Drei Radolfzeller sind seit zwei Wochen mehr als normale Handwerker – sie sind Lebensretter. Denn am 17. August war in der Konstanzer Altstadt ein Dachstuhl aufgrund eines Elektrodefekts in Brand geraten. Dass die Feuerwehr beim Eintreffen niemanden mehr vor den Flammen retten musste, dürfte dem geistesgegenwärtigen Einsatz von drei Mitarbeitern der Radolfzeller Gerüstbaufirma Immendorf zu verdanken sein, die selbstlos zur Hilfe eilten.

Mit etwas zeitlichem Abstand zum Ereignis resümieren die drei Gerüstbauer nun im Gespräch mit dem SÜDKURIER ihren Einsatz: „Im Nachhinein haben wir uns mittlerweile öfter gefragt, was passiert wäre, wenn wir nichts getan hätten“, sagt Marcel Immendorf. Die Frage ist schnell beantwortet: Dann hätte der Brand womöglich zwei Menschen das Leben gekostet und ein nicht abzuschätzender Sachschaden wäre hinzugekommen. Denn in der eng bebauten Konstanzer Altstadt hätte der Brand schnell auf andere Gebäude übergreifen können. So ermöglichte die Bebauung immerhin ein rasches Eingreifen der drei Handwerker.

Sie eilten ins betroffene Gebäude

Es ist ein Donnerstagmorgen, als Leotrim Kabashi, Ronny Tyla und Marcel Immendorf in der Konstanzer Innenstadt arbeiten. Dann entdeckt Ronny Tyla den Brand – und eilt über die Dächer zu dem betroffenen Dachstuhl. Von dort aus gelangt er über eine Feuerleiter in das Dachgeschoss, wo der Brand die Räumlichkeiten bereits stark verraucht hat, wie er im Nachhinein erzählt. Marcel Immendorf, der zeitgleich über den Hausflur in die oberen Stockwerke eilt, benachrichtigt alle Bewohner und wollte nach eigenen Angaben kurzerhand eine Tür eintreten, hinter der weitere Bewohner zu vermuten sind.

Durch den Lärm alarmiert öffnet aber einer der Mieter die Tür von innen. Die Bewohner hätten offenbar noch geschlafen und gar nicht gewusst, wie ihnen geschah, schildern die Handwerker. Auch hier habe der Rauch bereits die obere Hälfte der Räumlichkeiten stark eingenebelt. Womöglich wäre die Rettung nur wenige Minuten später kaum noch möglich gewesen. „In der Zeugenvernehmung durch die Polizei hat man uns gesagt, dass das sehr gefährlich war“, berichtet Immendorf. Doch so können die Bewohner des Hauses das Gebäude schon verlassen, bevor die Feuerwehr eintrifft.

„Eigentlich ist das ja eine Selbstverständlichkeit“

Dennoch sind sich die drei Retter einig, dass sie genau richtig gehandelt haben und es immer wieder so tun würden. „Eigentlich ist das ja eine Selbstverständlichkeit. So etwas würde man sich auch wünschen, wenn man selbst einmal in so einer Situation ist“, sagt Ronny Tyla.

Mitte Mai war ein Brand in einem Konstanzer Dachgeschoss ausgebrochen (Archivbild)
Mitte Mai war ein Brand in einem Konstanzer Dachgeschoss ausgebrochen (Archivbild) | Bild: Feuerwehr Konstanz

Die Realität in Konstanz war dennoch zumindest teilweise anders. „Es gab genügend Zuschauer und alle haben nur sofort das Handy gezückt und Fotos gemacht. Sogar die Feuerwehr mussten wir noch selbst rufen“, berichtet er weiter. „Das hat uns am meisten schockiert“, erklärt Marcel Immendorf.

Nicht nur Lob für den Einsatz

Ihr selbstloser Einsatz hat den drei Helfern dennoch nicht nur uneingeschränktes Lob eingebracht. „Als sie zuhause gehört haben, dass ich über die Dächer gelaufen bin, waren sie nicht sehr begeistert“, berichtet Tyla von den Reaktionen seiner Familie. Schließlich ist der Einsatz auch für ihn selbst ein Risiko gewesen.

Das könnte Sie auch interessieren

Gefahren kennen die Gerüstbauer aus ihrem beruflichen Alltag. Der Job ist nicht nur körperlich anstrengend, sondern aufgrund der potentiellen Fallhöhe auch durchaus gefährlich. Im Nachhinein sind Marcel Immendorf, Ronny Tyla und Leotrim Kabashi deshalb schon etwas stolz auf ihre Hilfe: „Ich glaube ein bisschen an das Karma“, sagt Tyla.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ihnen nach ihrer guten Tat auch selbst etwas Gutes widerfahren wird, könnte Marcel Immendorf zusätzlich noch durch ein Geschenk an die Radolfzeller Feuerwehr zu steigern: Ein Gerüst, das er der Wehr für Übungszwecke zur Verfügung gestellt hat, will er ihnen nun vollständig schenken.

Preis für Zivilcourage in Sicht

Aber auch die drei Handwerker selbst könnten für ihren Einsatz belohnt werden: Wie das Polizeipräsidium Konstanz auf Nachfrage mitteilt, könnten sie für ihre Zivilcourage vom Landkreis und dem Polizeipräsidium geehrt werden. Die Polizei habe den Fall dafür vorgeschlagen. „Und das wird wohl auch zum Tragen kommen, so wie wir das einschätzen“, sagt Pressesprecher Marcel Ferraro. Es wäre nicht die erste Ehrung im Landkreis: Schon im vergangenen Jahr waren mehrere Menschen für ihren Einsatz ausgezeichnet worden.