106 Jahre lang prägte das Kaufhaus Kratt die Radolfzeller Innenstadt. Bereits in der dritten Generation wird das markante Haus am Marktplatz von der namensgebenden Familie Kratt geführt – doch damit wird bald Schluss sein: Im Frühjahr 2026 soll das Kaufhaus seine Türen für immer schließen.
Für den Innenstadthandel ist diese Nachricht ein Schock – und für die Kunden? Der SÜDKURIER hat sich in der Radolfzeller Innenstadt umgehört, was die Menschen über die Schließung denken.
Viel Auswahl und viele Erlebnisse
Raffaella Maggipinto aus Radolfzell ist seit zwölf Jahren Kundin Kaufhauses Kratt und war sehr überrascht, als sie von der Schließung gehört hat: „Das habe ich absolut nicht erwartet“, sagt sie. „Ich verbinde so viele Erlebnisse mit meinen Kindern mit dem Kaufhaus. Wir sind früher immer zum Einkauf von Spielsachen und später von Schulsachen dorthin gegangen und ich persönlich habe dort immer Büromaterial gekauft. So viel Auswahl wie beim Kratt gibt es kaum irgendwo anders in Radolfzell.“

Auch Yolanda Richter ist überrascht von der Nachricht: „Ich habe immer gedacht, das Geschäft läuft gut“, erklärt sie. Die 26-Jährige aus Gaienhofen kauft laut eigener Aussage zwar auch im Internet ein, stöbert jedoch gerne regelmäßig in der Schreibwarenabteilung im Kratt.
Anreise sogar aus Stuttgart
Heidi Priebe nimmt seit neun Jahren sogar eine recht lange Fahrt in Kauf, um im Kaufhaus Kratt einzukaufen. Alle 14 Tage reist sie mit dem Zug extra aus Stuttgart an, wie sie berichtet. „In den riesigen Kaufhäusern in Stuttgart finde ich mich nicht mehr zurecht und im Kratt gibt es alles für den täglichen Gebrauch in einem Geschäft. Das ist viel angenehmer und kompakter“, erklärt sie diesen Aufwand.
Über die Schließung ist die 74-Jährige nicht erfreut, jedoch versteht sie den Schritt: „Ich war überrascht, aber andererseits weiß man, dass es der Einzelhandel schwer hat heutzutage.“ Das sieht Nancy Rode aus Radolfzell genauso. „Das ist schade, aber verständlich. Ich gehe dahin und bekomme alles, was ich brauche. Das Kaufhaus ist praktisch weil es nah ist und man vor Ort ein Geschäft hat, das alles führt.“ Das gibt es für die 37-Jährige in Zukunft dann wohl nicht mehr.
Wie geht es nun weiter?
Auf die Frage, wie wichtig das Kaufhaus ihrer Meinung nach für die Innenstadt von Radolfzell ist, antwortet die 53-Jährige Raffaella Maggipinto: „Ich finde das Kaufhaus schon sehr wichtig für Radolfzell, weil es in der Innenstadt sowieso schon wenige Geschäfte mit so viel Auswahl gibt.“
Nancy Rode und Yolanda Richter sehen das ähnlich. Beide finden das Kaufhaus Kratt für wichtig für die Infrastruktur von Radolfzell und schätzen besonders die zentrale Lage und die Nähe. Die sei vor allem für alte Menschen praktisch. Beide sind schon seit mehr als zehn Jahren Kunden und sehen das Kaufhaus als ein bedeutender Teil der Radolfzeller Geschichte: „Es war immer da und beim Gang durch die Innenstadt fiel das Kaufhaus stets ins Blickfeld“, ergänzt Yolanda Richter.
Während die Radolfzellerin Nancy Rode nach der Schließung des Kaufhauses mit einem weiteren Leerstand in der Innenstadt rechnet, ist Yolanda Richter noch offen, was die Zukunft angeht. „Es wird nur ein Verlust, wenn es ebenfalls leerstehend wird, so wie das Sportgeschäft gegenüber“, sagt sie. Damit meint sie das Höll-Sport Geschäft, das seit mehr als zwei Jahren geschlossen hat. Was die Zukunft angeht, möchte jedoch keine der vier Frauen genaue Aussagen treffen. Raffaella Maggipinto ist gespannt: „Mal sehen, wie es weiter geht.“