Mittwoch, 24. März, ein unerwarteter Anruf am Morgen: Heinz Schmitt hält wenig vom Klagen und Heulen. Weil er nicht mehr gut zu Fuß ist und es im Moment wenig Abwechslung gibt, fahren er und sein „Kumpel“ Bernd Lüttin auf ihren Elektromobilen durch die Stadt. „Viel mehr geht ja bei uns nicht“, sagt der Schmitt Heinz mit seinem stets verschmitzten Gesichtsausdruck. Doch an diesem Morgen am Telefon ist Heinz Schmitt der Ärger durchs Telefon anzuhören. Der Grund: die Zeitungslektüre. Ihm gefällt gar nicht, was die grüne Landtagsabgeordnete Nese Erikli als Antwort auf die Kritik des Konstanzer OB Uli Burchardt am Impf-Management der Landesregierung gegeben hat. Schmitt, 81 Jahre alt und schwerbehindert, hat sich am 28. Februar zum Impfen registrieren lassen. Er stellt fest: „Und Du bekommst keinen Termin in Singen.“ Singen steht in diesem Fall stellvertretend für das einzige Impfzentrum im Kreis Konstanz. Schmitt ärgert sich, wenn jetzt die Landtagsabgeordnete Erikli die fehlenden Impfdosen dem Bundestagsabgeordneten Andreas Jung (CDU) „in die Schuhe schiebt“. Schmitt hat 2019 für sein soziales Engagement in der Stadt den Bürgerpreis der SPD erhalten. Politisch ist er sonst sehr zurückhaltend, in diesem Fall hat Schmitt eine klare Meinung: „Jetzt ist gewählt und nichts wird gemacht.“
Mittwoch, 24. März, ein Schild am Nachmittag: Auf dem Moustelon-Platz halten ein Querdenker und ein Freiheitsfahrer – oder sind es ein Freiheitsfahrer und ein Querdenker – egal, etwa zwei Demonstranten versammeln sich unter dem Schild: „Rücktritt statt Entschuldigung.“ Soweit die Stimmungslage zur Entschuldigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem gekippten Oster-Shutdown. Trotz aller Diktatur, solche Schilder darf man noch ungestraft in die Höhe halten. Und wir verkneifen uns trotz allem die Redewendung „Ab nach Kassel“.
Freitag, 26. März, wieder ein unerwarteter Anruf am Morgen: Landtagsabgeordnete Nese Erikli kündigt eine Pressemitteilung der Stadt Radolfzell für den Nachmittag an. Nun, sie weiß das am Morgen so genau, weil sie am Mittag in dieser Pressemitteilung erwähnt wird. So etwas muss abgesprochen sein. Aber damit die Redaktion vorbereitet ist „und planen kann“, sagt Nese Erikli schon einmal, was drin stehen wird. Radolfzell plant einen Gemeindeimpftag. Oha. Wenn der jetzt genehmigt wird, dann hat der Schmitt Heinz vielleicht was zu lachen: Kaum hat er geschimpft, schon wird was gemacht. Und er kann mit seinem Elektromobil zum Impfen fahren. Wo immer das auch in der Stadt sein mag, da reicht die Batterie hin.