Es ist eine erschreckend hohe Zahl: In Deutschland sterben laut der Björn Steiger Stiftung jährlich etwa 100.000 Menschen aufgrund eines plötzlichen Herztodes. Um Betroffenen im Notfall zu helfen, ist eine schnelle medizinische Versorgung wichtig. In Radolfzell sei der Rettungswagen normalerweise in unter zehn Minuten da, erzählt Martin Zinsmaier vom DRK Kreisverband. Aber in einigen Gemeinden, etwa Öhningen, sei das nicht möglich, da sie zu weit von Rettungsstandorten entfernt sind. Und selbst zehn Minuten ohne Erste Hilfe seien oftmals für die Patienten zu lang: „Man sagt, nach drei bis fünf Minuten ohne Sauerstoff fangen die Gehirnzellen an, abzusterben“, so Zinsmaier. Mit Wiederbelebungsmaßnahmen sollte darum am besten sofort nach Auftritt der Probleme begonnen werden.
Helfen können auch Laien-Defibrillatoren, die an öffentlich zugänglichen Orten zu finden sind. „Die Überlebenschancen steigen mit einem Defibrillator extrem“, sagt Martin Zinsmaier. Auch in Radolfzell gibt es davon einige, etwa am Bahnhof, vor der AOK-Geschäftsstelle in der Sankt-Johannis-Straße und bei den Stadtwerken. Für die Wartung dieser drei Geräte ist das DRK zuständig, alle zwei Jahre müssen laut Zinsmaier die Aufkleber für die Elektroden ausgetauscht werden, etwa alle fünf die Akkus. Die Kosten trage die Radolfzeller Bürgerstiftung.
Etwas anderes beschäftigt das DRK dagegen weitaus häufiger: Vandalismus. „Das passiert wirklich regelmäßig“, bedauert Martin Zinsmaier. Zum Zeitpunkt des Gesprächs sei der Kasten des Defibrillators am Bahnhof kaputt und auch bei der AOK sei am Kasten die Scheibe eingeschlagen worden. Pro Jahr komme es „locker zwischen 20 und 40 Mal“ zu Vandalismus in Radolfzell. Seit es keine Ausgangsbeschränkungen mehr gebe, nehmen die Fälle wieder zu, erzählt Zinsmaier. Das sorge nicht nur für Kosten bei der Reparatur, sondern auch durch die Fehlfahrten, denn wenn der Defibrillator entnommen werde, werde automatisch die Leitstelle über einen Notfall informiert. Außerdem müsse jemand das Gerät wieder scharf stellen. Ein unnötiger Kosten- und Zeitaufwand.
Vandalismus-Vorfälle nehmen zu
Am häufigsten betroffen sei der Defibrillator bei der AOK. „Der ist es wirklich in 90 Prozent der Fälle“, sagt Martin Zinsmaier. Er schätzt, dass das mit der exponierten Lage des Geräts zusammenhänge, dieses sei schließlich gut sichtbar aufgehängt. Mittlerweile nehmen die Vorfälle derart überhand, dass das DRK nicht mehr hinterher komme. Man stehe daher in Kontakt mit der Bürgerstiftung, um zu klären, ob diese sich um die kaputten Kästen kümmern könne und nur die Defibrillatoren selbst in der Zuständigkeit der DRK verbleiben.
Defibrillatoren können Leben retten
Dabei sind Defibrillatoren enorm wichtig. Denn wenn es zu Herzrhythmusstörungen kommt, leiden die meisten Menschen an einem Kammerflimmern, berichtet Zinsmaier. „Und ich kann das von außen nicht erkennen“ – doch der Defibrillator könne es. Und er sei auch in der Lage, dieses Problem zu beheben. Der Vorteil: Der Defibrillator setze auch wirklich nur dann einen Stromschlag ab, wenn wirklich ein Kammerflimmern vorliegt – fälschlicherweise kann also kein Schock ausgelöst werden. Außerdem gebe das Gerät Laien genaue akustische Anweisungen, was im Ernstfall zu tun ist – vom Absetzen des Notrufs bis hin zu den Wiederbelebungsmaßnahmen.
Denn die müssen auch dann durchgeführt werden, wenn ein Defibrillator vorhanden ist. „Nur dann hat die Person wirklich eine Chance, und auch nur dann hat der Rettungsdienst wirklich eine Chance, diese zu retten“, betont Martin Zinsmaier. Bei der Herz-Lungen-Wiederbelebung solle 30 Mal auf den Brustkorb gedrückt und dann zweimal beatmet werden, bevor der Zyklus wieder von vorne beginne. „Aber wer gelernt hat, dass er 15 Mal drücken und dann zweimal beatmen soll, kann das auch tun. Wichtig ist, dass man überhaupt etwas macht“, sagt Zinsmaier. Und wichtig sei, dass die Wiederbelebungsmaßnahmen auch wirklich so lange durchgeführt werden, bis der Rettungsdienst ablöst – nicht nur, bis dieser eintrifft. Weil das Drücken anstrengend sei, werde empfohlen, sich alle zwei Minuten mit einem anderen Helfer abzuwechseln. Umstehende sollten daher nicht weggehen, wenn sie sehen, dass ein Patient bereits versorgt werde, sondern fragen, ob sie helfen können.
Bislang sei weder ihm, noch dem Leitstellenleiter Uwe Rudolf ein Fall bekannt, in dem die drei Defibrillatoren, für die das DRK in Radolfzell verantwortlich ist, bei einem Notfall zum Einsatz kamen, berichtet Zinsmaier. „Aber wir sind ja froh, wenn man sie nicht braucht aber trotzdem hat.“