Einmal als Deutschlands beste Tierpflege-Auszubildende 2023 ausgezeichnet zu werden, damit hat Julia Schuhwerk sicherlich nicht gerechnet, als sie vor etwa drei Jahren noch im Marketing arbeitete. Doch genau so kommt es nun, nachdem sie ihrem Leben während der Corona-Pandemie eine neue Richtung verpasst hat: Nachdem sie in diesem Jahr bereits als beste Auszubildende im IHK Bezirk Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim und als beste Auszubildende Niedersachsens ausgezeichnet wurde, folgt nun am Montag, 11. Dezember, noch die bundesweite Ehrung.

Grund für den Erfolg fernab der Heimat ist der Ort ihrer Ausbildung. Denn um ihr Handwerk als Tierpflegerin zu lernen, zog es sie vom Bodensee zum Tierpark Nordhorn im Norden Deutschlands. Nach ihrem Abschluss ist sie mittlerweile wieder nach Radolfzell zurückgekehrt und arbeitet im dortigen Tierheim. Die Freude über den Titel ist riesig, wie Julia Schuhwerk berichtet. Aber: „Fassen kann ich es immer noch nicht. Damit hätte ich nie gerechnet.“

Eigentlich arbeitete sie in einer ganz anderen Branche

Dass sie überhaupt Tierpflegerin geworden ist, stand für sie nicht immer fest. Nach der Schule absolvierte die heute 32-Jährige nämlich zuerst ein duales Studium im Bereich BWL und Tourismus und arbeitete danach sechs Jahre lang im Marketing, war in dem Bereich beim Sealife Konstanz tätig. Allerdings habe sie dabei festgestellt: „Nur Büro ist nicht meins.“

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Außerdem sei sie in Radolfzell mit Tieren aufgewachsen, ihre Großeltern hatten einen Bauernhof, zudem habe es zuhause Haustiere gegeben und sie nach dem Studium sogar ein halbes Jahr lang in einer Geparden-Auffangstation in Afrika gearbeitet. „Früher wollte ich auch immer Tierärztin werden“, sagt Julia Schuhwerk. Doch dann habe sie durch Schulpraktikum bemerkt, dass ihr auch Verwaltungsarbeit Spaß macht.

Unbefristete Stelle gekündigt und weggezogen

Schlussendlich überwog allerdings doch der Wunsch, mit Tieren zu arbeiten, und so wagte Julia Schuhwerk einen mutigen Schritt. Sie bewarb sich bei verschiedenen Zoos in Deutschland als Tierpfleger-Auszubildende, verließ ihre unbefristete Stelle und zog schließlich über 500 Kilometer weg. Bereut hat sie die Entscheidung nicht, wie sie berichtet. Sie freue sich über das, was die Tiere ihr zurückgeben.

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Während ihrer Ausbildung habe sie zum Beispiel mit Stachelschweinen zusammengearbeitet, die schlussendlich so viel Vertrauen zu ihr gewannen, dass sie ihr aus der Hand fraßen. „Es ist einfach toll, mit Tieren zu arbeiten“, betont Julia Schuhwerk.

Allerdings habe sie die Anforderungen und Komplexität der Ausbildung unterschätzt. Sie habe nicht nur rund um das Thema Futtermittel oder Pflege viel gelernt, sondern auch etwa zu den Themen Anatomie und Krankheiten. „Man ist in jedem Bereich tätig“, erzählt sie.

Nun soll sie in der Heimat die Leitung übernehmen

Dieses Wissen kommt ihr nun auch in ihrem neuen Job zugute, ebenso ihre Kenntnisse beim Thema Verwaltung. Seit dem Sommer gehört sie zum Team des Radolfzeller Tierheims. Natürlich sei dort einiges anders als im Zoo, angefangen bei der Pflege der Tiere bis hin zum Kontakt mit den Menschen, die Tiere abgeben oder aufnehmen möchten.

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„Aber man kann viel auf die Haustiere anwenden“, sagt Julia Schuhwerk über das Wissen, das sie während ihrer Arbeit im Zoo erworben hat. Dort habe sie mit Wölfen und Wildkatzen gearbeitet, im Tierheim mit Hunden und Katzen. Es sei geplant, dass sie die Tierheimleitung in Radolfzell übernehme. Dennoch betont sie: „Ich habe ganz viel von den Kollegen hier gelernt.“ Genauso bringe sie aber auch neue Ideen ein.

Immer mehr Tiere im Tierheim

Auch beim Tierheimteam herrscht Freude über die Zusammenarbeit: „Wir konnten es kaum erwarten, bis sie da war“, sagt Julia Bierbach, Vorsitzende des Tierschutzvereins. Zumal der Bedarf an Arbeitskräften groß ist, wie Julia Schuhwerk erzählt.

„Die Tiermenge nimmt extrem zu und auch die Anforderungen“, sagt die 32-Jährige. Es gebe etwa immer mehr Hunde, die durch Beißvorfälle auffallen, und viele freilebende Kätzchen, die eingefangen werden müssen. Zudem würden Tiere, die in der Corona-Zeit gekauft wurden, nun zum Teil wieder abgegeben, weil doch die Zeit für sie fehlt. „Es ist oft nicht weit gedacht“, sagt Julia Schuhwerk über so manche Entscheidung, sich ein Tier zuzulegen.

Die Folge im Tierheim: „Wir sind proppenvoll“ – auch, weil dringend ein Tierheimneubau benötigt wird. Als weitere Belastung für das Tierheim kommen gestiegene Tierarztkosten hinzu. „Und die Vermittlung ist gerade etwas schwierig“, so Julia Schuhwerk – es würden also weniger Tiere als sonst adoptiert.

„Wir sind unglaublich stolz“

Unabhängig davon herrscht beim Tierheim Freude über Julia Schuhwerks Auszeichnung zur deutschlandweit besten Tierpfleger-Auszubildenden. „Wir sind unglaublich stolz“, sagt Julia Bierbach stellvertretend für den gesamten Vorstand des Tierschutzvereins. „Wir freuen uns auf das weitere gemeinsame Tun.“

Die Ehrung Schuhwerks findet am Montag, 11. Dezember, in Berlin statt, wie Thomas Renner, Pressesprecher der Deutschen Industrie- und Handelskammer, auf Nachfrage bestätigt. Zu dem Anlass reist nicht nur Julia Schuhwerk mit zwei Familienmitgliedern in die Hauptstadt, sondern sie werde dort auch Vertreter des Tierpark Nordhorn wieder sehen, wie sie erzählt.