Es hat sich ziemlich verzögert, aber jetzt war es endlich soweit: Etwa ein Jahr, nachdem die evangelische Christuskirche in Radolfzell nach jahrelanger Sanierung und Renovierung in neuem Glanz eröffnet wurde, wurde nun auch die renovierte Orgel im Rahmen eines Konzerts offiziell eingeweiht. Dabei zeigt sich, dass sich bei der Christuskirche viel mehr verändert hat als das Gebäude oder dessen Innenleben – es gibt auch viele neue Konzepte, die gut angenommen werden. „Es füllt sich wirklich mit Leben“, sagt Pfarrer Alexander Philipp erfreut.
Dass es mit der neuen Orgel erst jetzt geklappt hat, lag an der generellen Verzögerung der Bauarbeiten an der Christuskirche, die ursprünglich schon Ende 2022 fertiggestellt werden sollte. Denn die Orgel der Kirche konnte erst nach den anderen Arbeiten aus ihrer Schutzhülle befreit werden. „Es musste warten, bis alles fertig und staubfrei war“, erklärt Kantorin Pia Löb. Ausgepackt wurde die Orgel also erst Ende 2023, an Weihnachten kam sie einmal kurz zum Einsatz – „aber sie war nur ganz kurz spielbereit und klang furchtbar“, so Löb.

Denn die Renovierungsarbeiten durch Orgelbauer Jens Steinhoff begannen erst im Frühjahr 2024 und zogen sich bis vor die Sommerferien. Durch die Verzögerung konnte er nicht durchgehend in Radolfzell arbeiten, sondern war auch anderweitig beschäftigt.
Orgel wurde komplett auseinander gebaut
Zudem waren die Arbeiten an der Orgel ziemlich umfangreich. Nicht nur musste die Elektronik aufgrund neuer Sicherheitsvorschriften erneuert, sondern auch die gesamte Orgel gereinigt werden. Denn mit der Zeit setze sich Staub in der Luft daran fest, „und dann klingt so eine Orgel nicht mehr gut“, sagt Pia Löb. Außerdem seien viele der weit über 1000 Pfeifen repariert worden, da sie eingerissen waren, und der Winddruck, der zuvor zu hoch gewesen sei, sei reduziert worden. „Alleine schon durch diese Maßnahmen hat sich ganz viel verbessert“, so die Kantorin. Zusätzlich habe der Orgelbauer die Pfeifen bearbeitet, um ihren Klang zu verbessern.
80.000 Euro kosteten die Arbeiten laut Pfarrer Alexander Philipp insgesamt, allerdings sei der Aufwand auch sehr groß gewesen. „Die Orgel wurde einmal komplett auseinander gebaut“, sagt er.
Mit dem Ergebnis ist das Gemeindeteam nun sehr zufrieden. „Klanglich ist die Orgel wesentlich harmonischer“, urteilt Pia Löb. Nun stehe sie den Orgeln anderer Kirchen in Radolfzell nicht mehr nach, habe Charakter „und eine Seele“, so die Kantorin. „Es macht Spaß, sie zu spielen.“

Christuskirche ist heller, barrierefreier und moderner
Aber nicht nur über die renovierte Orgel herrscht Freude. Auch das Fazit zur renovierten Christuskirche, die in den vergangenen Monaten ausgiebig von der Gemeinde genutzt wurde, fällt positiv aus. Zum einen sei die Kirche nun freundlicher, heller, barrierefreier und moderner, über eine Leinwand können zum Beispiel während der Gottesdienste Texte oder Bilder eingeblendet werden.
Auch sei die Christuskirche nun nachhaltiger: Tagsüber werde sie über eigene Photovoltaik-Anlagen mit Strom versorgt, außerdem sei sie nun besser gedämmt. Das zieht auch Musiker an, wie Pia Löb berichtet: „Ich kann mich vor Konzertanfragen gar nicht retten.“
Zum anderen biete die renovierte Christuskirche neue Möglichkeiten für verschiedene Angebote der Gemeinde. Man habe sich mit der Renovierung auch viele Gedanken über ein neues Konzept gemacht, erklärt Pfarrer Alexander Philipp.
Sie erreichen mehr Menschen
So gebe es mittlerweile neue Gottesdienstformate. „Jeden Sonntag gibt es ein Stück weit eine andere Form von Gottesdienst“, sagt Philipp. So kommen neben der renovierten Orgel zum Beispiel auch ein Flügel zum Einsatz oder Bands. Auch bei der Liturgie gibt es Anpassungen und bei den Zielgruppen, die angesprochen werden sollen. Es gebe auch wieder regelmäßig Kindergottesdienste, das sei vor der Renovierung nicht der Fall gewesen.
Aber auch außerhalb der Gottesdienste wurden neue Angebote ins Leben gerufen, etwa Freitagstreffs, bei denen Gemeindemitglieder, aber auch andere Menschen aus Radolfzell dazu eingeladen sind, auf dem Kirchplatz und in den Räumen der Christuskirche ins Gespräch zu kommen. „Das erreicht Menschen, die nicht unbedingt in die Kirche gehen wollen“, erklärt Gemeindepädagogin Selina Schneider. Es gebe zum Beispiel auch Gruppen für Zehn- bis 13-Jährige, eine Spielgruppe für Eltern von Kindern im Alter von einem bis drei Jahren und ein Seniorenerzählcafé.
Man wolle so auch Menschen erreichen, die bisher keinen oder kaum Kontakt zur Kirchengemeinde hatten – und das klappt, wie Alexander Philipp bestätigt. Auch nach dem Gottesdienst bleiben die Gemeindemitglieder oft noch vor der Christuskirche stehen, um beim neu eingeführten Kirchenkaffee ins Gespräch zu kommen oder spontan Tischtennis zu spielen.