Die Einkaufspreise bei Gas und Strom kennen derzeit nur eine Richtung. „Wir reden hier von Senkrechten“, sagt Joachim Kania, derzeit einer von zwei Interimsgeschäftsführern der Stadtwerke Radolfzell. Die Preise steigen.
„Das hätte ich in meine kühnsten Träumen nicht erwartet“, beschreibt er den aktuellen Zustand in der Energiewirtschaft. Was für die Einkäufer von Energie bei den Stadtwerken bereits tägliche Praxis und Wirklichkeit ist, wird sich mit einer leichten zeitlichen Verzögerung auch bei den Kunden bemerkbar machen.
Denn die Grafiken, die der Interimsgeschäftsführer der Stadtwerke Radolfzell zur Untermauerung seiner Aussagen vorlegt, sprechen eine eindeutige Sprache. Während die Einkaufspreise für Gas und Strom in den vergangenen 15 Jahren nur geringfügig variierten, erleben die Einkäufer nun eine wahre Preisexplosion.
Die teuren Preise sind nicht nur von kurzer Dauer
Von Juli des vergangenen Jahres bis Anfang Juli 2022 stieg der Gaseinkaufspreis von 20 Euro pro Megawattstunde (MWh) auf 105 Euro pro MWh. Dieser fünf Mal so teure Einkauf hat schon jetzt einige Energieversorger wirtschaftlich straucheln lassen.
Auch wenn die Gefahr nach Aussage von Joachim Kania für die Stadtwerke Radolfzell nicht gegeben ist, macht er sich Sorgen um die wirtschaftliche Verträglichkeit der hohen Preise.
Insbesondere Haushalte, die sich jetzt schon an der Belastungsgrenze befinden, werde die Verteuerung der Energie vor weitere Probleme stellen. Kania geht davon aus, dass „die Verknappung und das Preisniveau noch rund drei Jahre anhalten“ wird, wie er sagt. Immerhin verzögere sich bei den Kunden seines Unternehmens die Weitergabe des Preisanstiegs. „Wir haben immer sehr vorausschauend eingekauft. Beim Gas sind das rund 18 Monate, beim Strom etwa 36 Monate“, erklärt der Interimsgeschäftsführer.
Nachhaltige Energie als Lösung
Mit dem Ausruf des Notfallplans Gas (siehe Infokasten) wurde jetzt die Möglichkeit eingeführt, dass die Energieversorger die erhöhten Einkaufspreise an die Kunden weitergeben dürfen. Insofern müssen sich alle Kunden – egal von welchem Anbieter sie ihre Energie beziehen – auf steigende Kosten einstellen.
Lediglich diejenigen, die zum Beispiel bei den Stadtwerken Radolfzell eine vertragliche Preisbindung haben oder an das Nahversorgungsnetz in Möggingen und die Solaranlage in Liggeringen angeschlossen sind, dürfen jetzt aufatmen.
Vor allem die beiden letztgenannten Gruppen sind nun die großen Gewinner. Weil es sich bei ihren genutzten Energieträgern um regenerative Energien handelt, die direkt von der Beschaffung von den Kunden genutzt werden, wird sich der Preis kaum verändern.
Kosten sparen durchs Energiesparen
„Wir können noch neue Kunden in den Ortsteilen mit aufnehmen“, lässt Joachim Kania wechselwillige Menschen wissen. Wer sich etwa noch an das Nahwärmenetz anschließen lassen wolle, der könne das tun.
Allen anderen rät der Vertriebsleiter in der Zukunft den sparsameren Umgang mit Energie. Die größten Hebel bei der Reduzierung der Kosten sind nach seiner Ansicht die Raumtemperatur, die Art des Lüftens und die passende Einstellung der Heizungsanlage.
Sollte sich ein kalter Winter einstellen und der Bedarf an Gas entsprechend steigen, wird aufgrund der erhöhten Nachfrage der Preis ebenfalls in die Höhe gehen. Wichtiger ist jedoch, dass die Speicher jetzt aufgefüllt werden. Aktuell liegen die Füllstände bei 60 Prozent, vor dem Winterbeginn sollten sie idealerweise bei 90 Prozent liegen. Doch die natürlichen Speicher können aus physikalischen Gründen nur sukzessiv mit dem verflüssigten Erdgas befüllt werden.
Erneuerbare Energien werden ausgebaut
Die Stadtwerke Radolfzell möchten mit Blick auf die Zukunft insbesondere die erneuerbaren Energien auszubauen. Sie versuchen sich derzeit Flächen zu sichern, auf denen zum Beispiel Photovoltaikanlagen installiert werden können. Dieser Strom könnte dann direkt von den Radolfzeller Kunden verbraucht werden, ohne dass er verkauft und anschließend wieder eingekauft werden muss.