Es könnte das Schnäppchen auf dem aktuellen Immobilienmarkt werden – oder auch nicht. Die Villa Sernatinger auf der Mettnau kommt nun offiziell auf den Markt. Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig und ohne Diskussion über die von der Verwaltung vorgeschlagenen Vergabekriterien abgestimmt. Und diese besagen, dass das historische Gebäude samt Grundstück für 30 Jahre zur Wohnnutzung im Erbbaurecht vergeben werden soll. Das soll freibleibend gegen Höchstgebot des Erbbauzinses erfolgen.
Dabei ist das alleinstehende Grundstück mit Seezugang offenbar deutlich wertvoller als das Gebäude selbst. Denn die Villa, in der einst Oberbürgermeister und andere Persönlichkeiten der Stadt lebten, hat lange ihren einstigen Glanz verloren. Ein Verkehrswertgutachten vom Sommer dieses Jahres hat einen Gebäudewert von 520.000 Euro ermittelt. Eine Villa für knapp eine halbe Million Euro könnte man bei der aktuellen Preislage im Immobilienbereich durchaus als günstiges Angebot bezeichnen.
Denkmalschutz macht Sanierung teuer und aufwändig
Ein Interessent müsste bei einem Zuschlag für die Villa Sernatinger eine Gebäudewertentschädigung in Höhe von 260.000 Euro zu bezahlen. Das entspräche 50 Prozent des gutachterlich ermittelten Verkehrswertes. Wegen des Denkmalschutzes wäre eine Sanierung des Gebäudes mit Mehrkosten verbunden, heißt es in dem Gutachten.
Eine eigentliche notwendige Generalsanierung der Villa würde deren Wert übersteigen, sodass man bei der Berechnung des Verkehrswertes nur von den dringlichsten Maßnahmen ausgehe, damit das Gebäude bewohnbar werde. Dazu gehöre eine Teilsanierung des Daches. Zusätzlich benötige das Gebäude eine Grundreinigung sowie Renovierungsarbeiten in den Räumen. An einer Stelle hatte es in der Vergangenheit auch einen Wasserschaden gegeben, dieser müsste ebenfalls behoben werden.
Doch soll die Villa nicht in diesem Zustand bleiben. Der Käufer sei verpflichtet, die Villa Sernatinger innerhalb von drei Jahren umfassend auf eigene Kosten energetisch zu sanieren, heißt es in der Ausschreibung. „Die Sanierung eines wertvollen, denkmalgeschützten Objektes erfordert besondere Aufmerksamkeit und Fachkenntnis – die Ergebnisse des Planungsprozesses können nicht exakt im Vorfeld bestimmt werden“, schreibt die Verwaltung in der Sitzungsvorlage. Genaue Vorgaben wolle sie Stadt da aber nicht machen, da es viele Möglichkeiten zur Umsetzung der Vorgaben gebe. Nur so viel steht noch drin: Bei Nichteinhaltung der Vorgaben greife eine Vertragsstrafe.
Die Grundstücksfläche beträgt zirka 984 Quadratmeter. Der aktuelle Bodenrichtwert in diesem Gebiet liegt für Wohnbauflächen bei 2700 Euro pro Quadratmeter brutto, inklusive Vermessungskosten, Erschließungs- und Abwasserbeiträgen. Der Grundstückswert liegt demnach bei rund 2,6 Millionen Euro. Ein üblicher Erbbauzins von 4 bis 5 Prozent für Wohngebäude würde einen jährlicher Zins von 106.200 bis 132.800 Euro ergeben.
13 Interessenten warten bereits auf die Ausschreibung
Interessenten gibt es auch schon für die Villa Sernatinger. Nach der ersten Berichterstattung im SÜDKURIER im Juni dieses Jahres erreichten nicht nur zahlreiche Mails die Redaktion, die mehr Informationen über die Immobilie auf der Mettnau haben wollten. Auch bei der Stadt Radolfzell haben sich inzwischen 13 Personen auf eine Interessentenliste setzen lassen, die ganz konkret über die Ausschreibung informiert werden möchten, wie Emmanuel Flierl, Fachbereichsleiter Wirtschaftsförderung und Liegenschaften, während der Sitzung erklärte.
Das Gebäude sei explizit nur zur Wohnnutzung ausgeschrieben. Andere Nutzungen des Gebäudes wie für medizinische, therapeutische, kulturelle oder künstlerische Zwecke oder die Nutzung als Büroräumlichkeiten seien laut dem Bebauungsplan für den Bereich nicht zulässig. Wer den Zuschlag erhält, der muss entweder selbst drin wohnen oder die Villa anderen als Hauptwohnsitz vermieten. Eine Vermietung als Ferienhaus oder Zweitwohnsitz soll vertraglich ausgeschlossen werden.
Die Ausschreibung erfolgt über die Plattform Baupilot. Die Dauer der Ausschreibung wird auf drei Monate festgelegt.