Wer in Radolfzell nächste Woche vom Fahrrad fliegt oder sich mit dem Hammer auf den Daumen schlägt, für den ist das Krankenhaus Radolfzell keine gute Anlaufstelle mehr. Der Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN) schließt zum 1. August die Chirurgische Ambulanz. Aufsichtsratsvorsitzender Landrat Zeno Danner und Geschäftsführer Bernd Sieber vom GLKN bestätigen damit Informationen, die dem SÜDKURIER vorliegen. Die Entscheidung über die Einstellung des Angebots einer Chirurgischen Ambulanz in Radolfzell sei im Aufsichtsrat, nicht im Kreistag getroffen worden.
Notfallbetrieb scheitert an Personalmangel
Zu den Gründen sagen Landrat und Geschäftsführer, die Verringerung des Angebots chirurgischer Leistungen habe bereits mit der Entscheidung von Chefarzt Wolff Voltmer begonnen, das Krankenhaus in Radolfzell zu verlassen. Hinzu seien weitere Kündigungen von chirurgischem Facharztpersonal gekommen, die eine 24-Stunden-Dienstabdeckung an sieben Tagen nicht mehr ermöglicht hätten. „Ein Notfallbetrieb ist damit nicht mehr aufrecht zu erhalten“, heißt es in der Antwort auf unsere Anfrage.
Bislang seien nur die Bereiche informiert worden, welche in der Regel Patienten zu Notfallversorgung ins Hegau-Bodensee Klinikum Radolfzell brächten wie Rettungsdienste oder Praxen sowie die Campingplätze und Strandbäder.
Wo Patienten ab 1. August Hilfe finden
Um Berufs- und Schulunfälle am Standort Radolfzell weiter abdecken zu können, habe der Gesundheitsverbund das Gespräch mit der Praxis Schmid vom ambulanten OP-Zentrum Radolfzell gesucht. Das OP-Zentrum könne diese Art der Unfälle abdecken. Zudem sei eine Notfallversorgung am Klinikum in Radolfzell weiter vorhanden – „besetzt mit Internisten“.
Landrat und Geschäftsführer betonen: „Die chirurgische Notfallversorgung findet rund um die Uhr an den Standorten Konstanz und Singen statt – mit dem breiten Angebot moderner Diagnostik und allen operativen Möglichkeiten.“
Es wird weiter in Radolfzell operiert
Die Schließung der Chirurgischen Ambulanz bedeute aber nicht, dass in Radolfzell nicht mehr operiert werde. „Die Entwicklungsperspektive wurde und wird im Bereich des ambulanten Operieren gesehen. Die bedeutet das Angebot planbarer Eingriffe im chirurgischen Bereich“, schreiben Danner und Sieber. Fachbereiche aus dem Hegau-Bodensee-Klinikum Singen sowie niedergelassene Praxen aus Radolfzell kämen zum ambulanten Operieren in das Haus auf der Mettnau.
Auf die Frage, ob das Krankenhaus Radolfzell ohne Chirurgische Ambulanz noch ein Haus der Grundversorgung sei, verweisen die Verantwortlichen auf den Landeskrankenhausplan: „Das Hegau-Bodensee-Klinikum Radolfzell wird gemeinsam mit dem Hegau-Bodensee-Klinikum Singen als einheitliches Krankenhaus mit 640 Betten geführt. Eine Veränderung des Status in der in Baden-Württemberg ohnehin eher inoffiziellen Einstufung findet daher nicht statt.“
Der Betriebsrat des Standorts sei umfassend informiert und hätte wie Aufsichtsrat und Geschäftsführung gerne eine andere Lösung gesehen.
Verantwortliche wehren sich gegen das Wort „Zerschlagung“
Geschäftsführung und Aufsichtsratsvorsitzender des GLKN wehren sich gegen eine Darstellung, die Aufgabe der Chirurgischen Ambulanz sei ein Indiz für eine schnelle Zerschlagung des Standorts Radolfzell. Im Strukturgutachten für den Gesundheitsverbund ist vorgeschlagen worden, die Häuser in Radolfzell und Singen aufzugeben und stattdessen eine komplett neue Klinik zu bauen.
„Es kann keineswegs von einer Zerschlagung gesprochen werden. Aufsichtsrat und Geschäftsführung müssen stets für eine umfassende Versorgung an einem Krankenhaus Sorge tragen“, so Danner und Sieber. Durch die Verlagerung des entsprechenden Angebots nach Singen und Konstanz sei die Versorgung der Einwohner sichergestellt.
Warten auf einen Standortvorschlag aus Radolfzell
Auf die Frage, ob der ganze Standort Radolfzell noch in diesem Jahr durch den Gesundheitsverbund geschlossen werde, lautet die kurze Antwort: „Nein.“ Landrat Danner versichert am Telefon, er habe das Wort „Schließung“ ausdrücklich nie in den Mund genommen.
Der Landrat dringt noch einmal darauf, den Gesamtzusammenhang zu betrachten: „Wir wollen in einer neuen Klinik gute Arbeitsverhältnisse schaffen, egal ob auf Singener oder Radolfzeller Gemarkung.“ Nach dem ersten Standortvorschlag aus Singen für eine neue Klinik warte er nun darauf, dass es einen Vorschlag aus Radolfzell gebe.