Die Aufregung ist den Hunden bereits auf dem Parkplatz am Waldrand bei Böhringen anzumerken. Unruhig tritt Rüde Merlin von einer Pfote auf die andere. Er wartet gespannt auf den Start des Trainings der Rettungshundestaffel der Radolfzeller DLRG und darauf, im Wald das Aufspüren vermisster Personen zu üben. „Das macht den Hunden wirklich Spaß“, sagt Petra Tretthahn, die stellvertretende Staffelleiterin.

Das ist auch gut so, denn wären die Hunde nicht bereitwillig bei der Sache, könne die Arbeit der Staffel nicht funktionieren, erklärt Staffelleiterin Natalie Oser. Doch was für die Hunde ein großer Spaß ist, hat einen ernsten Hintergrund. Denn im Ernstfall kann der Einsatz der Rettungshundestaffel über Leben und Tod entscheiden.

Flächensuchhunde sind keine Mantrailer

Alarmiert wird die Einheit nämlich dann, wenn Menschen vermisst werden und die Gefahr besteht, dass sie sich in Gebieten wie Waldstücken aufhalten – also etwa, wenn demente Senioren aus Pflegeheimen verschwinden oder wenn Hilferufe aus einem Wald gemeldet werden. Es handelt sich um sogenannte Flächensuchhunde – und die unterscheiden sich von Spurensuchhunden, auch Mantrailer genannt.

Sie rücken im Ernstfall aus (von links): Gertrud Bergsch-Gangloff mit Hündin Gioia, Petra Tretthahn mit Hund Neo, Wolfgang Karrer mit ...
Sie rücken im Ernstfall aus (von links): Gertrud Bergsch-Gangloff mit Hündin Gioia, Petra Tretthahn mit Hund Neo, Wolfgang Karrer mit Hündin Elli, Natalie Oser mit Hündin Civa, Andrea Broßart mit Hund Merlin und Gabi Karrer mit Hündin Fee machen einen Teil der Rettungshundestaffel der Radolfzeller DLRG aus. Komplettiert wird die Einheit von Iris Schöpf, Kerstin Rieger und Marc Thomas. In Ausbildung oder Probezeit befinden sich aktuell Tanja Stetter, Lena Eidt und Selina Holzki. | Bild: Marinovic, Laura

„Unsere Hunde suchen alle Menschen, die im Wald in hilfloser Lage sind“, erklärt Petra Tretthahn den Unterschied. Während Mantrailer nach einem ganz bestimmten Menschen suchen und dafür dessen Fährte aufnehmen sollen, seien die Flächensuchhunde darauf trainiert, im Wald generell Menschengeruch aufzuspüren. Ihre Hundeführer machen sie dann allerdings nicht auf alle Spaziergänger, sondern nur auf ganz bestimmte Personen aufmerksam. Sie reagieren auf Menschen, die augenscheinlich hilflos sind, also zum Beispiel auf dem Boden liegen oder hocken.

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Damit die Hunde das auch als Notlage erkennen, lernen sie die verschiedenen Situationen in der Ausbildung kennen. Wichtig sei, dass die Arbeit der Hunde mit Spaß und Leckerlis begleitet werde, betont Andrea Broßart, ebenfalls Staffelleiterin. Damit die Hunde die Suche nach Menschen mit etwas Positivem verbinden, ende das Training stets mit einem positiven Erlebnis – also einer geglückten Suche und einem Leckerli.

So geht die Rettungshundestaffel auch im Ernstfall an die Suche: Wird ein Mensch vermisst, wird den Einsatzkräften und ihren Hunden ein ...
So geht die Rettungshundestaffel auch im Ernstfall an die Suche: Wird ein Mensch vermisst, wird den Einsatzkräften und ihren Hunden ein bestimmtes Suchgebiet zugeteilt, das sie dann durchkämmen. | Bild: Marinovic, Laura

Im Ernstfall werde der Rettungshundestaffel ein bestimmtes Gebiet zugeteilt, um darin nach Vermissten zu suchen. Das kann sich auch außerhalb des Landkreises Konstanz befinden. Dabei ist auch die Zusammenarbeit mit anderen Einheiten möglich: „Je mehr Nasen man hat, desto besser“, erklärt Andrea Broßart. Und je mehr das Suchgebiet aufgeteilt werde, desto besser, ergänzt Petra Tretthahn. Denn die Suche sei für die Hunde richtig anstrengend, allzu lange am Stück können sie also nicht suchen.

Wie funktioniert die Suche?

Für eine möglichst effiziente Suche stellen sich die Teams der Hundestaffel mit Abstand hintereinander auf und dringen dann in den Wald vor. Dabei gehen die Hundeführer geradeaus und schicken ihre Tiere ständig nach links und rechts zwischen die Bäume. Nehmen die Hunde eine Witterung auf und finden einen Mensch in Notlage, so laufen sie auf diesen zu und bellen laut.

Suche im Wald Video: Marinovic, Laura

„Ein Hund arbeitet immer mit dem gleichen Hundeführer zusammen“, sagt Petra Tretthahn – also mit seinem Herrchen oder Frauchen. Denn bei den Hunden handelt es sich um die jeweiligen Haustiere der Einsatzkräfte, sie gehören nicht der DLRG.

Weil die Hunde nicht angeleint sind, sondern selbstständig den Wald durchsuchen, sind an den Kenndecken, die sie tragen, unterschiedlich klingende Glöckchen und verschiedenfarbige Lichter angebracht. So können die Hundeführer ausmachen, wo gerade welcher Hund unterwegs ist – auch im Dunkeln.

Wolfgang Karrer (mit Hündin Elli) demonstriert, wie die Hundeführer die Windrichtung bestimmen – nämlich mit Pulver, das jedes Team bei ...
Wolfgang Karrer (mit Hündin Elli) demonstriert, wie die Hundeführer die Windrichtung bestimmen – nämlich mit Pulver, das jedes Team bei sich trägt. | Bild: Marinovic, Laura

Wer kann Teil der Einheit werden?

Aktuell verfüge die Rettungshundestaffel in Radolfzell über acht aktive Mensch-Hund-Teams sowie vier in Ausbildung, die aus dem gesamten Landkreis kommen. Grundsätzlich stehe es allen Hundebesitzern frei, mit ihren Tieren vorbeizuschauen, sich die Arbeit vorstellen zu lassen und probeweise mitzumachen. „Dann zeigt sich relativ schnell, kann der Hund das leisten“, so Broßart – und auch der Besitzer.

So sieht es aus, wenn die Rettungshundestaffel sich im Ernstfall für die Suche bereit macht: Die Hundeführer und ihre Hunde stellen sich ...
So sieht es aus, wenn die Rettungshundestaffel sich im Ernstfall für die Suche bereit macht: Die Hundeführer und ihre Hunde stellen sich mit Abstand in einer Reihe auf. | Bild: Marinovic, Laura

Denn die Arbeit in der Rettungshundestaffel erfordert unter anderem Zeit. Zweimal in der Woche wird trainiert und im Ernstfall kann es sein, dass auch mal mitten in der Nacht oder während der Arbeit alarmiert wird. Dann sei man auch darauf angewiesen, vom Arbeitgeber freigestellt zu werden. Wie oft das vorkommt, ist unterschiedlich: In diesem Jahr sei die Hundestaffel dreimal alarmiert worden, 2023 sechsmal. Hinzu kommt, dass die Teams alle zwei Jahre eine Prüfung ablegen müssen, um aktiv am Einsatz teilnehmen zu können.

Die Rasse der Hunde sei relativ egal, allerdings sollten die Tiere nicht zu klein und nicht zu groß sein, da sie sich im Einsatz viel und auf unwegsamen Gelände bewegen müssen. Der Hund sollte außerdem gerne mit Menschen zusammenarbeiten und ein freundliches Wesen haben, sagen Broßart und Tretthahn.

Die Einsatzkräfte finanzieren sich hauptsächlich selbst

Wer sich nach dem Kennenlernen für diese Arbeit entscheidet, sollte DLRG-Mitglied werden, nicht nur aus Versicherungsgründen. Denn nicht nur die Hunde müssen ausgebildet werden, sondern auch die Hundeführer, unter anderem auch im Rettungsschwimmen. Rund zwei Jahre dauere die Ausbildung im Durchschnitt.

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Generell sei die Arbeit der Rettungshundestaffel ehrenamtlich, die Einsätze werden laut Petra Tretthahn auch nicht in Rechnung gestellt. Zwar gebe es Zuschüsse. Einsatzkleidung zahle zum Beispiel die DLRG. Allerdings finanzieren die Mitglieder hauptsächlich selbst, kommen etwa für ihre Hunde und Fahrtkosten auf. Darum sei man auch auf Spenden und Einnahmen aus Aktionen wie einem Adventsverkauf, der am Samstag, 30. November, von 9 bis 14 Uhr in der Markthallenstraße in Radolfzell stattfindet, angewiesen. Von der Hundesteuer sind die Tiere allerdings befreit.

„Einen gewissen Enthusiasmus muss man haben“, schlussfolgert Andrea Broßart bei dem erforderten Engagement. Und der ist bei der Rettungshundestaffel deutlich zu spüren.