Natalie Reiser

Die wärmere Jahreszeit nähert sich in langsamen Schritten. Und damit kommt auch die Zeit der Flohmärkte, auf denen man Gebrauchtes günstig erstehen kann. Guterhaltenes weiterzuverwenden, anstatt es wegzuschmeißen, allein das ist ökologisch.

Hinter dem Flohmarkt der Organisation Terre des hommes in der alten Postpakethalle neben dem Bahnhof steckt zusätzlich ein soziales Engagement. Brigitte Geiger, die die Terre des hommes-Gruppe in Radolfzell vor 28 Jahren ins Leben gerufen hat, ist mit ihren Mitstreiterinnen für Kinder in Not aktiv.

Leid mit eigenen Augen gesehen

„Ausschlaggebend für mein Engagement war ein Erlebnis auf einer fünfmonatigen Projektreise, die ich 1976 im Rahmen meines Studiums nach Peru unternommen habe“, erzählt Geiger. In einer kleinen Stadt habe sie zwei Kinder vor einer Werkstatt gesehen.

Neugierig geworden, warf sie einen Blick hinein und entdeckte, dass in der Schreinerei Kindersärge in allen Größen angefertigt wurden. „Es war erschreckend für mich, dass man Kindersärge auf Vorrat produzieren und sich offenbar sicher sein konnte, dass sie verkauft werden“, erinnert sich die Agrarbiologin.

Nach Rückkehr war klar: Geiger will sich engagieren

Einige Jahre später, als Ehefrau und Mutter, begann Geiger, sich für Terre des hommes einzusetzen, damals noch in Norddeutschland. 1989 kam sie mit ihrer Familie nach Radolfzell. Fünf Jahre später gründete sie die Terre des hommes-Ortsgruppe. Im Laufe der Jahre hat Geiger Mitstreiterinnen gefunden und etliche Kontakte geknüpft.

Geiger und ihr Team haben schon viele Ausstellungen in Radolfzell organisiert. Mit diesen Aktionen machten sie auf die Not von Kindern in Entwicklungsländern aufmerksam. Für diese jungen Menschen sei es nicht selbstverständlich, in die Schule gehen und Berufe erlernen zu können. Etliche dieser Kinder leben in Armut, sie werden in Kriegsgebieten groß, sind mit den Eltern auf der Flucht oder müssen sich als Waisen alleine durchschlagen, erzählt Geiger.

Jeden Samstagvormittag ist der Flohmarkt von Terre des hommes geöffnet. Besucher können zwischen Büchern, Spielen, Porzellan, Gläsern ...
Jeden Samstagvormittag ist der Flohmarkt von Terre des hommes geöffnet. Besucher können zwischen Büchern, Spielen, Porzellan, Gläsern und kleinen Elektroartikel stöbern. | Bild: Natalie Reiser

„Die Erlöse, die wir durch den Flohmarkt und andere Verkaufsaktionen erzielen, überweisen wir an die Geschäftsstelle von Terre des hommes“, so Geiger. 2020 wurden laut Rechenschaftsbericht der Organisation 243 Projekte in 37 Ländern weltweit unterstützt. Ein Großteil der Spenden fließe in Projekte in Südamerika, Afrika, dem Nahen Osten und nach Südasien.

Seit der großen Flüchtlingswelle nach Europa würden auch Flüchtlingsprojekte in Deutschland gefördert, so Geiger. Auf Projektreisen nach Peru und Kolumbien habe sie sich ein Bild von den Projekten gemacht, die von Terre des hommes und anderen Menschenrechtsorganisationen getragen werden. „Diese Reisen finanzieren wir natürlich selbst“, erzählt sie.

Hoffnung auf ein besseres Leben für die Kinder

Was sie gesehen habe, stimme sie hoffnungsvoll. Da ist zum Beispiel das Friedensprojekt „Benposta“ für ehemalige Kindersoldaten, die Opfer des kolumbianischen Bürgerkriegs geworden sind. Oberhalb von Bogota lebten rund 100 Kinder in einer Gemeinschaft, die von Psychologen, Lehrern und einem Theologen betreut werden.

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Für die meisten von ihnen sei es die erste friedliche und beschützte Zeit in ihrem jungen Leben. Ursula Kraft-Kaiser, die seit 20 Jahren für Terre des hommes arbeitet, kann Ähnliches aus Mosambik vom Projekt „Schultafeln“ erzählen. Mit einer mobilen Tafel suchten Lehrer Regionen auf, in denen es keine Schulen gibt und unterrichteten vor Ort.