Die Kirche ist in der Krise: Immer wieder wurden Skandale bekannt, die Schäfchen werden weniger und die Hirten auch. Trotzdem haben sich Matthias Friemel aus Worblingen und Simon Gleichauf aus Rielasingen-Arlen dafür entschieden, ihr Leben Gott zu widmen und in den Dienst der katholischen Kirche zu stellen. Matthias Friemel wird am 5. Mai in Freiburg zum Priester geweiht. Simon Gleichauf wird am 16. Juni zum Diakon geweiht und hat ebenfalls das Ziel, Priester zu werden.
Matthias Friemel wird der Einzige in der Erzdiözese sein, der jetzt den Beruf antritt. Das bedauert er, seine Berufswahl stellt das aber nicht infrage. „Ich bin natürlich nicht der Einzige, der in der Erzdiözese Freiburg Priester werden möchte, wir sind über alle Jahrgänge gesehen 20 Anwärter“, erklärt der 29-Jährige, der aus Worblingen stammt. Früher seien es aber 20 in einem Jahrgang gewesen.
Die Entscheidung für den Beruf des Priesters ist für Matthias Friemel das Ergebnis seines bisherigen Lebenswegs. Der Grundstein für seinen Glauben sei schon in seiner Kindheit in der Familie gelegt worden. „Ich habe in meiner Familie den Glauben kennengelernt, sei es beim gemeinsamen Beten oder Bibel lesen“, berichtet er. Nach seiner Erstkommunion in Worblingen sei er Ministrant geworden.
Glaubensfragen beschäftigen ihn früh
Ihn habe schon damals interessiert und beschäftigt, was die Handlungen während eines Gottesdienstes bedeuten. Das seien immer auch theologische Fragen gewesen danach, was wir glauben und was dahinter steckt. Während der Schulzeit im Hegau-Gymnasium stand ein Beruf in der Kirche aber erst einmal nicht zur Debatte.
Das Thema kam erst wieder auf, als er im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes in einem Gästehaus des CVJM (Christlicher Verein Junger Menschen) tätig war. Dort lebte er mit anderen jungen, gläubigen Menschen in einer Wohngemeinschaft. Weil er dort der einzige katholische Jugendliche war, beschäftigte ihn die Frage nach den Unterschieden der Glaubensrichtungen und es kam der Gedanke auf, Theologie zu studieren. Auch die positiven Erfahrungen mit dem Pfarrer in seiner Heimatgemeinde hätten ihn bestärkt.
2017 trat er nach seinem Studium der Theologie in Geißen ins Priesterseminar ein. Seine Ausbildung beinhaltete einen fünfwöchigen Aufenthalt in Israel und zwei Semester in Salamanca in Spanien. 2022 schloss er den Pastoralkurs ab und trat im Juni 2023 eine Stelle als Diakon an. „Über die Jahre hat sich gezeigt, dass es der richtige Weg für mich ist“, erklärt Matthias Friemel.
Es ist eine Lebensentscheidung gegen eigene Familie
Dass die Entscheidung, Priester zu werden, eine Lebensentscheidung ist, die beinhaltet, auf eine eigene Familie und Sexualität zu verzichten, sei ihm bewusst. Diese Themen würden auch in der Ausbildung besprochen. Deshalb sei ihm sein soziales Umfeld sehr wichtig: Der Rückhalt in seiner Familie und Freunde, mit denen er sich austauschen kann.
„Man weiß nie, wie sich das Leben entwickelt, aber ich habe die feste Absicht, das zu leben“, erklärt der 29-Jährige. „Die Arbeit macht mir Spaß. Für die Menschen da zu sein und den Glauben in der Gemeinschaft zu leben, ist mir wichtig“, so der angehende Priester.
Wenn er Freunden von seiner Berufswahl erzähle, reagierten die nicht erstaunt. Für sie selbst käme der Beruf nicht infrage, aber die Reaktion sei meist: „Bei dir kann ich mir das vorstellen.“ Er sei bisher mit seiner Entscheidung immer auf Respekt, Interesse und Verständnis gestoßen.
Der Tatsache, dass sich viele Menschen von der Kirche abwenden, will er etwas Positives entgegensetzen. Was die Missbrauchsfälle angeht, da gebe es nichts schönzureden. Er habe aber nur positive Erfahrungen mit der Kirche gemacht und diese wolle er weitergeben. „Ich will zeigen, dass ich von meinen Glauben überzeugt und offen für die Begegnung mit allen Menschen bin“, sagt Matthias Friemel. Er freue sich darauf, Menschen auch in schwierigen Lebenssituationen zu begleiten und Hoffnung zu geben. Der 29-Jährige ist jetzt gespannt, in welcher Gemeinde er nach der Priesterweihe zuerst eingesetzt wird.
Simon Gleichauf wird Diakon
Auch Simon Gleichauf aus Rielasingen-Arlen hat sich für den Dienst in der Kirche entschieden. Er hat Theologie in Freiburg und Jerusalem studiert und war zur Ausbildung zunächst in der Kirchengemeinde Mannheim-Süd tätig, inzwischen ist er in der Kirchengemeinde Rheinfelden beschäftigt. Als Diakon verrichtet er dort karitative Dienste, aber übernimmt auch Taufen, Trauungen, Beerdigungen und Predigtdienst sowie Religionsunterricht.
Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Priester sei seine Weihe zum Diakon am 16. Juni. Ihn fasziniere schon seit vielen Jahren der Glaube an Gott. „Ich habe viele Menschen kennengelernt, deren Leben durch den Glauben immens bereichert und verändert wurde“, erklärt der 29-Jährige.
Einige dieser Menschen hätten sich Zeit genommen, um ihn bei seinem Suchen und seinen Fragen zu begleiten. Der Auseinandersetzung mit dem Glauben verdanke er die Überzeugung, ein von christlicher Nächstenliebe und Freude geprägtes Leben führen zu können. „Vieles, was mich früher belastet hat, ist durch den Glauben schon heiler geworden“, sagt er.
Große Freude in der Gemeinde
Durch seinen Dienst in der Kirche wolle er die Frage nach Gott in der Gesellschaft wachhalten und das, was er erfahren habe, weitergeben. Existenzielle Erfahrungen wie Sterben, Einsamkeit oder Entwürdigung, aber auch bedingungsloses Angenommen-Sein und Beschenkt-Werden seien mit dieser Frage verbunden: „Hier möchte ich meine Glaubenserfahrungen und den Erfahrungsschatz der Bibel einbringen.“
Dass gleich zwei junge Männer aus der Kirchengemeinde Aachtal Priester werden wollen, sorge in der Gemeinde für große Freude, erklärt Diakon Carmelo Vallelonga. „Vor dem Hintergrund, dass die priesterliche Lebensform heutzutage selbst innerkirchlich kritisch angefragt wird, kann ihr mutiger Entschluss nur eines bedeuten: Gott ist weiterhin am Wirken“, glaubt er Diakon. „Ist es unvernünftig? Nein! Es ist Liebe!“, ist seine Überzeugung.