So ganz wollen die Freien Wähler die Absage des Gemeinderates nicht hinnehmen. Die Fraktion der Freien Wähler hatte im Gemeinderat unterschiedliche Anträge gestellt. Einerseits ging es um die lastenfreie Rückgabe des Krankenhausgebäudes an den Spitalfonds, auch wollten sie ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) gründen. Diese Anträge wurden abgelehnt mit der Begründung, sie kämen zur „Unzeit“. Jetzt wollen die Freien Wähler einen Einwohnerantrag nach Paragraf 20b der Gemeindeordnung von Baden-Württemberg. Dies teilte der Ortsverein in einer Presseinformation mit.
„Unseriös, taktierend, zögernd, zaudernd und zerredend“
„Diese Anträge kamen nicht zur ‚Unzeit‘, die Ablehnenden haben keinerlei Alternative für die Bürgerinnen und Bürger angeboten“, schreibt der Ortsvereinsvorsitzende der Freien Wähler Radolfzell, Peter Blum. Die Aussage sei unseriös, taktierend, zögernd, zaudernd und zerredend. Die Bürgerinnen und Bürger bräuchten nach der Schließung des Krankenhauses eine schnelle Lösung für die Gesundheitsversorgung. In Form eines Einwohnerantrags müsse sich der Gemeinderat mit der Sache befassen und beschließen.
400 Unterschriften bis Ende August
Mit einem Einwohnerantrag können Bürgerinnen und Bürger beantragen, dass der Gemeinderat eine bestimmte Angelegenheit behandelt. Dafür sammeln die Freien Wähler jetzt Unterstützer-Unterschriften, die es dafür braucht. „Wir hoffen, dass wir die 400 Unterschriften bis Ende August schaffen und die Räte erneut auf unsere Anträge eingehen“, so Blum. Denn seiner Meinung nach sei es höchste Zeit für aktives Handeln.
Seit dem 30. November 2022 habe die Stadtverwaltung gewusst, dass das Radolfzeller Krankenhaus zum Sommer geschlossen werden solle. Bisher sei kein Vorschlag unterbreitet worden, wie man die Gesundheitsversorgung der Bürgerinnen und Bürger auf neue Beine stellen möchte, kritisiert Peter Blum.

Nachdem der Gemeinderat erst Ende Januar 2023 darüber informiert worden sei, dass die schnelle Schließung des Krankenhauses anstehe, hätten die Freien Wähler sich Gedanken um die zukünftige Gesundheitsversorgung in der Stadt gemacht. Im März habe eine öffentliche Veranstaltung im Milchwerk zu den Inhalten, Nutzen und Chancen eines MVZ gefolgt. Diese Planungen seien konkretisiert und Anfang Mai in einem Antrag an die Verwaltung formuliert worden.
Abwarten sei völlig unsinnig
„Warum die Verwaltung und die Mehrheit des Gemeinderates hier Unentschlossenheit oder gar Verweigerung betreiben, ist völlig unverständlich“, heißt es in der Presseinformation weiter. Die Argumentation, man wolle abwarten, auf welcher Gemarkung ein neues Krankenhaus gebaut werde, sei unsinnig. Ein neues Krankenhaus werde frühestens in zehn Jahren in Betrieb gehen. „Was ist bis dahin?“, fragt der Vorsitzende der Freien Wähler.
Gerade in der Medizin gebe es immer mehr ambulante Behandlungen. Deshalb müsse dieser Teil der Gesundheitsversorgung in Radolfzell gestärkt werden, denn der Ärztemangel habe Radolfzell längst erreicht. Die Freien Wähler erklären weiter: Ein MVZ sei kein Krankenhaus, sondern eine moderne Gesundheitseinrichtung mit mehreren Fach- und/oder Allgemeinärzten. Dieses Modell entbinde den Arztberuf von Praxismanagement-Aufgaben und die gesamte Arbeitszeit könne den Patienten gewidmet werden. Zahlreiche jüngere Ärzte würden heute lieber angestellt sein, sich den Patienten widmen und nicht „Verwaltungskram“ erledigen, wie Blum schreibt.
Der GLKN soll es richten, oder zumindest helfen
Für viele kleinere Gemeinden sei es deswegen heute schon aktive Aufgabe, die ambulante Versorgung für die Menschen sicherzustellen. Der Landkreis sei demgegenüber für die stationäre Versorgung zuständig.
„Nachdem der Gesundheitsverbund aber das Krankenhaus in Radolfzell vorzeitig schließt und selbst Gründer und Betreiber von MVZs im Landkreis ist, sehen wir die moralische Verpflichtung des GLKN, auch in Radolfzell ein solches MVZ zu gründen“, formuliert Vorsitzender Peter Blum seine Erwartungshaltung. Zumindest solle der GLKN tatkräftig am Aufbau eines kommunalen MVZ mitwirken. So könnten beispielsweise auch die von der Messmer-Stiftung dem Radolfzeller Krankenhaus gespendeten Gerätschaften und Einrichtungen dem MVZ zur Verfügung gestellt werden.
Die Unterstützerliste gibt es auf der Internetseite der Freien Wähler Radolfzell. Die Liste kann im Original an den Vorstand Peter Blum, Unterdorfstraße 9 in Radolfzell abgegeben werden.