Es war nur ein kurzer Nebensatz, den Ortsvorsteher Bernhard Diehl sagte: „Auch das Flüchtlingsthema wird uns weiter beschäftigen“, kündigte er im Jahresausblick für Böhringen an. Er sagte dies mit Blick auf die vermeintliche Suche des Landkreises nach Möglichkeiten, Einrichtungen für die Erstunterbringung von Geflüchteten in Böhringen zu schaffen.

Doch im Ort sorgt dieser kleine Satz seither für großes Aufsehen – besonders bei Ben Vogg, dem Investor hinter dem neuen Wohngebiet Nezfeldwies. Denn konkret geht es um ein Grundstück am Ortsrand von Böhringen neben der Landesstraße 220 und dem Bahnhof – und genau neben dem neuen Wohngebiet mit Kindergarten und Spielplatz.

Investor Ben Vogg kritisiert Grundstückswahl

Die Aufregung bei Investor Ben Vogg ist groß, wie er im Gespräch mit dem SÜDKURIER schildert. „Ich finde, dass der Standort nicht geeignet ist, weil ein sehr großer städtebaulicher Aufwand für das neue Quartier in Nezfeldwies betrieben wurde““, erklärt er sein Unverständnis. Er als Investor und auch die Stadt hätten viel Geld und Aufwand in dessen Entwicklung gesteckt, was Böhringen deutlich aufwerten werde. Eine Flüchtlingsunterkunft in direkter Umgebung würde nun aber zu einer „Entwertung“ führen, wie er es nennt. Sie sei „nicht attraktiv für das Wohngebiet.“

Diese Flächen gehört dem Landkreis. Sie liegt neben dem Neubaugebiet Nezfeldwies und wird derzeit auf eine mögliche Bebaubarkeit untersucht.
Diese Flächen gehört dem Landkreis. Sie liegt neben dem Neubaugebiet Nezfeldwies und wird derzeit auf eine mögliche Bebaubarkeit untersucht. | Bild: Schönlein, Ute

Die konkreten Folgen für den Wert der Häuser sowie deren Attraktivität für potenzielle Bewohner könne er nicht abschätzen. Klar ist für ihn aber: „Eine Verbesserung wäre das nicht gerade.“ Denn er habe in seinem Umfeld gehört, in direkter Umgebung anderer Unterkünfte im Landkreis sei es nach deren Bezug vermehrt zu Diebstählen und Polizeieinsätzen gekommen. „Ich finde es nicht gut, wenn eine solche Unterkunft direkt neben einem neuen Wohngebiet mit Spielplatz und Kindergarten entsteht“, sagt er deshalb.

Vogg ist sich sicher, es gäbe bessere Standorte im Landkreis für eine solche Unterkunft, zum Beispiel weiter entfernt von Wohngebieten – oder zumindest von neu entstandenen. Doch worauf der Landkreis das Grundstück aktuell prüft, ist noch gar nicht so eindeutig.

Was sagt der Landkreis dazu?

Auf SÜDKURIER-Nachfrage beim Landkreis, ob auf dem Grundstück eine Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete entstehen soll, erklärt Pressesprecherin Marlene Pellhammer: Der Landkreis sei grundsätzlich immer auf der Suche nach geeigneten Grundstücken, um eine solche Unterkunft zu errichten.

Ein solcher Bau sei erforderlich, um die Notunterkünfte abzulösen. Denn: „Die haben keinen guten Unterbringungsstandard und sind im Vergleich zu regulären Gemeinschaftsunterkünften – egal ob Container, Modulbauten oder Festbauten – kostenintensiver“, so Pellhammer.

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Beim diskutierten Grundstück in Böhringen prüfe der Landkreis momentan aber lediglich dessen „grundsätzliche Bebaubarkeit.“ Einen genauen Zeitplan, bis wann diese Prüfung abgeschlossen sei, habe das Landratsamt nicht. Und selbst wenn sich am Ende der Prüfung eine Bebauung als möglich herausstellen sollte, sei nicht entschieden, dass dort eine Gemeinschaftsunterkunft entsteht. Die Verwendung werde erst danach geklärt.

Aber: Für die laut Pellhammer dauerhaft laufende Suche nach weiteren Flächen für eine Flüchtlingsunterkunft stehen zumindest in Radolfzell keine Alternativen zur Verfügung. „Der Landkreis Konstanz hat keine weiteren freien Grundstücke in Radolfzell, die geprüft werden könnten“, erklärt die Pressesprecherin.

Ist die Stadtverwaltung involviert?

Auch die Stadt Radolfzell erklärt auf SÜDKURIER-Nachfrage, diesbezüglich ständig im Austausch mit dem Landkreis zu sein. „Wir als Stadt sind fortwährend in der Prüfung, geeignete Flächen für die Unterbringung der Flüchtlinge zu finden“, schreibt Referentin Julia Theile. Schließlich sei die Stadt nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz zur Aufnahme von Geflüchteten verpflichtet – die so genannte Anschlussunterbringung.

Bislang erfolge die Anschlussunterbringung in Radolfzell überwiegend über das Raumteilerprogramm mit etwa 100 angemieteten Wohnungen im gesamten Stadtgebiet. Es gebe zudem drei größere Objekte mit jeweils einer Kapazität für 15 bis 20 Personen, die Notunterkunft in Neu Bohlingen für 66 Personen sowie das seit ab 1. Februar 2024 angemietete, ehemalige Hotel Krone mit einer Kapazität für 34 Personen, das nun zügig belegt werden soll. 352 Menschen leben in den Gemeinschaftsunterkünften des Kreises, so die Stadt.

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Weitere Kapazitäten entstünden im Sommer 2024 durch den Neubau eines Holzmoduls in der Güttinger Straße für 60 Personen. Aktuell sei zudem geplant, das ehemalige Veterinäramt am Bahnhof zu sanieren. Zu der Prüfung des Grundstücks in Böhringen könne die Stadt hingegen keine konkreten Angaben machen, da es sich in Besitz des Landkreises befindet.