Es ist ein Thema, über das derzeit bundesweit wieder viel diskutiert wird: die Unterbringung von Geflüchteten. Es geht um mögliche Überlastungen von Kommunen und schnellere Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern. Auch in der Region hatten Bürgermeister kürzlich von Schwierigkeiten von der Unterbringung, gleichzeitig aber auch kreativen Lösungen berichtet. Aber wie sieht die Situation in Radolfzell derzeit aus? Wie viele Geflüchtete leben derzeit in der Stadt und können für sie alle Unterkünfte gefunden werden?
Nur noch eine Notunterkunft in Betrieb
Wie die Stadtverwaltung auf Nachfrage mitteilt, waren Stand Anfang Oktober seitens der Stadt 490 Personen im Rahmen der Anschlussunterbringung in Radolfzell untergebracht. „Hinzu kommt noch eine große Zahl an Menschen mit Migrationshintergrund, die selbst privaten Wohnraum gefunden haben und auf die Quote angerechnet werden“, berichtet Pressesprecherin Natalie Reiser weiter. Wie viele das sind, kann sie allerdings auf Nachfrage nicht berichten. Diese Zahlen herauszufiltern und zu bewerten, sei für die Ausländerbehörde ein zu großer Aufwand und nicht leistbar.
Das Landratsamt Konstanz hat außerdem in den Gemeinschaftsunterkünften der Stadt Stand Mitte Oktober 337 Personen untergebracht – 81 davon lebten Mitte Oktober in der Notunterkunft in der Herrenlandstraße. Diese ist derzeit die letzte betriebene Notunterkunft in Radolfzell.
Die Gemeindequote erfüllte Radolfzell zuletzt allerdings bei Weitem nicht. Laut Katja Ebel vom Landratsamt hatte die Stadt Anfang Juli 77 Geflüchtete zu wenig untergebracht. Und bis zum Oktober ist diese Zahl sogar noch gestiegen: Zum 1. Oktober habe die Stadt Radolfzell 86 Geflüchtete zu wenig aufgenommen.
Wie hoch das Soll in Radolfzell genau ist, ist laut Natalie Reiser allerdings nicht konkret zu beantworten, denn sie verändere sich. Anfang April 2023 sei vom Landratsamt ein Soll von 1260 Geflüchteten für Radolfzell vorgegeben worden. Dieser Wert entspreche bei der damaligen Einwohnerstärke einer Quote von 10,97 Prozent der Gesamtsumme aller im Landkreis untergebrachten Personen.
Möglichkeiten zur Anschlussunterbringung gesucht
Was bedeutet dieser Umstand für die Stadt? „Die Suche nach weiteren Unterbringungsmöglichkeiten hat weiter oberste Priorität“, erklärt Natalie Reiser, sie laufe weiter mit Hochdruck. „Die Stadt ist aktuell mit verschiedenen Eigentümern und Vermietern in Gesprächen bezüglich weiteren Anmietungen.“
In den vergangenen Monaten seien zusammen mit den Ortsvorstehern, dem kommunalen Flächenmanager, dem Bereich Hochbau- und Gebäudemanagement sowie dem Bereich Liegenschaften „verschiedene Gebäude, Flächen und Objekte für eine mögliche Nutzung und Unterbringung“ geprüft worden. Dabei seien auch Ideen und Vorschläge der Bürger aufgenommen worden.
Dank des Wohnraumförderprogramm Raumteiler, das 2019 vorgestellt wurde und Leerstand vermeiden soll, sei es in diesem Jahr auch gelungen, weiteren privaten Wohnraum anzumieten, der zur Unterbringung von Geflüchteten genutzt werden kann. „Die dezentrale Unterbringung ist wichtig für die weitere Integration der Menschen“, erklärt Natalie Reiser. „Die Wohnungen beziehungsweise Unterkünfte für die Anschlussunterbringung sind im gesamten Stadtgebiet verteilt.“
Sie verweist allerdings auch darauf, dass es die Mitarbeiter der Stadt vor große Herausforderungen stelle und auch von den Geflüchteten viel Geduld erfordere, „für jeden Bedarf eine passende Unterkunft zu bringen“. Denn es gelte sowohl Familien und Kinder, als auch Einzelpersonen und Menschen mit körperlichen Einschränkungen sowie mit Haustieren unterzubringen. Die große Zahl der Geflüchteten zu integrieren, gelinge aber dank „der guten Zusammenarbeit mit dem Integrationsmanagement, den Welcome-Managern, der Migrationsberatung, vielen ehrenamtlichen Unterstützern, Vereinen und Institutionen sowie der Bürgerschaft“.
Der Bedarf steigt weiter
Und wie geht es nun weiter? Wie die Stadt mitteilt, hat die Zahl der Geflüchteten in Radolfzell zuletzt zugenommen, für Oktober seien 37 weitere Geflüchtete angekündigt worden, die in Radolfzell untergebracht werden müssen. Für sie stehe aber Wohnraum zur Verfügung. Zudem hat der Gemeinderat in der Vergangenheit dem Bau einer Flüchtlingsunterkunft in Holzmodulbau zugestimmt, die Platz für weitere 60 Personen bietet.
Diese wird voraussichtlich auch dringend benötigt werden. Denn das Landratsamt Konstanz kündigt bereits an: „Grundsätzlich steigt die Gesamtzahl der im Landkreis Konstanz unterzubringenden Personen. Damit wird auch das Unterbringungssoll für die Stadt Radolfzell anteilig steigen.“