Im Vorfeld des Bürgerentscheid zum ECE-Center kochen die Emotionen allmählich höher. Während sich die CDU Singen nun hinter ihre Fraktion und das geplante Einkaufszentrum stellt, kritisieren andere Ratsmitglieder offen die Bürgerinitiative, aus deren Reihen es wiederum Kritik am Gemeinderat gegeben habe. Morgen wartet die nächste Anti-ECE-Demo. Und zwischenzeitlich hat sich auch der Linke-Stadtrat Thomas Köstler entschieden, wie er zum Center steht.
Die CDU Singen erklärt sich jetzt als klarer Unterstützer des Einkaufszentrums am Bahnhof. Bisher hatte lediglich die Fraktion im Stadtrat ihre einhellige Befürwortung des 140-Millionen-Euro-Projektes öffentlich gemacht. Neun der zehn CDU-Stadträte hatten bei der Abstimmung vorige Woche für ECE gestimmt, Rätin Inge Kley war abwesend.
Jetzt meldete sich der Stadtverband mit einer Presseerklärung zu Wort. In gemeinsamer Sitzung sei das Center beraten worden. Auch die Bedenken der Center-Gegner seien "ausführlich gewürdigt" worden, informierte Pressesprecher Oswald Ammon. Die vom Regierungspräsidium genehmigten 16 000 Quadratmeter sind nach Einschätzung der CDU "bereits eine abgespeckte Version". Vor einigen Jahren hätte man in der Singener Stadtverwaltung noch über 25 000 Quadratmeter diskutiert und diese mit einem Gutachten positiv begründet.
Der CDU Stadtverbandsvorsitzende und frühere OB Andreas Renner erklärte: „Selten wurde eine Entscheidung in Singen so intensiv vorbereitet und von Expertisen und Gutachten begleitet. Unter Abwägung aller Tatsachen unterstützen Vorstand und Fraktion der CDU Singen den Bau des ECE. Das ECE ist eine Chance, um wieder zu den Handelszentren in der Region aufzuschließen und Singens Attraktivität in der Region zu stärken." Das Center biete die Chance, "Singen wieder an die Spitze der Einkaufsregion zu katapultieren". Die Partei ist überzeugt davon, "dass auch der traditionelle mittelständische Handel in Singen vom ECE profitieren" werde. Die Frequenz in der Innenstadt habe gelitten, sie benötige eine Belebung. ECE habe alles, um ein solches "Flaggschiff" zu werden und den Handel zu unterstützen.
Derweil reagieren einige Ratsmitglieder äußert ungehalten auf massive Kritik von ECE-Gegnern. Die Fraktionen von FDP und Neuer Linie sowie die CDU Räte Hirschle, Knittel, Stroppa, Fanke und Niederberger gaben am Dienstag ebenfalls eine Presse-Erklärung ab. Darin betonen sie, dass der Gemeinderat mit seiner einstimmigen Entscheidung für einen Bürgerentscheid den Singenern Gelegenheit geben wollte, über das geplante Center abzustimmen. "Es befremdet jedoch, wenn schon am Beginn der Diskussion der Gemeinderat von verantwortlichen Mitgliedern der Zentrumsgegner ... pauschal unsachlich angegriffen wird." Gemeint ist Manuel Waizenegger als Chef eines großen Singener Modehauses. Dieser werfe, so monieren die Ratsmitglieder, "den Volksvertretern Untätigkeit und Unfähigkeit vor".
Waizenegger hatte bei einem Pressegespräch der ECE-Gegner erklärt gehabt: "Entweder die Gemeinderäte haben die Gutachten nicht gelesen oder nicht verstanden". Offenbar habe Waizenegger die Stellungnahme des Regierungspräsidiums "nicht zur Kenntnis genommen." Dieses hatte dem ECE in der geplanten Größe zugestimmt. Grundsätzlich habe sich der Gemeinderat "auch für eine faire, sachliche Diskussion in der Öffentlichkeit entschieden". Diese erfordere den Respekt vor der abweichenden Meinung der Mitbürger, finden die zwölf Ratsmitglieder von Neuer Linie, FDP und CDU.
Thomas Köstler (Linke) hatte bei der ECE-Abstimmung unentschuldigt gefehlt. Nun legte er ein siebenseitiges Papier vor, in dem er erklärt, dass er gegen das Center sei. Sein kaputtes Motorrad sei schuld gewesen am Fehlen vorige Woche.
Waizenegger spricht
Am Donnerstag, 9. Juni, findet die nächste Kundgebung der ECE-Gegner um 19 Uhr am Hauser-Brunnen in der Innenstadt statt. Das kündigt Regina Henke als Sprecherin der Initiative "Für Singen" an. Manuel Waizenegger, Chef eines Singener Modehauses, soll dort über das vielzitierte "Null-Szenario" sprechen. Also, was passiert, wenn am Holzer-Bau nichts passiert. Waizenegger eckte mit seiner jüngsten Kritik am Gemeinderat bei mehreren Fraktionen im Rat scharf an. (jöb)