In der 48-jährigen Geschichte des Hohentwielfestivals war dieser Abend Premiere: Das Konzert mit der schottischen Sängerin Amy Macdonald konnte wegen einer extremen Unwetterwarnung nicht stattfinden. Kurz vor dem Auftritt des Pop-Star wurden die Besucher über Lautsprecher aufgefordert, das Konzertgelände zu verlassen. Dabei waren rund 3200 Besucher teilweise aus großer Entfernung angereist, um die 29-jährige Sängerin auf der Karlsbastion vor der bizarren Kulisse der Festungsruine zu erleben. In Menschentrauben hatten sich die Besucher in Shuttlebussen oder zu Fuß auf den Weg zum großen Open-Air-Konzertsaal gemacht. Der fröhliche Aufstieg gehört zum Hohentwiefestival dazu.
Doch bereits um 19 Uhr verdunkelte sich in der Ferne der Himmel. Es war zu erkennen, dass sich über der Schweiz die Wolken entladen. „Hoffentlich hält es noch“, war allenthalben zu hören. Für die Vorgruppe „Schwarz“ reichte die Zeit noch aus. Doch dann rückten die Wolken immer näher, der Himmel wurde dramatischer, starker Wind kam auf, und die Festleitung ging mit Polizei, Sicherheitskräften und Feuerwehr in Klausur.
„Wir hatten keine andere Wahl, als das Konzert zu beenden“, sagt der Chef von Kultur Tourismus Singen (KTS), Roland Frank. „Wir hatten eine klare Unwetterwarnung. Wir mussten die Menschen evakuieren.“ Diese Entscheidung sei dem Team absolut nicht leicht gefallen. Doch bereits zwei Stunden vor Konzertbeginn seien Warnungen von mehreren Wetterdiensten eingegangen. Vor starkem Hagel und Blitzschlag wurde gewarnt. „Da mussten wir reagieren“, sagt Frank. „Wegen Regens evakuieren wir nicht.“


Mit Megafonen wurden die Menschen aufgefordert, das Gelände über die beiden Fluchtwege zu verlassen. „Manche mussten dreimal aufgefordert werden, bevor sie sich in Bewegung setzen“, schildert Jörg Unger. „Doch dann bewegte sich der Tross sehr geordnet vom Berg.“Für die Fluchttreppe, die die Stadt 2012 für 120 000 Euro genau für solche Zwecke angeschafft hat, war dieser Abgang Premiere. Überhaupt musste bisher nie zuvor ein Konzert wegen Unwetters beendet werden.

Die Besucher nahmen es zum größten Teil gelassen. Viele hatten zunächst noch die Hoffnung, dass das Konzert verzögert beginnen könnte. Der eigentliche Spuk dauerte nur etwa 20 Minuten. Beim Abstieg war immer wieder zu hören: „So schlimm ist es doch gar nicht.“ Doch für die Verantwortlichen gab es aufgrund der Alarmstufe Rot keine Alternative, als das Konzert abzubrechen.
Konzertkarten
Bei Open-Air-Veranstaltungen ist das Wetter immer eine große Unbekannte. Wer im Dezember Konzertkarten für eine Veranstaltung unter freiem Himmel kauft, hat keine Schönwettergarantie. Einen Totalausfall bei einem Konzert auf dem Hohentwiel gab es noch nie. Doch das Geld für die Eintrittskarten gibt es in diesem Fall zurück. Ab Donnerstag werden die Tickets dort erstattet, wo sie gekauft wurden.