Fehlender Wohnraum in Radolfzell ist nicht nur für Bürgerinnen und Bürger ein großes Thema. Er wirkt sich in letzter Konsequenz auch auf die Finanzen der Stadt aus. Für die von der Stadt betriebenen Anschlussunterbringung für Geflüchtete im ehemaligen Fitness-Studio in Neu Bohlingen ist nun der Auftrag für den geforderten Sicherheitsdienst ausgeschrieben worden.
Und der Einsatz von Sicherheitspersonal an sieben Tagen in der Woche für 24 Stunden am Tag mit je zwei Personen soll die Stadt für zwölf Monate 465.962,16 Euro kosten. Über diese Vergabe wird der Ausschuss für Verwaltung und Finanzen (VFA) in seiner kommenden Sitzung am Donnerstag, 29. Februar, ab 19 Uhr diskutieren.
Die Kosten wird die Stadt Radolfzell tragen müssen. Bei der Einrichtung der Anschlussunterbringung hatte die Stadt die Kosten für Sicherheit in die monatlichen Gebühren der Bewohner einkalkuliert, bis das Landratsamt Konstanz die Kostenübernahme verweigert hat. Die Gebühren mussten neu berechnet werden, die Stadt kann jetzt statt 914 Euro nur noch 400 Euro pro Person abrechnen. Die Kosten von fast 39.000 Euro pro Monat für Sicherheit werden nicht vom Jobcenter übernommen.
FGL möchte wissen, wozu ein 24/7-Sicherheitsdienst nötig ist
Schon zuvor gab es Diskussionen über die Notwendigkeit einer 24/7-Sicherheitsdienstleistung. Vor allem aus der Fraktion der Freien Grünen Liste. Doch Petra Ott, Leiterin des Fachbereichs Partizipation und Integration, betonte stets die Notwendigkeit eines ständig präsenten Sicherheitsdienstes. In der Vorlage zur Ausschreibung sind die Argumente ausführlich zusammengefasst.
So sei die Art der Unterbringung schon ein Grund für den Einsatz eines Sicherheitsdienstes. Das ehemalige Fitness-Studio sei keine Anschlussunterbringung, sondern eher wie eine Notunterkunft zu betrachten. Die 66 Personen, die dort aktuell untergebracht seien, hätten keine richtigen Räume, sondern nur Holzkabinen, die nach oben hin offen seien.
Fehlende Privatsphäre könnte für Konflikte sorgen
Auch die Situation der Sanitäranlagen sei so, dass diese zwar nach Geschlechtern getrennt sei, aber es keine individuell abschließbaren Räume gebe. Aufgrund der fehlenden Privatsphäre ergebe sich auch ein erhöhter Schutzbedarf für die Bewohner vor Angriffen und Gefahren, dem die Stadt Radolfzell als Betreiberin nachkommen müsse. Um vor allem die Sicherheit von Frauen und Kindern zu gewährleisten, werde pro Schicht jeweils ein Mann und eine Frau im Sicherheitsdienst eingesetzt.
Als weiteren Punkt führt die Sitzungsvorlage zur kommenden VFA-Sitzung die noch nicht in Betrieb genommene Brandmeldeanlage für die Einrichtung auf. Diese werde erst im Frühjahr aktiv geschaltet und so lange müsse Sicherheitspersonal rund um die Uhr an jedem Tag der Woche anwesend sein. Dies hätte sonst im Brandfall rechtliche Konsequenzen für den Betreiber der Einrichtung. Darüber hinaus würde die Baugenehmigung erlöschen.
Brandmeldeanlage muss auch betreut werden
Doch bedeute es nicht, dass sobald die Brandmeldeanlage installiert und eingeschaltet ist, der Sicherheitsdienst vernachlässigbar sei. Es müsse eine Person benannt sein, die im Alarmfall vor Ort die Lage prüfe und gegebenenfalls bei einem Fehlalarm, mit dem bei solch einer Brandmeldeanlage zu rechnen sei, die Anlage wieder zurücksetzt. Auch das könnte der Sicherheitsdienst übernehmen und so das kosten- und zeitintensives Anrücken der Feuerwehr vermeiden.
Laut Stadt habe der Einsatz von Sicherheitspersonal noch einen weiteren Vorteil: Man bekomme früh mit, wenn einer der Bewohner auffällig sei oder wenn es einen besonderen Bedarf gebe. Da alle der Stadt Radolfzell zugewiesenen Geflüchteten erst einmal in der Unterbringung Neu Bohlingen aufgenommen werden würden, helfe dieser Umstand bei der weiteren Verteilung auf eventuell anderen frei werdenden Wohnraum oder das Hinzuholen von Behörden zur weiteren Unterstützung.
Ein KOD kann nicht die Alternative sein
Ferner soll es in der Ausschusssitzung auch um einen Prüfauftrag der Freie-Wähler-Fraktion gehen. Diese hatten im Rahmen der Haushaltsdebatte gefordert, die Rechnung zu machen, ob es nicht günstiger wäre, statt einer externen Sicherheitsfirma einen Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) mit vier neuen Stellen bei der Stadtverwaltung zu schaffen. Dieser könnte dann für die Anschlussunterbringung zuständig sein.
Laut Sitzungsvorlage würden die vier Vollzeitstellen 275.000 Euro zuzüglich Nacht-, Feiertags- und Schichtzulagen kosten. Allerdings könne man den KOD nicht zum Objektschutz einsetzen, sondern er sei für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zuständig.