Von Normalität konnte beim Tourismus in Radolfzell auch 2021 keine Rede sein: Fünfeinhalb Monate lang mussten Hotels und andere Unterkünfte geschlossen bleiben, nur Geschäftsreisen waren noch möglich. Damit ging sogar mehr Zeit verloren als noch 2020, damals zog sich der Lockdown über vier Monate hin. Eine enorme Belastung also für die Branche – und dennoch zeigt sich Nina Hanstein, Geschäftsführerin der Tourismus- und Stadtmarketing Radolfzell GmbH (TSR), zufrieden mit den Entwicklungen der Gästezahlen.
Mehr Übernachtungen – aber nicht in allen Bereichen
Zusammengerechnet gab es mehr als 388.000 Übernachtungen in Radolfzell – das sind fast 15.500 Übernachtungen und damit etwa 4,2 Prozent mehr als noch 2020, obwohl Unterkünfte da weniger lang geschlossen waren. Die meisten Übernachtungen gab es dabei in Hotels, Gasthöfen und Pensionen, dort ist auch die Zunahme im Vergleich zu 2020 besonders deutlich, damals waren es laut Zahlen der TSR 10,6 Prozent weniger. Allerdings sei von 2019 auf 2020 in dieser Sparte auch der Verlust besonders groß gewesen. Und vom Niveau vor der Pandemie sind die Übernachtungszahlen noch deutlich entfernt.
Bei den Ferienwohnungen und Ferienzimmern sowie den Campingplätzen gibt es dagegen sogar einen Verlust an Übernachtungen im Vergleich zu 2020. Nina Hanstein erklärt sich das zum einen damit, dass die TSR privaten Vermietern im Lockdown geraten hatte, die Ferienwohnungen oder -zimmer lieber dauerhaft zu vermieten. Denn Privatpersonen hätten keine Corona-Hilfen beantragen können und es war unsicher, wann der Lockdown wieder ein Ende finden würde. „Dann standen diese Räume aber für touristische Angebote nicht mehr zur Verfügung“, sagt Hanstein.
Der Verlust beim Camping liege dagegen vermutlich am Wetter, dieses sei im Sommer wechselhaft gewesen und es habe immer wieder kühle und regnerische Phasen gegeben. Allerdings habe es im Jahr 2021 sehr geholfen, dass schon 2019 auf der Mettnau 19 neue Camping-Stellplätze errichtet wurden.
Mettnau-Kur spielt eine Rolle
Dass die Bilanz insgesamt grundsätzlich gut aussieht, führt Nina Hanstein unter anderem auf die Heimattage, aber auch auf eine gewonnene Online-Kampagne zurück. Und es seien „so viele Prospekte wie noch nie“ versendet worden. Zudem habe die Belegung der Mettnau-Kur eine Rolle gespielt: „2020 ging da viel nicht, 2021 hat sich das erholt“.
Kurdirektor Eckhard Scholz relativiert das allerdings ein wenig: „Wenn auch im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr eine deutlich größere Nachfrage nach Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen zu verspüren war, hatten wir insbesondere während der Hochphase der Infektionswellen in den ersten und letzten Monaten des Jahres eine zum Teil deutliche Reduzierung der Belegung zu verzeichnen“, wird er in einer Pressemitteilung der TSR zitiert.
„Die Gäste waren sofort da“
Nina Hanstein nennt aber auch weitere positive Entwicklungen für 2021: So habe die Nachfrage nach Zimmern im vergangenen Jahr nach Ende des Lockdowns weitaus schneller stark angezogen als 2020: „Die Gäste waren sofort da“, freut sich Nina Hanstein. Sie vermutet, dass dabei zum einen die vorab vom Land schon angekündigten Öffnungsszenarien eine Rolle spielen, die es 2020 nicht gegeben habe.
Zum anderen spiele aber eventuell auch die Tatsache eine Rolle, dass 2021 im Landkreis Konstanz die Hotellerie schon vor Pfingsten wieder Buchungen annehmen konnte, im benachbarten Bodenseekreis sei das erst später möglich gewesen. Dadurch könnten viele Urlauber sich für Radolfzell entschieden haben.
TSR plant ein paar Änderungen
Und wie sieht der Ausblick auf das Jahr 2022 aus? Gut, sagt Nina Hanstein: „Dieses Jahr sieht es nicht so aus, dass wir uns Sorgen machen müssen“. Wenn das Wetter einigermaßen mitspielt, gehe sie von einem guten Jahr aus. „Die Attraktivität der Stadt und der Region ist da.“ Dennoch will die TSR ein paar Änderungen vornehmen, um noch mehr für den Tourismus in Radolfzell zu tun.
So sollen an den Radolfzeller Runden – fünf Wanderwege rund um Radolfzell – Stellen mit Panoramatafeln aufgewertet werden, erzählt Marketingleiterin Sabine Hellner. Dafür werde der Fotograf Achim Mende an besonders schönen Aussichtspunkten Aufnahmen machen, die dann auf Panzerglas gedruckt und beschriftet werden. „Das wird fotografiert bei schönster Alpensicht“, erklärt Hellner. Das Projekt werde von der ILE Bodensee gefördert und sei schon seit ein paar Jahren geplant. Wann genau die Tafeln aufgestellt werden, steht noch nicht fest, schließlich weiß noch niemand, wann wieder perfekte Alpensicht herrscht. „Schön wäre es, wenn sie vor der Wandersaison im Herbst da sind“, sagt Nina Hanstein.
Karten und Internetseite übersetzt
Und auch weitere Verbesserungen sind geplant. So solle die Internetseite der TSR bald auch auf Englisch übersetzt werden, zudem sei seit Kurzem der Radolfzeller Stadtplan nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Englisch, Niederländisch, Italienisch und Französisch erhältlich.
Denn obwohl während der Pandemie vor allem deutsche Urlauber nach Radolfzell kamen, rechnet Nina Hanstein damit, dass es künftig mehr Gäste aus dem europäischen Umland sein werden. „Da werden wir auch weiter dran arbeiten“, verspricht sie. Laut Sabine Hellner seien etwa englischsprachige Speisekarten in der Gastronomie denkbar.
Es sind Veranstaltungen geplant
Auch soll die Innenstadt belebt werden. Dafür ist Radolfzell nicht nur der Kooperation „Kleinstadtperlen“ beigetreten, einem Zusammenschluss von Klein- und Mittelstädten in Baden-Württemberg, der der gemeinsamen Vermarktung dient. 2022 sind auch wieder Veranstaltungen geplant, die zum Teil im vergangenen Jahr nicht möglich waren. So sollen, wenn möglich, die Filmnächte, das Diner en blanc, der Kräutermarkt und das Kinderfest stattfinden. „Da sind wir ganz guter Dinge“, sagt Nina Hanstein.
Allerdings steht schon jetzt fest, dass das Altstadtfest und der Abendmarkt nicht in ihrer üblichen Form stattfinden können. Diese Veranstaltungen können nicht spontan geplant werden und brauchen Vorlaufzeit, momentan sei aber unklar, ob sie dann überhaupt ausgerichtet werden könnten. Für den Abendmarkt soll es aber ein Alternativkonzept geben, daran werde nun gearbeitet. Angedacht seien dafür sechs Donnerstage, das genaue Konzept steht aber noch nicht. Allerdings verkündete die TSR bereits, dass die örtliche Gastronomie einbezogen werden und es Live-Musik geben soll.