Die Menschen in Deutschland werden immer älter. Und der demografische Wandel macht auch vor Radolfzell nicht halt. Doch gerade im Alter sinkt die Mobilität der Menschen – ein Problem, besonders in den eigenen vier Wänden. Wer daheim alt werden möchte, braucht irgendwann ein barrierefreies Zuhause ohne Stolperfallen.

Doch wie muss ein Haus oder eine Wohnung aussehen, damit man dort auch noch im hohen Alter oder mit körperlichen Einschränkungen problemlos wohnen kann? Ein Thema, das auch die Stadt Radolfzell beschäftigt. Um den wachsenden Bedürfnissen der Bürger und Bürgerinnen gerecht zu werden, bietet Radolfzell seit Kurzem eine ehrenamtliche Wohnberatung an. Der Oberbürgermeister der Stadt, Simon Gröger, betonte die Wichtigkeit der Maßnahme. Die Menschen würden immer älter werden und dieser Tatsache müsse man Rechnung tragen.

Früh mit Barrierefreiheit befassen

Grundsätzlich sei es ratsam, sich mit dem Thema barrierefreies Wohnen angesichts der schwierigen Wohnungs- und Pflegesituation „frühzeitig auseinanderzusetzen.“ Denn der Umbau dauere oft lange, erklärt Petra Ott, Fachbereichsleiterin für Partizipation und Integration.

Eine frühe Auseinandersetzung mit dem Thema kann auch den Geldbeutel schonen: Wer beispielsweise bei einer geplanten Renovierung Aspekte der Barrierefreiheit berücksichtigt, kann dadurch künftige, zusätzliche Kosten einsparen, heißt es in der Broschüre der Stadt zur Wohnberatung.

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Wer kann die Beratung in Anspruch nehmen? Obwohl die Wohnberatung bei der Seniorenhilfe angesiedelt sei, stehe sie nicht nur älteren Menschen zur Verfügung, sondern zum Beispiel auch Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen, erklärt Petra Ott. Die Inanspruchnahme der Wohnberatung sei dank der Unterstützung der Messmer-Stiftung für Radolfzeller kostenlos, so der Oberbürgermeister. Die Leistung sei aber nur ein Angebot für Menschen aus Radolfzell, ergänzt Petra Merklin von der Seniorenhilfe.

So funktioniert die Wohnberatung

Wer die Wohnberatung in Anspruch nehmen möchte, der kann sich an die Radolfzeller Seniorenhilfe wenden. Diese leitet Ratsuchende dann an den ehrenamtlichen Wohnberater der Stadt weiter. Derzeit ist das Rolf Schäfer aus Böhringen. Laut Schäfer sei es bei der Wohnberatung äußerst wichtig, einen Termin vor Ort zu haben. „Vieles sieht man erst dort“, erklärt er. Danach arbeite er einen Umbau-Vorschlag aus. Über die Umsetzung entscheiden aber letztendlich die Ratsuchenden. „Ich mache nur einen Vorschlag.“

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Sein Wissen aus der Fortbildung konnte der zertifizierte Wohnberater Rolf Schäfer direkt beim Pressetermin in der Musterwohnung in der Josef-Bosch-Straße präsentieren. Ihm fielen direkt ein paar kleine Mängel ins Auge, die zeigen, wie schmal die Grenze bei der Barrierefreiheit ist – wie etwa wenige Zentimeter Unebenheit bei der Einlassung der Dusche, ein minimal zu schmaler Türrahmen beim Bad oder zu hohe Griffe an den Schränken und Fenstern in der Küche.

Unebenheit bei der Duscheinlassung: Bereits wenige Zentimeter können den Unterschied machen.
Unebenheit bei der Duscheinlassung: Bereits wenige Zentimeter können den Unterschied machen. | Bild: Pascal Guegan

Aber auch Aspekte wie ausreichend Lichtquellen oder klar erkennbare Kontraste bei Glastüren seien gerade für Menschen mit Sehproblemen wichtige Elemente der Barrierefreiheit, so Schäfer. Sein Fazit zur Wohnung: „Einige Sachen sind schon gut, aber andere sind ausbaufähig.“

Bewohner müssen sich wohlfühlen

Das Thema Barrierefreiheit sei sehr komplex: „Man glaubt gar nicht, wie viele Einzelheiten es gibt, auf die man achten muss“, erklärt der ehrenamtliche Wohnberater der Stadt. Es gebe zwar eine DIN-Norm für Barrierefreiheit, doch die nütze den Menschen alleine nichts, denn die Bewohner „müssen sich auch wohlfühlen“, sagt Schäfer. Es komme darauf an, „was wollen die Leute und vor allem, was können sie.“

Der ehrenamtliche Wohnberater der Stadt, Rolf Schäfer (Zweiter von links), informiert Petra Bialoncig (Messmer-Stiftung), Petra Ott und ...
Der ehrenamtliche Wohnberater der Stadt, Rolf Schäfer (Zweiter von links), informiert Petra Bialoncig (Messmer-Stiftung), Petra Ott und Petra Merklin von der Seniorenhilfe bei der Wohnungsführung in der Küche über das Thema Barrierefreiheit. | Bild: Pascal Guegan

Das Problem dabei: Der barrierefreie Umbau sei häufig sehr kostenintensiv, erklärt Schäfer. Doch dafür gibt es laut Petra Ott Fördermöglichkeiten: zum Beispiel bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Menschen mit einem bestehenden Pflegegrad könnten darüber hinaus bei der Pflegekasse Zuschüsse beantragen.

Wer eine Förderung in Anspruch nehmen möchte, sollte aber darauf achten, die Anträge bereits vor dem Umbau zu stellen. Die wichtigste Vorbedingung für den Umbau ist laut Wohnberater Rolf Schäfer aber: Vor der Umsetzung muss unbedingt die Zustimmung der Eigentümer eingeholt werden. Ohne das Einverständnis dürfe der Umbau nicht erfolgen.