Es ist eine gemischte Bilanz, die der Leiter des Kreisforstamts, Walter Jäger, mit Blick auf das vergangene Jahr für den Stadtwald Radolfzell zieht. Zwar haben sich ein recht feuchtes Frühjahr und heftige Niederschläge im Sommer positiv auf den Forst ausgewirkt – dennoch blickt Jäger mit Sorge auf die kommenden Monate.
Erholung vom Dürrejahr 2018
Dabei scheint sich der Wald im gesamten Landkreis nach langer Zeit endlich ein wenig vom Dürrejahr 2018 erholt zu haben. Insbesondere 2019 musste viel Holz aufgrund von Insekten- und Dürreschäden eingeschlagen werden, aber auch 2020 fiel dadurch viel Schadholz an. „Die Bäume reagieren relativ lange auf solche Trockenphasen“, erklärt Walter Jäger.

2021 aber sei die Menge an Käfer- und Dürreholz zurückgegangen – insbesondere in Radolfzell ist der Anteil an Schadholz gering. Er macht ungefähr ein Drittel aus, nachdem er in den vergangenen Jahren deutlich über dem planmäßig eingeschlagenen Holzanteil lag. Allerdings wurden 2021 im Radolfzeller Stadtwald insgesamt recht wenig Bäume gefällt – um auszugleichen, dass in den Jahren davor so viele abgeholzt werden mussten. „Da hat man versucht, die Menge auf den Zehn-Jahres-Plan hin anzupassen“, sagt Jäger.
Niederschläge dämmen Schädlinge ein
Geholfen hätten dem Wald die Niederschläge im vergangenen Jahr – nicht nur, weil dadurch neue Dürreschäden vermieden werden konnten. Sondern auch, weil ausreichend Niederschläge im Kampf gegen den Borkenkäfer helfen, erklärt Walter Jäger. „Den Käfern bekommt eine feuchte Periode nicht gut“, sagt er. Denn zum einen brauchen Fichten Wasser, um Harz zu produzieren, das bei der Abwehr der Schädlinge hilft. Zum anderen könne sich bei länger anhaltender Nässe unter den Baumrinden ein Schimmelpilz bilden, der die Gelege der Borkenkäfer befällt und diese vernichtet.
Ebenfalls positiv fielen 2021 die Holzpreise aus: Schon zu Beginn des Jahres gingen diese durch die Decke – davon profitierten auch die Waldbesitzer. „Aber wir hatten bei weitem nicht so starke Anstiege wie der Schnittholzmarkt“, sagt Jäger.
Auch Neupflanzungen gefährdet
Dennoch ist der Kreisforstamtsleiter nicht mit allen Entwicklungen im vergangenen Jahr zufrieden. „Ein Wermutstropfen war, dass wir 2021 ab September ein deutliches Defizit bei den Niederschlägen hatten“, berichtet er. Das ziehe sich bis ins Jahr 2022 – bis zum April habe es viel zu wenig geregnet und die jüngsten Regenfälle helfen zwar sicherlich ein Stück weit, reichen aber nicht aus, so Walter Jäger. Die Böden seien noch lange nicht wassergesättigt. „Das macht uns für dieses Frühjahr Sorgen.“
Nicht nur wegen der älteren Bäume, sondern auch wegen der Neupflanzungen: „In Radolfzell werden Pflanzen gesetzt, die jetzt noch im Oberboden genügend Feuchtigkeit finden“, erklärt Walter Jäger. Damit das aber auch weiterhin so bleibe, brauche es Regen. Bleibt der aus, könnten die jungen Bäume absterben. „Das kommt relativ häufig vor.“ Und geht auch ins Geld, denn zur nächsten Pflanzzeit – neue Bäume werden im Frühjahr und im Herbst gesetzt – würden dann Nachpflanzungen stattfinden, um den Verlust auszugleichen.
Trockenheit begünstigt Borkenkäferbefall
Und ebenso wie Nässe den Kiefern im Kampf gegen den Borkenkäfer hilft, so schadet den Bäumen die Trockenheit. Zum einen, weil es eben an Wasser zur Harzproduktion fehlt. Zum anderen aber auch, weil die Bäume bei Dürre unter Stress Signale aussenden, die die Schädlinge anziehen. Hinzu kommt dann noch, dass auch die Borkenkäfer, die einen Baum befallen haben, selbst auch noch Botenstoffe aussenden, die noch mehr Artgenossen anlocken. Der Grund: „Nur der Massenbefall bringt den Baum schlussendlich zum Absterben und macht ihn brutfähig“, so Walter Jäger.
Wenn sich zu viele Käfer auf einem Baum befinden und kein Platz für weitere ist, würden die Schädlinge zudem andere Botenstoffe aussenden, um zu signalisieren, dass kein Platz mehr ist. „Die anderen Käfer gehen dann an den Nachbarbaum.“ Wie der Forstamtsleiter weiter erklärt, vermehren sich die Borkenkäfer zudem schneller, wenn es warm und trocken ist. „Die haben dann eine kürzere Entwicklung.“
Wald wird an den Klimawandel angepasst
Um den Wald an den Klimawandel und damit vermutlich immer weiter steigende Temperaturen anzupassen und auch auf das Eschentriebsterben zu reagieren, werden heute andere Bäume gepflanzt als zu früheren Zeiten. „Wir stehen nicht vor einem Waldende, aber vor einer Waldwende“, fasst es Walter Jäger zusammen. „Das Entscheidende ist, dass wir eine Baumvielfalt in unsere Wälder bringen. Das bringt Sicherheit“ – bei Krankheit oder Klimaunverträglichkeit stirbt dann nicht gleich der gesamte Wald ab, sondern nur einzelne Arten.
Der Kreisforstamtsleiter listet auf: Von Eichen, Erlen und Ahornarten erhoffe man sich, dass sie „einigermaßen klimaresistent“ sind. Dabei müssen sie nicht nur mit der Hitze klar kommen, sondern mit dem Gesamtklima, also auch Kälteperioden und Stürmen.
In Zukunft weniger Nadelholzarten
Es würden auch Versuche mit Arten wie Zedern, Lärchen und Küstentannen gemacht. Das Problem: Herauszufinden, ob diese an das Klima angepasst sind, sei keine schnelle Angelegenheit. „Da geht eine ganze Baumgeneration ins Land.“ Und es müsse darauf geachtet werden, dass auch heimische Bäume im Wald bleiben, „um das Gesamtökosystem zu erhalten“ – denn von und mit den Bäumen leben schließlich auch andere Lebewesen, etwa Tiere. Grundsätzlich sagt Walter Jäger aber: „Es wird darauf hinauslaufen, dass wir in Zukunft eine etwas geringere Menge an Nadelholzarten haben und weniger Fichtenanteile.“