Stuttgart hat‘s, Freiburg hat‘s, Konstanz hat‘s und Radolfzell soll es nun auch bekommen: das Zweckentfremdungsverbot. Mit dieser Satzungsänderung soll Wohnraum für den Mietmarkt erhalten bleiben und nicht für touristische Zwecke verwendet werden. Ein entsprechender Antrag der Freien Grünen Liste brachte das Thema in den Ausschuss für Planung, Umwelt und Technik. Nach eingehender Diskussion ist der Verwaltung der Auftrag erteilt worden, eine entsprechende Satzung zu erarbeiten und zu prüfen.

Wohnraum soll in erster Linie zum Wohnen da sein

Die FGL fordert in ihrem Antrag, dass bei der Aufstellung von Bebauungsplänen für allgemeine Wohngebiete der Neubau von Ferienwohnungen untersagt werden soll. Grundsätzlich soll die Nutzung von Wohnraum für den touristischen Zweck stärker reglementiert werden. „Vieles liegt in einer Grauzone, deswegen ist es notwendig, dass wir jetzt reagieren“, begründet FGL-Fraktionssprecher Siegfried Lehmann den Antrag.

Bis Ende des Jahres will Thomas Nöken, Fachbereichsleiter Stadtplanung und Baurecht, eine Satzung erarbeiten. Allerdings sei die Wohnungsnot in Radolfzell rein rechnerisch nicht ganz so groß, wie viele annehmen würden. Es müsse erst geprüft werden, ob die Wohnraumanalyse der Stadt Radolfzell als ausreichende Begründung angesehen werden könne.

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Radolfzell erreiche beim Indikator „Wohnungsversorgungsgrad“, also dem Verhältnis von Haushalten zu Wohnungen, eine leichte Überversorgung bei einem Wert von 101,6 Prozent. Beim Indikator „Versorgung Neubürger“, also beim Verhältnis neuer Wohnungen zum Zuzug, erreiche Radolfzell exakt den Schwellenwert von 1,0, rechnet die Verwaltung vor. Sollte sich auch dieser Wert durch die Neubaugebiete, die aktuell in Arbeit seien, verbessern, gebe es keine rechtliche Begründung mehr für das Zweckentfremdungsverbot, sagte Nöken.

Sorge um hohe Beratungskosten

Für komplett unnötig erachteten Walter Hiller (Freie Wähler) und Richard Atkinson (FDP) das angestrebte Zweckentfremdungsverbot. Hiller befürchtet zu hohe Kosten für juristische Berater bei der Ausarbeitung einer solchen Satzung. „Mit dieser neuen Satzung schaffen wir keine einzige neue Wohnung“, sagte Hiller.

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Und Atkinson wollte sich nicht in das Privateigentum einmischen. „Man kann den Leuten nicht vorschreiben, was sie mit ihrem Eigentum machen dürfen“, so der FDP-Stadtrat. Außerdem sei eine Ferienwohnung oft auch Teil der Finanzierung eines Eigenheims. Anja Matuszak (FGL) wollte dieses Argument nicht gelten lassen: „Im Grundgesetz steht nicht ohne Grund, dass Eigentum verpflichtet.“

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Gisela Kögel-Hensen (FGL) versuchte zu relativieren: „Wir werden sicher nicht den Ast absägen, auf dem wir sitzen.“ Ferienwohnungen werde es in Radolfzell auch weiterhin geben. Die neue Satzung sei eine Chance, das touristische Angebot auf die Bedürfnisse der Stadt anzupassen. Um Kosten bei der Erarbeitung des Zweckentfremdungsverbotes zu sparen, schlug Siegfried Lehmann vor, doch einfach bei den Kommunen in die Satzung zu schauen, die diese bereits eingeführt haben. „Wir müssen das Rad nicht neu erfinden.“