Bekannt ist die Reichenau als Kloster- und Gemüseinsel. Auch Wein und Fisch sind typische und traditionelle Produkte. Neben diesen Klassikern gibt es seit kurzem aber auch ein neues Produkt: Zigarren. Vaholago heißt die Marke, was auf Deutsch der Dunst des Sees bedeutet.
Produziert werden die braunen Tabakrollen von der Klein-GmbH MW Tabakwaren Bodensee. „Zigarettenraucher werden weniger, Zigarrerauchen zieht an“, meint Vincent Maurer, der als Geschäftsführer fungiert – und selbst lieber Zigaretten raucht. Sein Co-Gesellschafter Rainer Wedelich sei sogar Nichtraucher. Aber: „Ich habe viele Freunde, die Zigarren rauchen.“ Diese hätten als Testraucher die ersten Exemplare gequalmt, als es anfangs darum gegangen sei, die richtige Mischung der Tabaksorten zu finden, den so genannten Blend.
Zigarre – ein Statussymbol
Gerade junge Leute würden gern mal eine Zigarre rauchen und dies als eine Art Statussymbol begreifen, weil diese edler und teurer seien als Zigaretten, so die Wahrnehmung von Vincent Maurer. Da gönne sich mancher eine Zigarre vor allem zu festlichen Anlässen. „An Weihnachten und Silvester ist Hochzeit für Zigarren.“
In der Tat: Billig sind die Reichenauer Zigarren mit dem Namen Petit Corona nicht. 11,80 Euro kostet ein Exemplar, in der etwas aufwändigen Verpackung im Glasröhrchen mit Korken und in Karton sogar 14,70 Euro. Das sei schon ein gehobenes Preisniveau, was an den Lohnkosten und hohen Abgaben in Deutschland liege, erklärt Vincent Maurer. Der Zoll kontrolliere dies alles genau.
Bislang werden die Reichenauer Zigarren von einer Kubanerin in Hamburg von Hand produziert, einer professionellen Zigarrenrollerin. Es gebe in Deutschland wenige, die das richtig könnten, erklärt Vincent Maurer. Man suche noch einen Roller in der Region.
Auf die Idee mit dem Tabakanbau sei er gekommen, als ihm Freunde von der Ostalb davon erzählten, führt Vincent Maurer aus, der eigentlich im Großhandel mit Stahl tätig ist. Da habe er gedacht, wenn das auf der Ostalb gehe, dann ja wohl erst recht auf der Reichenau mit ihren fruchtbaren Böden und dem milden Klima. Er habe den Gärtner Rainer Wedelich gefragt, und zusammen habe man sich im Internet Setzlinge besorgt und probiert, was man daraus machen kann.
Das war 2019. Mittlerweile ist die Machart zwar professioneller, doch alles in recht kleinem Rahmen. Tabak angebaut wird gerade mal auf einer Fläche von zirka 0,2 Hektar – in einem kleinen Gewächshaus und im Freiland auf einem Mini-Acker ganz im Westen der Insel. Zum Trocknen aufgehängt und fermentiert werden die Tabakblätter in einer Garage, in der früher Gemüse gewaschen worden sei. Als Lager dient ein ganz normaler Keller. Und der Vertrieb laufe vor allem über die Homepage der Klein-GmbH. Einen Hausverkauf gebe es nicht. „Gelohnt hat es sich bisher noch nicht“, sagt Vincent Maurer. „Es wird zwar immer mehr, aber wir sind noch auf einem niedrigen Niveau.“ Immerhin rund 4000 Zigarren würden pro Jahr produziert.
Aufwändiges Hobby
Es handelt sich um ein recht aufwändiges Hobby. Zunächst einmal bräuchten die Pflanzen vier Monate Wachstum, wobei man Tabak nur im Sommer anbauen könne. Man verwende bisher nur karibische Tabaksorten, die auf der Reichenau gut wachsen, weshalb man auch den spanischen Namen Vaholago gewählt habe. Zur Bekämpfung von Schädlingen setze man – wie die Gemüsegärtner – Nützlingsinsekten wie Schlupfwespen ein.
Und wie schmeckt so eine Reichenauer Petit Corona? Vincent Maurer: „Ich finde es schwierig, den Geschmack zu beschreiben. Die meisten vergleichen sie mit dominikanischen Zigarren, also milder als kubanische.“ Das finde er auch gut, weil die Petit Corona auch für Leute geeignet sein solle, die nicht so oft Zigarre rauchen. „Da könnten kräftigere zu stark sein.“ Ungesund ist es natürlich trotzdem, wie Vincent Maurer einräumt, nach seiner Ansicht „aber nicht so wie Zigaretten“.
Ob der Tabakanbau auf der Reichenau und die Zigarrenproduktion irgendwann mal mehr wird als ein Hobby, weiß Vincent Maurer nicht. „Schauen wir mal. Wir bauen das langsam auf“, sagt er. Denn neben der Schwierigkeit, professionelle Roller zu finden, seien auch die Anbauflächen auf der Insel begrenzt. Und die würden nach wie vor vor allem für Gemüse gebraucht.