Im Profifußball kann man Frauen in Leitungspositionen an einer Hand abzählen. Bei den Vereinen der Region ist die Quote durchaus etwas besser. Aber in Radolfzell gibt es keinen Verein, der mehr Frauen in der Geschäftsführung hat, als den BSV Nordstern. Hier ist die Quote drei zu eins.

Seit zwei Jahren ist Michaela Auer als Schriftführerin tätig, Claudia Castaudo ist seit drei Jahren Kassiererin und seit vier Jahren lenkt Sandra Fuchs die Geschicke des Vereins. Die erste Vorsitzende beim BSV Nordstern in der Vereinsgeschichte und in dieser Funktion auch in der gesamten Stadt die erste Frau überhaupt an der Spitze eines Fußballvereins. Die Position des Stellvertreters ist aktuell vakant, soll aber wieder mit einem Mann nachbesetzt werden.

Fuchs strebt gemischte Teams an

Denn trotz der vielen Frauen im Führungsteam ist Sandra Fuchs die Zusammenarbeit wichtiger als die reine Emanzipation. „Ich führe den Verein im Team und nicht alleine. Und mir sind vor allem gemischte Teams wichtig, in denen jeder seine Stärken einbringen kann“, so ihre Auffassung der Führungsarbeit.

Kaum gewählt, schon Krisenmanagerin

Dabei war ihr Start an der Spitze des Vereins nicht gerade leicht. „Ich wurde gewählt und eine Woche später kam dann Corona“, erinnert sie sich. Und auch sonst übernahm sie den BSV Nordstern an einem schwierigen Punkt, denn viele Alternativen zu ihr als mögliche Vorsitzende habe es damals auch nicht gegeben.

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Sie sei angesprochen worden, ob sie sich den Posten zutrauen würde, berichtet sie. Sie und ihre gesamte Familie sei eng mit dem BSV Nordstern verbunden: Sie sei lange in der Jugendarbeit aktiv gewesen, ihr Mann habe im Verein trainiert, die Söhne sind aktive Fußballspieler. „Ich war schon immer gut beim Organisieren“, beschreibt Fuchs ihre Stärken.

Steht seit vier Jahren an der Spitze des BSV Nordstern und hat sich dort neben ihren männlichen Kollegen etabliert: Sandra Fuchs.
Steht seit vier Jahren an der Spitze des BSV Nordstern und hat sich dort neben ihren männlichen Kollegen etabliert: Sandra Fuchs. | Bild: Schneider, Anna-Maria

Ihr großes Manko: Sie selbst ist und war nie aktive Fußballspielerin. „Und irgendwie gehört das für viele in den Köpfen zusammen, dass man den Sport selbst betreiben muss, wenn man den Vorstand übernimmt“, sagt sie. Sie tat es dennoch. Und hat es bis heute nicht bereut. Auch wenn man anfangs etwas skeptisch beäugt worden sei, ob eine Frau ohne Fußballerfahrung das auch könne.

Fußball ist nicht alles, was zählt

Doch laut Sandra Fuchs gehört für die Vereinsleitung viel mehr dazu als nur Ballgefühl und sportliche Erfahrung. „Es geht viel mehr um Strategie und Organisation, Moderation und vieles mehr“, fasst sie zusammen. Sie habe auch eine Weiterbildung als Vereinsmanagerin gemacht, um den Verein noch besser führen zu können.

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Sandra Fuchs hat sich zwischen all den Männern behauptet, findet sie. Sie erfahre viel Wertschätzung und Respekt im Verein und auch im Kontakt mit anderen Vereinen und Institutionen. Auf dem Platz werde sie gerne mal „die Chefin“ genannt, und das nicht ironisch. „Frauen führen einfach anders, wir gehen anders in die Gespräche hinein, das Miteinander und die Menschlichkeit stehen mehr im Vordergrund als der sportliche Erfolg“, sagt sie.

Beim BSV Nordstern sind nicht nur die Frauen in der Geschäftsführung in der Überzahl – die Frauenmannschaften spielen auch ...
Beim BSV Nordstern sind nicht nur die Frauen in der Geschäftsführung in der Überzahl – die Frauenmannschaften spielen auch erfolgreicher als die Herren. Hier feierten die B-Juniorinnen des BSV Nordstern Radolfzell die Meisterschaft der Kreisliga A im Sommer 2023. (Archivbild) | Bild: Verein

Und sportlichen Erfolg haben beim BSV Nordstern vor allem auch die Damen. Die Frauenmannschaft spielt in einer höheren Liga als die Herren. Und eine Spielerin internationaler Klasse gibt es auch schon aus den Reihen der Frauenmannschaften: Mariam Oboladze, Spielführerin bei den B-Mädchen, ist zur Nationalspielerin für das Team Georgien nominiert worden. Alles Dinge, die Sandra Fuchs stolz machen. Sie möchte im BSV Nordstern auch vor allem die Mädchen fördern. Doch sagt sie auch klar: „Unser Ziel ist es, dass auch die Männer wieder in einer höheren Liga spielen.“

Anderen Frauen möchte Sandra Fuchs Mut machen, sich großen Positionen zu stellen. Man könne auch im Hintergrund Dinge verändern. Doch die Erfolge seien viel größer, wenn man sich auch trauen, in die erste Reihe zu gehen.