Wenn einer im Amt nicht mehr erreichbar ist, schießen die Spekulationen schnell ins Kraut. So auch bei Thomas Nöken, Leiter des Dezernats III Umwelt, Planen, Bauen in der Stadtverwaltung Radolfzell. Vor allem, wenn die Nichterreichbarkeit mit der Zeitangabe „bis Ende des Jahres“ versehen ist. Doch Nöken sei „nicht gekündigt“ worden, versichert Oberbürgermeister Martin Staab auf Nachfrage. Es handelt sich demnach nicht um eine Freistellung, wie sie oft bei einer einseitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber einhergeht. Vielmehr habe er Nöken aus Fürsorgepflicht die freie Zeit bis Ende Dezember verordnet, erläutert der OB auf Nachfrage: „Sonst wären seine Überstunden aufgrund unserer internen Dienstvereinbarung zum 1. November verfallen.“
Angefallene Überstunden verfallen zu lassen, hält der Verwaltungschef nicht für angebracht, auch nicht bei einem Dezernatsleiter: „Das wäre nicht fair gegenüber einem Mitarbeiter“, sagt Staab. Was überrascht, ist die Dimension der Überstunden. Eine Vollzeitstelle im Angestelltenverhältnis umfasst 39 Stunden in der Woche, die Freistellung bis Ende des Jahres entspricht einem Volumen von über 50 Arbeitstagen, ohne eventuelle Urlaubstage zu berücksichtigen. Oberbürgermeister Staab hat auf eine entsprechende Anfrage von CDU-Stadtrat Christof Stadler im Ausschuss Planen, Umwelt und Technik darauf hingewiesen, „dass er von der Selbstverantwortung der Führungskräfte“ ausgegangen sei. Doch es sei auch so geregelt, dass der nächste Vorgesetzte für den Abbau der Überstunden verantwortlich wäre. „Bei den Dezernatsleitern bin das ich.“ Deshalb habe er den Abbau der Überstunden angeordnet.
Staab befürchtet nicht, dass durch die verordnete Auszeit für den Chef der Bauverwaltung Vorhaben liegen bleiben oder sich drastisch verzögern. „Die Projekte wie der Hallenneubau in Markelfingen sind aufgegleist, es wird nicht zu Verzögerungen kommen“, verspricht der OB. Das gelte auch für das weitere Verfahren in Sachen Seetorquerung. Die Verträge für das Bahnhofsmodernisierungsprogramm in Radolfzell seien vom Anwalt ausgefertigt worden und auf dem Weg zu Bahn. Für Verhandlungen mit Vertretern der Bahn stünden „je nach Schwierigkeitsgrad“ Fachbereichsleiter Tiefbau Uwe Negraßus oder er selbst bereit. „Da kommt nichts in Verzug“, sagt Staab.
Das Gerede von einer angeblichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Leiter des Baudezernats machte auch deshalb die Runde, weil die Stadtverwaltung fast zeitgleich auch die Ausschreibung der Stelle „Fachbereichsleitung Stadtplanung und Baurecht“ herausgegeben hat. Doch diese Stelle ist der Leitung des Baudezernats untergeordnet. „Wir suchen noch immer einen Stadtplaner“, sagt Staab. Schon drei Mal sei diese Stelle ausgeschrieben worden und die Stadt habe keinen geeigneten Bewerber gefunden. „Wir brauchen jemand mit kommunaler Erfahrung“, so der OB. Nach Ablauf der vorgeschriebenen Wartefrist habe man nun einen weiteren Anlauf auf eine Besetzung der Stelle unternommen.
Personalfragen
- Kein Baubürgermeister: OB Staab hat auf Nachfrage erklärt, dass ein Baubürgermeister „nicht mein Thema ist“. Ein Wahlbeamter würde nicht den tariflichen und arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen unterliegen. Der Gemeinderat habe es mehrfach abgelehnt, die Stelle eines Baubürgermeisters einzurichten. Staab: „Es wird so laufen, wie der Gemeinderat es will.“
- Mehr Indianer: Aus den Reihen des Gemeinderats wird hin und wieder der Hinweis eingestreut, dass es im Rathaus „mehr Indianer und weniger Häuptlinge“ bräuchte. Dem kann Staab folgen: „Dann muss der Gemeinderat auch die Stellen genehmigen.“