Ziemlich genau zwei Jahre ist es her, dass der Ukraine-Krieg am 24. Februar 2022 begann. Zwei Jahre, seit Vitaliy Tomniuk ebenso wie andere Geflüchtete aus der Ukraine in den Landkreis Konstanz kam, um dort Zuflucht für sich und seine Familie zu finden. Seit Ende März 2022 leben er, seine Frau und seine beiden Kinder nun schon in Radolfzell. Sie haben sich mittlerweile integriert und sind dabei, sich ein Leben hier aufzubauen. Auch wenn das, was in der Ukraine weiterhin tagtäglich passiert, sie nicht loslässt. Deshalb soll eine Demonstration in Radolfzell am Samstag, 24. Februar, darauf aufmerksam machen.
„Man denkt jetzt auch an die Zukunft“, berichtet Vitaliy Tomniuk, ihm geht es auch um die Zukunft seiner Kinder in Radolfzell. Seine kleine Tochter gehe derzeit in den Kindergarten, sein Sohn wolle nach der Grundschule das Gymnasium besuchen. Vitaliy Tomniuk selbst habe mittlerweile einen Integrationskurs absolviert und ein Deutsch-Zertifikat auf B1-Niveau erhalten, hoffe nun auf einen Nachweis über Deutsch-Kenntnisse auf B2-Niveau und suche nach einem Job.
Verschiedene Aktionen in der Region
Zudem engagiere er sich ehrenamtlich. Schon 2022 organisierte er mit anderen Geflüchteten ein Fest zum ukrainischen Unabhängigkeitstag in Radolfzell. Später folgten unter anderem auch ein Stand am Christkindlemarkt und zusammen mit der Stadt eine Betreuung für ukrainische Kinder in der Villa Bosch. Seit Januar 2023 ist er Teil eines ukrainischen Vereins mit Mitgliedern aus Singen, Konstanz und Radolfzell, wurde sogar zum Vorsitzenden gewählt. In Singen sei durch diesen Verein auch eine Samstagsschule entstanden, wo etwa deutsche und ukrainische Geschichte unterrichtet, gemeinsam gesungen und gemalt werde. Jetzt wolle man auch noch Ausflüge im Landkreis machen, um die Gegend kennenzulernen.
Ein Ziel sei es künftig auch, gemeinsame Aktionen für deutsche und ukrainische Kinder auf die Beine zu stellen – „damit man sie besser integrieren kann“. Auch wollen sich die ukrainischen Geflüchteten wieder am internationalen Tag in Radolfzell, am Hausherrenfest und Christkindlemarkt einbringen und die Betreuung in der Villa Bosch, die zunächst nur bis Dezember ging, fortführen.
Verwandte erleben Krieg direkt mit
Doch auch wenn das Leben von Vitaliy Tomniuk und den anderen Geflüchteten mittlerweile hier stattfindet, verliert er das Geschehen in der Ukraine nicht aus den Augen. Natürlich habe er nach wie vor Kontakt dorthin und verfolge, was in seiner Heimat passiert. Seine Eltern leben noch dort, seien nur in den Weihnachtsferien in Radolfzell zu Besuch gewesen. Und auch sein Bruder wohne noch in der Ukraine, der Patenonkel seines Sohnes und Freunde seien an der Front.
So erhalte er auch Eindrücke über Geschehnisse, die gar nicht an die Öffentlichkeit dringen, wie er erzählt. Seine Eltern schicken ihm Bilder von Schäden durch Angriffe an Orten, die er ehemals im Alltag besuchte, so Vitaliy Tomniuk. Das Leben in der alten Heimat sei nach wie vor gefährlich.
Zudem verschärfe sich die Lage in der Ukraine noch, es fehle an Ressourcen wie Munition. Auch Schutzwesten, Helme, Wärmebildkameras und Drohnen würden benötigt. Um zu helfen, sammeln die Geflüchteten um Vitaliy Tomniuk durch verschiedene Aktionen weiterhin Geld – auch wenn die Spendenbereitschaft nachgelassen habe, wie Tomniuk berichtet.
Was zum Jahrestag geplant ist
Er könne eine gewisse Kriegsmüdigkeit nachvollziehen, sagt Vitaliy Tomniuk. Aber der Krieg solle nicht in Vergessenheit geraten. Deshalb findet auf seine Initiative hin und in Zusammenarbeit mit dem ukrainischen Verein am Samstag, 24. Februar, genau zwei Jahre nach Kriegsbeginn, ab 15 Uhr auf dem Radolfzeller Marktplatz eine Demonstration statt, bei der zur Solidarität mit der Ukraine aufgerufen wird. Dazu seien Ukrainer auch eingeladen, in traditioneller Kleidung und mit Flagge zu kommen.
Geplant sei eine Rede, erklärt Vitaliy Tomniuk, zudem eine Schweigeminute für die gefallenen Soldaten und getöteten Zivilisten. Außerdem solle es einen Zug mit einer ukrainischen Flagge durch die Altstadt geben. Eingeladen sind dazu nicht nur Ukrainer, sondern explizit auch andere Teilnehmer – damit sie ebenfalls verstehen, was gesprochen wird, werde es einen Übersetzer geben. „Es geht einfach darum zu zeigen, der Krieg ist noch nicht vorbei“, sagt Vitaliy Tomniuk.