So langsam drängen sich Atemschutzmasken immer mehr in das alltägliche Bild. Aus Asien kannte man das schon länger, dass Menschen in der Öffentlichkeit einen Mundschutz tragen, in Deutschland war das bis vor wenigen Wochen unvorstellbar.
Doch aktuell finden medizinische Schutzmasken einen solchen Absatz, dass selbst Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen nicht ansatzweise ausreichend Schutzkleidung bekommen.
Behelfsmasken aus Stoffresten
Aus diesem Grund haben etliche begeisterte Näherinnen und Näher angefangen, aus Stoffresten Schutzmasken zu nähen. Auch in Radolfzell und auf der Höri stellen nun Frauen Behelfsmasken aus Stoff her.

Eine davon ist Sandra Kuppinger aus Gaienhofen. Sie ist gelernte Näherin, hat eine eigene Änderungsschneiderei und näht nun einen Tag in der Woche kostenlos Schutzmasken aus Stoff. „Mir ist ehrlich gesagt die Decke auf den Kopf gefallen, weil ich nicht mehr normal arbeiten kann“, erzählt die 46-Jährige.
Hashtag #maskeauf
Da stieß sie in den sozialen Netzwerken auf die Bewegung, sich selbst Mundschutzmasken anzufertigen und auch in der Öffentlichkeit eine Maske zu tragen. Unter dem Hashtag #maskeauf rufen Prominente auf, sich in der Öffentlichkeit nur noch mit einem Mundschutz zu bewegen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen. In asiatischen Ländern ist das Tragen eines Mundschutzes ein Zeichen von Höflichkeit.
Das wünscht Sandra Kuppinger sich in diesen Tagen auch in Deutschland. Sie näht schicke Schutzmasken aus bunten und modischen Stoffen. Sie sind zweilagig, außen aus Baumwolle oder Jersey, innen mit einer Leinenschicht. „Ich versuche sie optisch so schön zu machen, dass man sie auch gerne trägt“, sagt sie.
Für eine Maske bräuchte sie bis zu einer halben Stunde. Und da die Nachfrage mittlerweile so groß sei, nähe sie auch Auftragsarbeiten gegen Geld. „Manche wollen diese auch bezahlen und mit dem Geld finanziere ich das Material für die Masken, die ich an einem Tag in der Woche herstelle und für soziale Einrichtungen spende“, erzählt Sandra Kuppinger. Aktuell habe sie für eine Freundin genäht, die in einer Einrichtung für Menschen mit Beeinträchtigungen arbeitet.
Masken für Praxen und soziale Einrichtungen
Auch Carina Kromer aus Radolfzell setzt sich gerne an ihre Nähmaschine und näht Behelfsmasken. „Ich habe nach einem Weg gesucht, auch etwas zu tun, während man Zuhause bleiben soll“, sagt sie. Sie näht Masken für Arztpraxen und soziale Einrichtungen.
„Anfangs habe ich mich nicht getraut, die Masken irgendwo anzubieten, weil es keine medizinischen Mundschutzmasken sind“, sagt sie. Doch die Nachfrage sei schnell gestiegen. Da die industriell gefertigen Masken nicht mehr zu bekommen seien, wären viele Einrichtungen auf fleißige Näherinnen angewiesen.
Näherinnen helfen sich gegenseitig
Auch Alexandra Mäurer vom Kinderstoffzimmer hat angefangen Masken zu nähen. Freiwillige Näherinnen unterstützt sie mit Stoffspenden. Die Frauen haben sich organisiert, helfen sich, tauschen Muster und Material aus. „Uns ist es wichtig, dass die Masken erst einmal regional verteilt werden“, sagt Carina Kromer. Wichtig sei, dass der Stoff bei 90 Grad waschbar ist.
Kromer braucht für eine einlagige Maske fünf bis sieben Minuten. „Man kann dafür toll seine Stoffreste gebrauchen“, sagt sie. Für die Näharbeiten erwartet sie weder Lob noch Anerkennung. „Das machen gerade so viele, das ist toll, wie sich alle einbringen“. In einer Facebook-Gruppe würden sich Näherinnen austauschen, nach Postleitzahlen ließe es sich filtern, wer wo Masken herstellt.
Zur Wirksamkeit
Über den Sinn von selbst genähten Mundschutzmasken wird in diesen Tagen viel diskutiert. Jetzt hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Verwendung selbst genähter einfacher Schutzmasken beim Einkaufen und im öffentlichen Verkehr empfohlen.
Klar ist, dass eine Stoffmaske, auch eine zweilagige, nicht vor einer Infektion mit dem Coronavirus schützt. Solch eine Behelfsmaske dient eher dem Fremdschutz als dem Selbstschutz: Auch mit einer Stoffmaske wird die Gefahr einer Tröpfchenübertragung auf andere beim eigenen Husten, Niesen oder Sprechen verringert.
Auch fassen sich Träger von Gesichtsmasken seltener ins Gesicht, was wieder eine Übertragung von den Händen auf die Schleimhäute verringert. Außerdem bleiben so die medizinischen Masken für das medizinische Personal übrig, wenn Privatpersonen sich im öffentlichen Bereich mit selbst genähten Masken behelfen.