Knapp neun Wochen vor Beginn der Freibadsaison ist der Badebetrieb am Böhringer See ungewiss. Während der vergangene Badesommer ohne jeglichen Blaualgen-Alarm bei manchen Hoffnungen weckt, dass sich die positive Entwicklung fortsetzt, tut sich die Stadt hingegen schwer, einen neuen Pächter für den Betrieb des Bades zu finden. Die einzige Bewerberin, die sich auf die Ausschreibung der Neuverpachtung im Dezember und Januar gemeldet hatte, zeigt kein Interesse mehr. Die nicht-öffentliche Sitzung des Ortschaftsrates, in der sie sich vergangene Woche vorstellen sollte, wurde kurzfristig abgesagt.
„Die festgesetzte Richtpacht schreckt einfach viele ab. Keiner will dieses finanzielle Risiko tragen, auch wegen der häufigen Badeverbote in den letzten Jahren aufgrund massiver Blaualgenbildung“, schildert Ortsvorsteher Bernhard Diehl in öffentlicher Sitzung jüngst die Problematik. Laut Verwaltungsvorlage beträgt die Richtpacht 21.000 Euro pro Jahr. In einer Krisensitzung mit dem OB habe man darum nun entschieden, die Verpachtung umgehend neu auszuschreiben – dieses Mal nicht gegen Richtpacht, sondern gegen Gebot.
Was passiert ohne Pächter?
„Es bleibt uns nur die Möglichkeit, weiterzusuchen und abzuwarten“, macht der Ortsvorsteher deutlich. Und: „Wir brauchen eine Badeaufsicht!“ Wenn sich kein Pächter findet, gebe es zwei Szenarien, die keiner haben wolle. Zum einen könne die Stadt das Bad selbst betreiben, was aber aus personellen Gründen unrealistisch sei.
Die andere Konsequenz wäre, das Naturbad in seiner Funktion aufzugeben und als Badestelle auszuweisen. Das hätte die Schließung des Gebäudes zur Folge, das Floß müsste herausgenommen, Stege und Sprungbrett unzugänglich gemacht werden. Und es sei unwahrscheinlich, dass man die Nutzungsmöglichkeiten des Böhringer Sees als öffentliches Bad dann irgendwann zurückerhalte. „Es ist wichtig, dass wir den Badebetrieb zum 1. Mai aufnehmen!“, unterstrich Bernhard Diehl.
Bürger fordern mehr Attraktivität
Unter anderem wolle man neuen Bewerbern auch deutlich machen, dass man bereit sei, in das Bad zu investieren, um es wieder attraktiver zu machen, kündigt er an. Viele Bürger in Böhringen fordern das seit Jahren.
Aktuell ist die Erneuerung des Spielplatzes in der Umsetzung, für die die Stadt 50.000 Euro in die Hand nimmt. Die Bauarbeiten sind im Gange. „Angedacht ist zum Beispiel wieder eine Treppe als Abgang von der Gastronomie zum See für die älteren Mitbürger. Wir werden auch das Kinderbad mit neuem Kies versehen. Vieles werden wir aber erst entscheiden, wenn wir einen Pächter haben“, so Diehl.
„Die Richtpacht ist einfach absurd“
2010 hat die Stadt das Badegebäude umfassend saniert und auch Räumlichkeiten für Küche und Lager geschaffen. Sie wurden nicht sofort genutzt, weil das damalige Pächterpaar auch den zum Campingplatz gehörenden Kiosk am See betrieb und nicht zweigleisig fahren wollte. 2015 gab es nach 35 Jahren einen Wechsel mit der Familie Ünal, die eine Gastronomie aufbaute und das Bad bis 2021 leidenschaftlich betrieb, dann aber in schwierigen Zeiten durch Blaualgen und Pandemie die Pacht aufgab. Mit dem Nachfolger war man nicht glücklich.
Etliche Räte und Bürger äußerten in der Sitzung ihre Kritik, dass zu wenig für die Attraktivität des Bades getan werde. Ortschaftsrat Peter Lingg (CDU) ging sogar einen Schritt weiter: „Die Richtpacht ist einfach absurd. Vielleicht ist es auch gewollt, dass der Böhringer See nicht mehr betrieben wird“, sagt er. Nun aber soll sich an den vergangenen Bedingungen etwas ändern.