Der äußere Rahmen der Hauptversammlung der Baugenossenschaft Familienheim Bodensee im Milchwerk war Pandemie-bedingt spartanisch: keine Grußworte, keine Geselligkeit, kein Essen. Nur kalte Getränke zur Erfrischung der Mitglieder waren beim Rechenschaftsbericht des Vorstandes auf den Tischen vorbereitet. Obzwar schlicht gestaltet, so hatte es die Versammlung thematisch in sich.

Trotz Pandemie und Steigerung der Baukosten um 20 Prozent in den letzten fünf Jahren präsentierte die Baugenossenschaft im Milchwerk ein äußerst erfolgreiches Geschäftsjahr 2020 mit einer Umsatzsteigerung von 4,6 Prozent auf über 11,5 Millionen Euro. Mit einer Umsatzrendite von über 16 Prozent konnte die Genossenschaft im letzten Jahr einen Gewinn nach Steuern von über 1,9 Millionen Euro ausweisen.

52.000 Euro für Dividenden

Neben der gesetzlichen Rücklage in Höhe von 168.000 Euro billigte die Versammlung aus dem Überschuss eine Zuweisung in Höhe von 1,6 Millionen Euro in die Ergebnisrücklagen. Vom Bilanzgewinn in Höhe von über 89.000 Euro schüttet die Genossenschaft an ihre Mitglieder eine Dividende von über 52.000 Euro aus. Das entspricht vier Prozent des Geschäftsguthabens.

Die Problemstellungen im letzten Jahr bezeichnete der Vorstandsvorsitzende Stefan Andelfinger als unverändert komplex. Nicht nur Sorgen wegen der Pandemie treibe Mieter um. Auch die Themen Klima und Energiewende seien von Bedeutung, da die Entwicklung im wohnungswirtschaftlichen Sektor unmittelbaren Einfluss auf die Mietverhältnisse und Neubauvorhaben habe. Trotz der Pandemie seien die Bauvorhaben störungsfrei und weitgehend termingerecht verlaufen, so Andelfinger.

Bauvorhaben liefen termingerecht ab

Auffallend in der Hauptversammlung waren nicht die fehlenden Grußworte als vielmehr die Flut an Danksagungen Andelfingers an alle Projektbeteiligten, die trotz der schwierigen Bedingungen ein erfreulich positives Ergebnis für die Genossenschaft ermöglichten.

Deutlich wurde auch, dass die Genossenschaft die Kosten im Griff hat und das Eigenkapital trotz Bautätigkeit weiter steigern konnte. Ziel sei es, eine solide Grundlage für die zukünftigen Bauvorhaben zu schaffen, rechtfertigte Andelfinger die hohen Rücklagen.

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Die Kennzahlen der Genossenschaft mit einem Cashflow von 3,5 Millionen Euro, einer Eigenkapitalrendite von 4,27 Prozent sowie der Gesamtkapital-Rentabilität von 2,73 Prozent verwiesen auf die Möglichkeit, im Markt flexibel zu agieren und zu reagieren und darauf, dass die Genossenschaft ihre Entscheidungen autonom treffen könne, so Andelfinger.

Kritisch äußert sich der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Bernhard Hertrich, zu der Diskussion über Mietendeckel und der Enteignung von Wohnbauunternehmen. Seines Erachtens führe dies – wie in der ehemaligen DDR – zum Zerfall und zur Zerstörung der Substanz. Hertrich sieht in den politischen Forderungen lediglich ein Kurieren von Symptomen. Es seien die Kosten für den Wohnungsbau viel zu teuer geworden – vor allem, weil man alle administrative Aufgaben und sämtliche Umweltziele erreichen wolle.

Kritik an Bundesgesetzen

Das Problem seien die Kosten, so Hertrich: Solange Kosten nicht gedämpft würden, könne man das Problem im Wohnungsbau nicht lösen. Die Auflagen könnten dazu führen, dass Renovierungen und Erneuerungen massiv zurückgeführt werden, weil Genossenschaften diese Kosten nicht tragen könnten.

Der toxische Zusammenhang bei der Preisexplosion durch administrative Aufgaben bei gleichzeitiger Umsetzung aller Auflagen werde beispielsweise bei Sanierungen der Haustechnik sichtbar, meinte auch Vorstand Marco Bächle: „Eine vorhandene Gasheizung wird nicht einfach ersetzt, indem ein Handwerker beauftragt wird, der die Arbeiten ausführt.“ Mittlerweile seien für einen Heizungsbau 16 Projektbeteiligte erforderlich.

Führende Genossen sehen Kostensteigerung als Problem

Allein die Koordination solch einer Maßnahme erfordere eine umfangreiche Betreuung. Nicht jeder Verwalter könne solch eine Maßnahme mit einer Bandbreite an Planern, Fachingenieuren und vor allem Firmen erfolgreich umsetzen wie die erfahrene Genossenschaft Familienheim.

Familienheim investierte in die Elektrosanierung, in Heizungserneuerungen und in die Trinkwasseraufbereitung. Doch auch hier zwinge der Gesetzgeber zur Einhaltung immer schärfer werdender Vorschriften, so Bächle. Dies sei zudem verbunden mit einer entsprechenden Anzahl an Wartungen der technischen Anlagen, wobei Gemeinden oft nur kalkhaltiges Wasser bereitstellten.