Zurück in die Zukunft – so könnte die Losung für den Verein zum Erhalt der Bahnstrecke Etzwilen-Singen (VES) heißen. Wo bis Mitte der 1990er-Jahre noch Dieselloks den Güterverkehr stemmten, schnaufen heute Dampfloks über die Gleise der Museumsbahn. Zuletzt am vergangenen Sonntag und schon bald wieder Anfang Oktober.

Über 25 Jahre später rattert 2022 eine imposante Dampflok am Fahrtag der Museumsbahn über die Schienen nach Etzwilen. Viel Einsatz war ...
Über 25 Jahre später rattert 2022 eine imposante Dampflok am Fahrtag der Museumsbahn über die Schienen nach Etzwilen. Viel Einsatz war notwendig um den Gleiskörper bis heute zu erhalten. | Bild: Sandra Bossenmaier

Aber als 1999 bekannt wurde, dass die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) die Strecke Singen-Etzwilen endgültig stilllegen wollen, begann ein Wettlauf mit der Zeit. Schweizerische und deutsche Behördenschienen schienen sich zu Beginn nicht zu treffen. Am Ende hat die Idee einer Museumsbahn sich durchgesetzt und der Erhalt des Gleiskörpers könnte nun sogar zum Grundstein für die Aktivierung eines Linienverkehrs werden.

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Für die staatlichen Bahngesellschaften hatte die Linie damals jeglichen Nutzen verloren. 1996 rollte der letzte Güterzug im Auftrag der SBB über die Schienen und nachdem die Hupac-Gütertransportgesellschaft nach Singen umgezogen war, fiel die Bahnlinie in einen Dornröschenschlaf.

Doch ein paar hundert Enthusiasten haben sich mit viel Geld und noch mehr Einsatz für den Erhalt der Strecke stark gemachen. Dabei ist der Erhalt stets kraftraubende Graswurzelarbeit geblieben und der Betrieb der Museumsbahn hat sich als diplomatischer Grenzfall für Dampflokomotiven herausgestellt.

Der Erhalt der Etzwiler Bahn ist stets kraftraubende Graswurzelarbeit geblieben. Hier greifen Franz Signer, Stefan Keller, Christoph ...
Der Erhalt der Etzwiler Bahn ist stets kraftraubende Graswurzelarbeit geblieben. Hier greifen Franz Signer, Stefan Keller, Christoph Brändli und Giorgio Behr von der Stiftung zum Erhalt der Bahnstrecke Singen-Etzwilen zum Werkzeug. | Bild: Biehler, Matthias

Fünf Initiativen kämpfen seit über 20 Jahren um den Erhalt der Etzwiler Bahn. Regelmäßig treffen sich Freiwillige, um die Eisenbahnstrecke Singen-Etzwilen betriebsbereit zu halten und Unkraut oder Gestrüpp zwischen den Gleisen zu entfernen. 2001 wurde der Verein gegründet – auch damit die Etzwiler Bahn nicht das Schicksal des Randenbähnle teilt. Dort wurde in den siebziger Jahren die Strecke komplett zurück gebaut.

Stecke wird sicher nicht wiederbelebt

An eine Wiederaufnahme des Fahrverkehrs ist darum heute nicht mehr zu denken. „Ohne die Privatinitiative hätte die SBB die letzte von ihr nicht elektrifizierte Eisenbahnstrecke in der Schweiz in aller Stille zurück gebaut und die Rheinbrücke Hemishofen minimal so lange unterhalten, bis die Behörden deren Abbruch zugelassen hätten“, ist der Unternehmer Giorgio Behr noch heute überzeugt. Dies zu verhindern war sein Ziel.

Deshalb hat er sich für den Erhalt stark gemacht – und dafür viele Mitstreiter gefunden. Drei Vereine und zwei Stiftungen kümmern sich bis heute um das eisenbahnhistorische Erbe. Denn neben dem wirtschaftlichen Nutzen hat die Schienenstrecke auch einen historischen Wert – und einen gesellschaftlichen.

„Unser großes Ziel war es stets, irgendwann auf dieser Linie wieder Nahverkehr zu realisieren“, erklärt Werner Wocher vom Verein zum Erhalt der Strecke (VES). Wie nah man diesem Ziel gekommen ist, zeigen die laufenden Gutachten, die inzwischen prüfen, ob eine Reaktivierung wirtschaftlich trägt.

Die Querung der Rheinbrücke bei Hemishofen ist der Höhepunkt jeder Dampfzugfahrt auf de Museumsbahnstrecke. 2011 wurde der Abschnitt ...
Die Querung der Rheinbrücke bei Hemishofen ist der Höhepunkt jeder Dampfzugfahrt auf de Museumsbahnstrecke. 2011 wurde der Abschnitt Ramsen-Rielasingen offiziell wieder in Betrieb genommen. | Bild: VES

Dabei hat die Entwicklung zunächst eine andere Richtung genommen. Rund ein halbes Jahrhundert ist es her, dass der Personenverkehr eingestellt wurde, vor knapp 20 Jahren wurde der Güterverkehr gestoppt. Doch an ein Abbau der Gleise kam für die Region nicht in Frage. „Es sind derzeit Überlegungen und Gespräche im Gange, wie man die Etzwiler Strecke erhält, damit sie als Museumsbahn genutzt werden könnte. Wir müssen uns ja überlegen, wie wir den Fremdenverkehr noch attraktiver machen.

Schienen nicht ohne Not abreißen

Man sollte die Schienen also nicht ohne Not abreißen“, erklärte der damalige Singener Bau-Bürgermeister Rüdiger Neef einst gegenüber dem SÜDKURIER. Da nehme man doch lieber weiterhin die holprigen Bahnübergänge in Kauf. Sein Blick ging schon damals Richtung Blumberg, wo die Sauschwänzlebahn seit einiger Zeit als Touristenattraktion betrieben wird.

Der Lückenschluss ist geglückt. Rund 20 Jahre nach Gründung des Vereins zum Erhalt der Strecke Etzwilen-Singen fährt wieder eine Lok ...
Der Lückenschluss ist geglückt. Rund 20 Jahre nach Gründung des Vereins zum Erhalt der Strecke Etzwilen-Singen fährt wieder eine Lok über den Kreisel an der Georg-Fischer-Straße. | Bild: MarkOrPlan, Agentur und Verlag

Die Geschichte der Bahnlinie ist schnell erzählt: Die damalige Schweizer Nationalbahn wollte 1875 die Monopolstellung der Schweizer Nordost- und Centralbahn mittels Umfahrung der großen Zentren brechen. Das Projekt scheiterte jedoch auf ganzer Linie.

Schon drei Jahre später war die Nationalbahn pleite und die Nordostbahn übernahm die Strecke, die später von der SBB übernommen wurde. 2004 wurde die Strecke stillgelegt. Geplant war, sie abzubrechen und die Grundstücke meistbietend zu verkaufen. Vor diesem Hintergrund wurden die Museumsbahnfreunde aktiv. Die wackeren Vereinsmitglieder haben schon einiges erreicht.

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2011 wurde der Abschnitt Ramsen-Rielasingen offiziell wieder in Betrieb genommen. Inzwischen ist sogar das bis zuletzt fehlende Gleisstück an der Georg-Fischer-Straße ersetzt und die Dampfloks können wieder bis nach Singen/Hauptbahnhof fahren. Zuversicht bleibt trotz aller Hürden. Denn was für die Museumsbahn gelte, gelte auch für den Verein: Man sei zwar nicht so schnell unterwegs, aber eben unaufhaltsam.