Es ist schon eine Weile her, dass der männliche Luchs mit der Nummer B723 große Aufmerksamkeit in der Region auf sich gezogen hat. Im Januar 2020 wurde er mehrfach in Öhningen, Gaienhofen und Moos gesichtet und dort sowohl von Privatpersonen als auch von Wildkameras fotografiert. Nun hat das Tier sich wieder öffentlichkeitswirksam blicken lassen – dieses Mal auf der B34 zwischen Güttingen und Stahringen, wo er am Freitagmorgen gegen die Radabdeckung eines Fahrzeugs geprallt ist.

Männchen wurde eindeutig identifiziert

Laut der Polizei habe sich der Unfall beim Durchenbergried ereignet, wie die Pressestelle auf SÜDKURIER-Nachfrage erklärt. Nach anfänglicher Benommenheit habe sich das Tier aufgerichtet und sei dann im Wald verschwunden. Fell oder Blut seien auf der Straße nicht gefunden worden. Dass es sich tatsächlich um das Männchen handelt, das auch schon auf der Höri unterwegs war, bestätigt die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA), die Fotos von der Sichtung ausgewertet hat. „Luchse haben alle ein individuelles Fleckenmuster, daran konnten wir ihn auch identifizieren“, erklärt Hannah Weber vom Arbeitsbereich Luchs und Wolf am FVA.

Tatsächlich sei das Männchen laut FVA in der Vergangenheit schon mehrfach im Bereich der Höri aufgetaucht. Daher liege nahe, dass das Gebiet zu seinem Territorium gehört. Allerdings sei er vermutlich nicht nur auf der Höri zuhause. „Luchse haben ein extrem großes Territorium“, sagt Hannah Weber. B723 sei auch in der Schweiz schon identifiziert worden. Unter Umständen erstrecke sich sein Revier daher bis über die Grenze und in die Schweiz.

Die meisten Luchse stammen aus der Schweiz

Von dort stammt das Männchen ursprünglich – so wie ein Großteil seiner Artgenossen, die hier beobachtet werden. „Die meisten Luchse, die in Baden-Württemberg auftauchen, kommen aus der Schweiz“, teilt Weber mit. „Dort gibt es im Gegensatz zu Baden-Württemberg eine stabile Luchspopulation.“ Überwiegend seien es Männchen wie B723, die dann nach Deutschland kommen. Den Grund erklärt Kreisjägermeister Kurt Kirchmann: „Die jungen Männchen verlassen nach gut einem Jahr ihren Familienverband und suchen sich ein neues Revier.“ Dabei würden sie viel weitere Strecken zurücklegen als Weibchen.

Das könnte Sie auch interessieren

Dennoch berichtet Hannah Weber auch von einer Luchsin, die 2021 in der Region gesehen wurde: „Wir konnten im vergangenen Jahr erstmals ein weibliches Tier im Bereich der Höri nachweisen.“ Das Tier sei dreimal identifiziert worden. Sowohl die Luchsin als auch B723 seien aber seit dem Spätsommer nicht mehr gesehen worden – zumindest bis zum aktuellen Vorfall zwischen Güttingen und Stahringen.

Das könnte Sie auch interessieren

Luchse sind für den Menschen nicht gefährlich

Laut Kurt Kirchmann könnte übrigens auch auf dem Bodanrück ein Luchs beobachtet worden sein. „Mir ist etwas von Spaziergängern gemeldet worden“, berichtet er. Allerdings gebe es keine Fotos und auch keine anderweitige Bestätigung. „Ich habe in Jägerkreisen nachgehakt, aber mir wurde nichts berichtet“, sagt er. Gebe es konkrete Hinweise auf einen Luchs, könne man sich auf die Suche nach DNA-Proben, etwa in Form von Fell, Urin und Kot, machen. So lasse sich dann mehr über den Luchs herausfinden.

Das könnte Sie auch interessieren

Eine Gefahr für den Menschen geht von den Raubkatzen übrigens nicht aus, versichert der Kreisjägermeister. „Der Luchs hat vorm Menschen schon eine gewisse Scheu.“ Die Tiere würden lieber Abstand nehmen und sich zurückziehen. Aus dem Grund sollten Luchse auch nicht bedrängt, sondern ruhig und aus der Ferne beobachtet werden. Auch Hannah Weber betont: „Man sollte respektvoll Abstand halten.“ Und noch eine Bitte hat Kurt Kirchmann: „Wenn man ein Foto machen kann, das die FVA auswerten kann, ist das natürlich optimal.“ So könne die Einrichtung dann weitere Informationen über die Tiere sammeln.