Hilzingen und Steißlingen haben eine, Rielasingen-Worblingen soll jetzt auch eine bekommen: Eine Containeranlage als Unterkunft für Geflüchtete. Nachdem die Leichtbauhalle als Notunterkunft des Landkreises Anfang des Jahres abgebaut wurde, weil weniger Flüchtlingen kamen, ist die Gemeinde bei der Anschlussunterbringung mit rund 150 Plätzen im Minus. Diese muss sie jetzt schnell stellen und kann dabei nicht auf den Landkreis zählen, deshalb fällte der Bürgermeister einen Eilentscheid.

„Die Flüchtlingszahlen sind rückläufig und der Neubau als Gemeinschaftsunterkunft damit überflüssig“, erklärt Bürgermeister Ralf Baumert ...
„Die Flüchtlingszahlen sind rückläufig und der Neubau als Gemeinschaftsunterkunft damit überflüssig“, erklärt Bürgermeister Ralf Baumert zu seinem Eilentscheid. | Bild: Maximilian Terwiel

Eigentlich wollte die Gemeinde in diesem Jahre einen Neubau als Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in der Clara-Jaschke-Straße hinstellen und hatte zum Thema Anschlussunterbringung auch einen Projektausschuss gegründet. Für den Neubau sollte ein Kredit über fünf Millionen Euro aufgenommen werden und die Unterkunft bis 2030 an den Kreis vermietet werden. Jetzt hat der Bürgermeister per Eilentscheid aber zwei Containeranlagen gekauft, über den er in der Sitzung am 9. April der Gemeinderat informieren will. Zusätzlich solle es am 28. April einer Bürgerinformation zu den Anlagen geben, erklärte Bürgermeister Ralf Baumert auf Nachfrage.

Hier stand die Leichtbauhalle gegenüber der Talwiesenhalle: Sie war seit Juni 2024 nicht mehr bewohnt und wurde Anfang des Jahres abgebaut.
Hier stand die Leichtbauhalle gegenüber der Talwiesenhalle: Sie war seit Juni 2024 nicht mehr bewohnt und wurde Anfang des Jahres abgebaut. | Bild: Weiß, Jacqueline

Zahl der ankommenden Geflüchteten geht zurück

Die Container-Lösung sei zum einen deshalb nötig geworden, weil die Zahl der Flüchtlinge zurückgeht und der Kreis den Neubau nicht mehr anmieten wolle. Das geht aus den Sitzungsunterlagen zur Gemeinderatssitzung am 9. April hervor. „Die Zahlen sind rückläufig und der Neubau als Gemeinschaftsunterkunft damit überflüssig“, erklärte Ralf Baumert. Gleichzeitig müsse die Gemeinde bis Ende Juni 150 Geflüchteten eine Anschlussunterbringung stellen. Diese zeitliche Vorgabe könne mit einem Massivbau nicht eingehalten werden. Als Alternative prüfte die Gemeinde den Kauf von gebrauchten Containeranlagen. Drei Firmen seien angefragt worden.

Die Gemeinde habe sich dann für eine zweigeschossige neue Containeranlage und eine dreigeschossige gebrauchte Anlage zum Preis von knapp zwei Millionen Euro entschlossen. Dort könnten 156 Geflüchtete untergebracht werden. Das Unternehmen habe laut der Vorlage zu einer schnellen Entscheidung gedrängt, weil sonst andere Interessenten zum Zug gekommen wären, erklärte der Bürgermeister.

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Aufgrund des zeitlichen Drucks, wegen dem auch keine Notsitzung des Gemeinderats einberufen werden konnte, habe der Bürgermeister in einer Eilentscheidung das Angebot angenommen. Es sei nicht nur das Wirtschaftlichste gewesen, die Container seien zudem auch schon als Flüchtlingsunterkunft ausgebaut und könnten bis Ende April aufgebaut werden. Außerdem sei das Unternehmen laut der Gemeinde bereit, die Container innerhalb von 15 Jahren zurückzukaufen. Wenn kein Bedarf mehr da sei, würden die Anlagen zurückgebaut.

Grüne stellen Fragen zur Eilentscheidung

Die Fraktion der Grünen hat zur Eilentscheidung eine Anfrage gestellt, in der sie unter anderem fragt, ob die Containeranlage sowohl als Anschlussunterbringung als auch als Gemeinschaftsunterkunft dienen könnte, ob sie auch wohnungslosen Familien Unterkunft böte und ob es Alternativen zur Container-Lösung gegeben hätte. Sie fragen auch, wie diese Lösung eine soziale Integration der Bewohner gewährleiste und wollte gern über langfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen der verschiedenen Lösungen informiert werden. Diese Fragen wollen Bürgermeister und Verwaltung in der Gemeinderatssitzung am 9. April ab 17 Uhr beantworten.

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Derzeit befinden sich 332 Geflüchtete in der Gemeinde, wie die Integrationsbeauftragte Anja Marosits in der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses informierte. Weitere 152 Menschen müsste die Gemeinde unterbringen, um die Gemeindequote zu erfüllen. Die Anschlussunterbringung sei daher auch das dringendste Problem. Die Mehrheit, 59 Prozent der Geflüchteten seien in Wohnungen untergebracht, die von der Gemeinde angemietet wurden.

82 Nationen leben in der Gemeinde

82 Nationen würden Stand Oktober 2024 in der Gemeinde leben, der Ausländeranteil betrage 16,3 Prozent. Den größten Anteil würden dabei die Italiener mit 21 Prozent ausmachen. Von den Menschen, die in den vergangenen zehn Jahren als Geflüchtete in die Gemeinde kamen, die meisten mit rund 50 Prozent aus der Ukraine stammen, gefolgt von den Syrern mit 27 Prozent.

Zum Thema Integration berichtete Anja Marosits, dass von 110 betreuten Menschen aus der Ukraine 83 Prozent einen Integrationskurs absolviert und 60 Prozent erwerbstätig seien. Hier habe man recht genaue Zahlen, weil diese Gruppe durch die ukrainische Muttersprachlerin Olena Dan betreut und recht gut erfasst sei. Die Geflüchteten würden in den ersten drei Jahre nach ihrer Ankunft durch das Integrationsmanagement betreut. Die Integrationsmitarbeiter hätten aber festgestellt, dass die Geflüchteten auch danach noch Hilfe bräuchten.

Notfallsprechstunde wird gebraucht

Deshalb sei eine Notfallsprechstunde einmal in der Woche eingerichtet worden. 31 Beratungsgespräche hätten 2024 in dieser Sprechstunde stattgefunden. In der Mehrzahl der Fälle sei es um die Finanzen gegangen. Die Beratung solle ab diesem Monat zweimal wöchentlich, auch für Obdachlose, stattfinden. CDU-Gemeinderat Volkmar Brielmann warnte, dass diese Beratung eigentlich eine Aufgabe des Kreises sei.

„Es ist eine pragmatische und wohnortnahe Lösung, wir können die Leute nicht hängenlassen“, erklärte die Integrationsbeauftragte. Reinhard Zedler (SPD) sprach sich dafür aus, dass sich die Kommunen für eine Migrationsberatung vor Ort einsetzen sollten. Er wünschte sich auch eine Aufarbeitung der Zeit mit der Leichtbauhalle in der Gemeinde, deren Aufbau für viel Wirbel in der Gemeinde gesorgt habe. Bürgermeister Baumert dankte in diesem Zusammenhang dem Unterstützerkreis für Flüchtlinge für ihre ehrenamtliche Integrationsarbeit.