Ökologen und Naturbegeisterte freuen sich, Landwirte fluchen: Der einstmals europaweit seltene Biber ist in den vergangenen Jahren wieder heimisch geworden und fühlt sich auch in Radolfzell und Umgebung wohl, ganz besonders in Böhringen.

Ein See auf einem Maifeld

Unübersehbar sind die Folgen seiner Aktivitäten derzeit zwischen dem Tennisheim und dem Kreisel Singen, wo die fleißigen Nager ein Maisfeld unter Wasser gesetzt haben. Was im Frühjahr wie Hochwasser anmutete, hat sich inzwischen zu einem See ausgeweitet, für den „Baden verboten“ gilt.

Nun schrillen die Alarmglocken im Ort, denn es wird befürchtet, dass der Radweg unterspült werden könnte oder früher oder später das Tennisheim in Mitleidenschaft gezogen wird. „Das Problem ist eine Biberburg nördlich der Fläche“, erklärte Ortsvorsteher Bernhard Diehl jüngst im Ortschaftsrat.

Zu wenig Management

Kommunen haben nur sehr begrenzte Möglichkeiten bei der Lösung von Biberproblemen, denn die Tiere stehen unter strengem Naturschutz und ihre Bauten, Burgen und Dämme sind besonders geschützte Lebensstätten. Das Bibermanagement liegt beim Land, das eigens dafür Biberbeauftragte einsetzt.

„Für den ganzen Regierungsbezirk Freiburg gibt es nur zwei Biberbeauftragte. Das ist für so viele fleißige Tiere in Baden-Württemberg zu wenig“, so Bernhard Diehl und kündigte an, gemeinsam mit dem Landkreis auf die Unterbesetzung beim Bibermanagement einwirken zu wollen.

Mittlerweile sei man aber für Böhringen vorangekommen, so Diehl. Er verlas ein Schreiben von Nadja Grundler, Abteilung Landschaft und Gewässer: Demnach haben der Biberbeauftragte des Regierungspräsidiums Freiburg, Gunnar Hornstein, die Untere Wasserbehörde (LRA), die Untere Naturschutzbehörde (LRA) und die Stadt Radolfzell vergangene Woche mehrere Maßnahmen festgelegt, die noch vor Weihnachten umgesetzt werden sollen. Es wurde vereinbart, dass der Bauhof einen Graben vom Maisacker zum Mangässer Bächle anlegen darf.

Die Dämme werden täglich geöffnet, um arbeiten zu können – in der Hoffnung, dass durch die Gräben die Biberdämme nicht zwischen den Jahren über den Notdienst geöffnet werden müssen. Im Januar und Februar sei dann geplant, von Norden nach Süden am Rand des Ackers ein Drainagerohr mit Schotter einzubauen. Eventuell müsse zusätzlich noch eine Dammdrainage eingebaut werden. Diese Arbeiten würden durch den Biberbeauftragten geplant und müssten durch einen externen Unternehmer umgesetzt werden.

Biber sind „beste Renaturier“

Ortschaftsrat Christian Schütz (Freie Wähler) berichtete am Rande der Sitzung über seine Biber-Erfahrungen als Landschaftsökologe im Ulmer Raum. Dort gebe es auf Landkreisebene mehrere ehrenamtliche Biber-Berater, die dort in einfachen Fällen zu Rate gezogen werden können, um frühzeitig Konflikte zu vermeiden und Kompromissbereitschaft bei Betroffenen zu fördern. „Das läuft dort ganz gut. Man muss das Rad nicht neu erfinden!“, macht er deutlich.

Auch in Markelfingen haben sich mittlerweile Biber angesiedelt: Ein Jungtier neben der kleinen Treppe zum Bach in der Ortsmitte.
Auch in Markelfingen haben sich mittlerweile Biber angesiedelt: Ein Jungtier neben der kleinen Treppe zum Bach in der Ortsmitte. | Bild: Martina Gleich

„Viele sehen nur die Schäden und vergessen, dass der Biber der beste Renaturierer und Gestalter artenreicher Feuchtgebiete ist,“ erklärt er. „Aus ökologischer Sicht ist er topp und birgt enormes Potenzial für die Schaffung neuer Lebensräume, in denen sich neue Tierarten ansiedeln können.

Und angesichts der zunehmenden Zahl an Trockensommern in den nächsten Jahrzehnten werde man sicher noch dankbar sein, dass der Biber dazu beitrage, Wasser in der Landschaft zu halten, gab er zu bedenken.