Die gute Nachricht vorweg: Die 1200-Jahr-Feier feiert die Stadt Radolfzell im Jahr 2026 höchstwahrscheinlich ohne störende Bauarbeiten im Bahnhof. Die schlechte Nachricht gleich hinterher: Bis zum Jahr 2027 ändert sich nichts an den tristen Verhältnissen auf den Bahnsteigen und in der Unterführung, für ein barrierefreies Aus- und Einsteigen will die Deutsche Bahn erst in fünf Jahren die entsprechenden Aufzüge einbauen.

Die Planungen haben begonnen

Das hat eine Sprecherin der Bahn von der Kommunikationsabteilung der Bahn AG in Stuttgart auf unsere Anfrage hin schriftlich bestätigt: „Stadt und DB planen, die Bahnsteige in einer zu den Zügen passenden Höhe zu erneuern. Zudem installiert die Bahn ab 2027 vier Aufzüge, mit denen Reisende von der Unterführung stufenfrei zu den Bahnsteigen gelangen können.“ Dafür habe die Bahn gemeinsam mit der Stadt Radolfzell eine Vereinbarung über die Finanzierung und die Entwurfsplanungen des Bahnhofs-Modernisierungs-Programms zwei unterzeichnet und mit den Planungen begonnen. Nach den Regeln dieses Programms ist Radolfzell höchstens mit 80 Euro pro Einwohner an den Gesamtkosten beteiligt, das wären bei 32.000 Einwohner rund 2,5 Millionen Euro. In einer ersten Schätzung hat die Bahn vor zwei Jahren eine Summe von 26 Millionen Euro Kosten genannt.

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Wenn sie, die Deutsche Bahn, mal am Bauen ist, dann aber richtig. Neben höher oder tiefer gelegten Bahnsteigen soll es auch eine neue Beleuchtung, eine neue Bahnsteigausstattung – dabei dürfte es sich um Bänke und Fahrplanhinweise handeln – und ein neues Dach geben, verspricht die Sprecherin der Bahn. Zudem baue die DB nicht benötigte Bahnsteigbereiche und den „schienengleichen Reisendenüberweg“ zurück.

Schienenüberwege für mobilitätseingeschränkte Reisende

Die Bahnhofsunterführung bekommt von der Kommunikationsabteilung in Stuttgart schon jetzt eine neue Bezeichnung: „Im Zuge der Modernisierung soll auch die Personenunterführung gestalterisch aufgewertet werden“, so die Sprecherin der Bahn. Die ersten Arbeiten starten nach Konzernangaben voraussichtlich Ende 2026.

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Die Barrierefreiheit etwa für Menschen im Rollstuhl will die Bahn mit herkömmlicher Muskelkraft sicherstellen. Bis zum erfolgten Einbau der Aufzüge könnten mobilitätseingeschränkte Reisende die Schienenüberwege als stufenfreie Zugänge zu den Bahnsteigen nutzen, schreibt die Sprecherin der Bahn und schiebt noch einen Satz nach: „Unser Sicherungspersonal unterstützt die Fahrgäste dabei.“

Bessere Chancen wurden 2020 verspielt

Die zeitliche Komponente deckt sich mit Angaben, die Radolfzells OB Simon Gröger im Gemeinderat gemacht hat. Auf eine Frage hin von Stadtrat Walter Hiller machte Gröger wenig Hoffnungen auf einen früheren Baubeginn. Seinem Eindruck nach habe sich die Stadt eine bessere Ausgangssituation im Januar 2020 mit der Ablehnung der Seetorquerung verspielt. Deshalb genieße bei der Bahn das Projekt nicht mehr Priorität, deshalb habe der Konzern die Modernisierung des Bahnhofs nach hinten verschoben.

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Auf SÜDKURIER-Nachfrage hat der OB bestätigt, dass er im März einen Abstimmungstermin mit Vertretern der Deutschen Bahn AG zur Ertüchtigung des Radolfzeller Bahnhofs gegeben habe. Im Rahmen dieses Gesprächs habe er deutlich zu verstehen gegeben, dass er äußerst unzufrieden mit der derzeitigen Situation sei. „Ich habe den Vertretern der Deutschen Bahn mit Nachdruck die Dringlichkeit der Maßnahmen am Radolfzeller Bahnhof erläutert“, sagt Gröger.

Das hat die Vertreter der Bahn wenig beeindruckt. Sie gaben dem OB zu verstehen, dass eine schnelle bauliche Umsetzung der Bahnhofsmodernisierung in Radolfzell nicht in Sicht sei.

„Schnellstmöglich“: Der OB zeigt sich ungeduldig

In dem Gespräch sei vereinbart worden, dass die Deutsche Bahn AG in einer Gemeinderatssitzung nach den Sommerferien den weiteren Zeitplan zum Radolfzeller Bahnhof vorstellt. Die weiteren Prozessschritte müssten dann nach und nach erfolgen. Die Ungeduld von OB Gröger ist in seinen Aussagen zu spüren: „Radolfzell wartet seit Jahren darauf, dass die baulichen Umsetzungen durch die Deutsche Bahn vorgenommen werden – und hoffen, dass dies in Zukunft schnellstmöglich vorangetrieben wird.“