Lieber Baulücken schließen statt grüne Wiesen bebauen. Diesen Weg möchte die Stadt Radolfzell in Zukunft vermehrt gehen, um neuen Wohnraum zu schaffen. Eine dieser Lücken ist das Areal der ehemaligen Firma Pfeiffer Marine in der Josef-Bosch-Straße. Hier verabschiedete der Gemeinderat den vorhabenbezogenen Bebauungsplan und stellte somit die Weichen für ein Bauprojekt.
Der Wohnraum, der hier allerdings entstehen soll, wird in erster Linie sehr kostspielig werden und eher ältere Bewohner ansprechen. Denn geplant ist laut Sitzungsvorlage der jüngsten Gemeinderatssitzung ein Wohnprojekt mit betreuten Seniorenwohnungen, einer betreuten Wohngemeinschaft, einer nicht-öffentlichen Cafeteria sowie klassischen Eigentumswohnungen – und sozialgebundenen Wohnungen. Letztere sind im Plan wegen der baulandpolitischen Grundsätze der Stadt, die jedem Investor mindestens 30 Prozent Sozialwohnungen vorschreiben.
Eingeführt wurden die baulandpolitischen Grundsätze durch den Gemeinderat unter anderem nach der Erfahrung mit einem anderen Bauprojekt des Investors, der Schweizer Immo Projekt GmbH. In Radolfzell steht der Seevillenpark wie kaum ein anderes Bauprojekt für eine fehlgeleitete Planung, bei der teurer Wohnraum für gut betuchte Rentner geschaffen wurde, der aber das Problem der Wohnungsnot der Stadt kein bisschen lindert.
Pläne wurden bereits 2018 vorgestellt
Dies alles ist nun einige Jahre her. Und kurz nach der Fertigstellung des Seevillenparks in 2017 sicherte sich der Investor das benachbarte Grundstück der Firma Pfeiffer Marina. 2018 stellte er das Bauprojekt für Seniorenwohnungen mit dem Namen „Residenz am See“ im Gemeinderat vor. Seitdem sind nicht nur weitere Jahre ins Land gegangen, auch das Projekt änderte den Namen und heißt nun „MeVita“.
Geplant sind insgesamt 66 Wohneinheiten verteilt auf drei Gebäude und eine Tiefgarage. Die Erschließung soll über die bereits bestehende Tiefgaragenzufahrt des Seevillenparks hergestellt werden. Im nördlichen Wohnblock soll das betreute Seniorenwohnen untergebracht werden, in den anderen Gebäudekomplexen dann die Eigentumswohnungen. Realisiert werden soll auch integratives Wohnen. Geplant ist eine Wohngemeinschaft für Menschen mit Beeinträchtigungen ab 18 Jahren, eine Wohnung für eine Präsenzkraft und eine nicht-öffentliche Cafeteria. Einziehen in den Wohnkomplex soll auch eine Physio-Praxis und eine Neurologische Arztpraxis.
Kritik an dichter Bebauung lässt nicht nach
Kritik gab es im Vorfeld vor allem wegen der dichten Bebauung des Grundstücks. Dies ist auch während der Abstimmung im Gemeinderat jüngst thematisiert worden. Christof Stadler (CDU) kündigte an, gegen den Bebauungsplan zu stimmen. „Das ist mir viel zu eng geplant“, so Stadler. Eher eine Feststellung als eine Kritik war der Redebeitrag von Norbert Lumbe, Fraktionssprecher der SPD: „Das ist ein sehr exklusives Projekt. Man wird sehr viel Geld benötigen, wenn man dort wohnen möchte.“ Der Bebauungsplan wurde mit 17 Stimmen dafür, zwei Gegenstimmen und sieben Enthaltungen beschlossen.
Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens gingen die Pläne auch in die Offenlage. Nachbarn und Anwohner hatten die Möglichkeit, dort ihre Bedenken oder Einwände zu äußern. Laut Stadtverwaltung habe es sechs Stellungnahmen seitens der Behörden und zwölf Anmerkungen aus der Bürgerschaft bezüglich des Projektes gegeben. Von Behördenseite hat es Anregungen zur Denkmalpflege, den Stellplätzen oder der Barrierefreiheit gegeben. Das Stellungahmen der Anwohner und anderer Bürgerinnen und Bürger hätten die Themen Einfügen, bauliche Dichte, hohe Schall- und Lärmeffekte und schlechte Belüftung angeschnitten. Bereits vor dem Verfahren wurde die dichte Bauweise kritisiert. Unter Schutz steht die alte Eiche auf dem Areal, diese soll erhalten bleiben.