Das Jahr unter Corona

Es sind die kleinen Dinge im Leben, die Leon Mehrens besonders fehlen. Auf die Fragen, was er in diesem Jahr am meisten vermisst, welche Erfahrungen er gemacht hat und was ihn gerade bewegt, antwortet Mehrens jedes Mal aufs Neue: „Es fehlt die Nähe.“

Es gebe kein Händeschütteln mehr und kein Umarmen, wenn die älteren Menschen Geburtstag haben. Das kommt bei 120 Senioren im Altenheim gar nicht so selten vor. „Wir sind hier eigentlich wie eine große Familie“, sagt Mehrens.

Er kennt seine Heimbewohner, verbringt mit ihnen und seinen Mitarbeitern die meiste Zeit. Und normalerweise wird da eine Menge gefeiert. „Da ist eigentlich überall Leben“, sagt Mehrens. Nachdenklich. Und auch wenig betroffen.

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Als Pro Seniore im Frühjahr den Besuch von außen komplett verbieten musste, um ältere Menschen und Pfleger vor der Ansteckung mit dem Virus zu schützen, hätten viele Heimbewohner „stark gelitten“, sich alleingelassen und eingesperrt gefühlt.

Für Mehrens war das schwierig: „Ich muss als Pflegedirektor etwas vorleben und meinen Mitarbeitern und unseren Bewohnern Sicherheit geben. Das war in diesem Jahr tatsächlich die größte Herausforderung“.

Vor allem auch, weil er menschlich das Bedürfnis hatte, Bewohner und Angehörige nicht allzu stark zu trennen. Zu einer unfreiwilligen Isolation älteren Menschen soll es diesen Winter deshalb nicht kommen. Coronakonforme Begegnungsstätten habe Pro Seniore schon geschaffen.

Was gut war an 2020

Mehrens erinnert sich vor allem an Zusammenhalt im Team. „Das Miteinander ist stärker geworden, weil wir gemeinsam gegen Corona kämpfen“. Und noch etwas ist dem Pflegedirektor aufgefallen: Seit Corona hat gibt es im Team deutlich weniger Krankmeldungen.

„Im Vergleich zu den Vorjahren sind die Krankheitstage unserer Mitarbeiter enorm zurückgegangen“, sagt er. Ob das am Tragen der Masken, an den Hygieneregeln im Alltag – oder gar am Umgang miteinander liege, kann Mehrens nicht beurteilen.

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Er findet dennoch die Vorstellung schön – dass man trotz erschwerter Arbeitsbedingungen – „bei uns so viel Kraft schöpfen kann, dass es auch das Wohlbefinden stärkt.“

Momente, die Mut machten

„Ganz berührend war unserer Videodreh.“ Schon vor dem eigentlichen Lockdown, als sich Corona in Deutschland anbahnte, beschwor Pro Seniore noch einmal das Gemeinschaftsgefühl.

Zusammen mit den Bewohnern des Heims wurde ein Song geschrieben – angelehnt an „We are the world“ von Michael Jackson und Lionel Richie – hieß es in den Zeilen ihres Liedes: „Wir sind die Rentner, wir sind die Pfleger, wir sind die Pro Seniore Residenz am Bodensee. Gemeinsam statt einsam. Wenn das Schicksal dir was nimmt, vertrau der Zeit.“

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Im provisorisch eingerichteten Tonstudio war das Lied eingeübt und schließlich mit allen Bewohnern und Pflegern auf der Dachterrasse, auf den Balkonen und vor den Fenstern des Altenheims gesungen worden.

Ein Moment, der sich vielen Bewohnern ins Gedächtnis brannte. „Wir haben das ganze als Video aufgenommen. Und immer wieder, auch heute noch, kommen die Bewohner zu mir und fragen mich, ob ich ihnen das wieder am großen Fernseher im Foyer noch einmal das Video zeigen kann.“

Damit sie dieses Gemeinschaftsgefühl wieder erleben. Damit es ihnen Trost spendet. Denn: „Die Erinnerung daran, kann ihnen keiner nehmen.“