefahren. Es gehe sowohl um die Gesundheit der Mitarbeiter als auch um Kunden, die dann keinen Monteur mehr hätten. „Die Lichtplanung ist ein weiteres wichtiges Standbein“, erläutert Biller-Stocker. Ihre laufenden Projekte gehen weiter. Sowohl in der Beratung wie auf Baustellen, bei denen sie schon im Rohbau vor Ort ist.