Aufgrund des großen Andrangs und der Aggressivität einiger Zuschauer beim Prozessauftakt am vergangenen Freitag, fanden am zweiten Verhandlungstag im Landgericht Konstanz im Fall der drei angeklagten Drogendealer ausgiebige Taschenkontrollen statt. Angeklagt sind ein 30-jähriger Radolfzeller sowie ein 19 und ein 22 Jahre alter Konstanzer. Vorgeworfen wird den drei jungen Männer, mit etlichen Kilogramm Kokain und Marihuana gehandelt und dabei auch Waffen mitgeführt zu haben.

Vor den abermals voll besetzten Zuschauerreihen erläuterten mehrere Polizeibeamte an diesem zweiten Tag, wie sie das Netzwerk der drei Dealer mit verdeckten Ermittlern infiltrierten und schließlich die Wohnungen der Angeklagten durchsuchten. Zudem verlas Richter Joachim Dospil die Vorstrafenregister der drei Männer, die eine schwerkriminelle Vergangenheit inklusive versuchten Totschlags belegen.

30-Jähriger nutzte Wohnung eines Konsumenten als Versteck

Zunächst sagten vier Polizeibeamte im Zeugenstand über die Hausdurchsuchungen aus, die in den Wohnungen der drei Angeklagten sowie in einer extra in einem Konstanzer Hotel angemieteten so genannten Bunkerwohnung stattfanden.

So habe man bei der Durchsuchung der Wohnung des 30-Jährigen in Radolfzell am 19. Juli 2024 lediglich 0,1 Gramm Kokain und 2,16 Gramm Marihuana gefunden. Allerdings seien die Ermittler im selben Gebäude auf ein weitere Wohnung eines anderen Mannes gestoßen, zu der der Angeklagte einen Schlüssen hatte. Dort fanden die Beamten größere Mengen Drogen, darunter knapp 170 Gramm Marihuana und 12,4 Gramm Kokain.

Joachim Dospil ist der vorsitzende Richter in dem Prozess.
Joachim Dospil ist der vorsitzende Richter in dem Prozess. | Bild: Silas Stein

Der eigentliche Bewohner der Wohnung sei kooperativ gewesen. Er habe erklärt, dass alle Drogen, die man finden wird, dem Angeklagten gehören. Er selbst sei Konsument und habe als Bezahlung für die Nutzung seiner Wohnung verbilligten Stoff bekommen. Seit Sommer 2023 bis zur Durchsuchung habe der Angeklagte etwa 500 Gramm Kokain und 2 Kilogramm Marihuana bei ihm gelagert, berichtete der Wohnungseigentümer laut Aussage der Polizisten. Vor Gericht verweigerte er selbst die Aussage jedoch.

100 Gramm Kokain und geladene Pistole in Hotelzimmer

Ein weiterer Polizist berichtete von der Durchsuchung der Bunkerwohnung des 22-jährigen Angeklagten, mutmaßlicher Hauptorganisator des Handels, in einem Konstanzer Hotelkomplex. Dort habe man etliche Drogenutensilien gefunden, zum Beispiel eine Feinwaage, Einweghandschuhe, Röhrchen und Tütchen – jeweils mit Kokainrückständen.

Zudem habe man 7000 Euro Bargeld, 102 Gramm Kokain und etwa anderthalb Meter davon entfernt eine scharfe Pistole sowie weitere elf Schuss Munition gefunden. Da der 22-Jährige sich bei der Durchsuchung in der Wohnung auskannte und den Schlüssel dafür hatte, sei es sehr wahrscheinlich, dass es tatsächlich sein Drogenversteck war, erklärte der Beamte.

19-Jähriger wirft Drogentasche aus dem Fenster

Zur Wohnungsdurchsuchung beim 19-jährigen Angeklagten im Juli 2024 sagte schließlich ein vierter Polizist aus. So sei man eigentlich nur wegen einer Störung der Nachtruhe dorthin ausgerückt, die ein Anwohner gemeldet hatte. Dieser berichtete laut Polizei, der Angeklagte habe lautstark telefoniert und dabei über Drogengeschäfte gesprochen. Seine Wohnungstür habe der 19-Jährige erst nach einiger Zeit geöffnet, in der der Polizist ein Öffnen des Fenster gehört haben wollte, sagte er aus.

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Einer ersten oberflächlichen und letztlichen ergebnislosen Durchsuchung stimmte der Angeklagte freiwillig zu. Nachdem die Beamten auf dem Rückweg unterhalb des Fensters im Innenhof eine Tasche mit großen Mengen Drogen fanden, seien sie mit einem Durchsuchungsbeschluss zurückgekehrt.

Diesmal habe man neben geringen Drogenmengen auch in einem Schrank einen Schuhkarton entdeckt, in dem sich ein Schlagstock und eine Gasdruckpistole befunden hätten. Auf der Küchenzeile habe man zudem ein Butterflymesser entdeckt. Eine räumliche Trennung zwischen Drogen und dem Waffenversteck habe angesichts der Enge in dem Zimmer nicht bestanden, so die Einschätzung des Beamten.

LKA schleuste verdeckte Ermittler ein

Im Anschluss berichtete ein Beamter des Landeskriminalamts, der vier verdeckte Ermittler anführte, die das Drogennetzwerk infiltrierten. Zwei von ihnen hätten nach einem Ermittlungshinweis auf den 30-jährigen Angeklagten diesen angesprochen und nach und nach dessen Vertrauen gewonnen. Zunächst hätten sie in Radolfzell zwei, dann fünf, später 20 Gramm Kokain von diesem gekauft.

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Man habe auch Gespräche über größere Mengen und Rabatte geführt, wofür der 30-Jährige an „seinen Hintermann“ in Konstanz, den 22-jährigen Angeklagten, verwiesen und den Kontakt hergestellt habe. Bei einem der Gespräche sei dem 30-Jährigen außerdem ein Klappmesser aus der Tasche gefallen. Ab Juli habe man mit ihm über den Kauf eines ganzen Kilogramms Kokain für etwas mehr als 30.000 Euro verhandelt. Die Kommunikation habe die ganze Zeit per Chat stattgefunden – inklusive Beweisfotos der Drogen.

Zum tatsächlichen Treffen sowie der Geld- und Drogenübergabe auf dem Parkplatz des Media Markts in Konstanz sei der 30-Jährige dann gemeinsam mit dem 22-Jährigen erschienen. Der Jüngere habe dabei laut Einschätzung des Beamten wie der Anführer gewirkt.

Zwei Angeklagten hatten bereits mehrjährige Haftstrafen

Am Nachmittag verlas Richter Joachim Dospil schließlich noch die prall gefüllten Vorstrafenregister der drei Angeklagten. Der 30-Jährige hat demnach bereits acht Vorstrafen angesammelt, darunter einen schweren Raub, gefährliche Körperverletzung, mehrere Betäubungsmitteldelikte und eine räuberische Erpressung, deren fünfjährige Haftstrafe er aktuell noch absitzt.

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Der erst 19-jährige Angeklagte hat immerhin vier Einträge, unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung. Deutlich brutaler sieht es beim 22-jährigen Angeklagten aus. Er war 2019 zu drei Jahren und 10 Monaten Haft wegen versuchten Totschlags verurteilt worden. 510 Tage, die nach seiner vorzeitigen Entlassung zur Bewährung ausgesetzt worden sind, sind davon noch offen und kämen auf die drohende Haftstrafe oben drauf.

Wie geht es weiter?

Fortgesetzt wird der Prozess am kommenden Donnerstag, 27. März. Dann soll unter anderem der Bruder des 22-jährigen Angeklagten, der dann auch noch selbst Angaben machen möchte, aussagen. Zudem wird die Polizistin, die am ersten Prozesstag einen Überblick verschafft hatte, erneut aussagen. Außerdem sind für den Tag die Aussagen des psychiatrischen Gutachters sowie der Jugendgerichtshilfe eingeplant. Das Urteil ist für den folgenden Freitag angesetzt.