Die Gemeinderäte vertreten die Bürger bei der Stadtverwaltung – und sie fällen die politischen Beschlüsse. Was kostet der Eintritt ins Aachbad? Wohin kommt der neue Kindergarten? Und wo kann ein Neubaugebiet erschlossen werden? All das beschließt der Gemeinderat oder seine Ausschüsse.

Laut der Idealvorstellung sollte die Gruppe der Kandidaten sich daher zumindest einigermaßen ähnlich zusammensetzen wie die Bevölkerung einer Stadt insgesamt. Denn der Gemeinderat soll ja aus der Mitte der Bevölkerung kommen. Die Altersgruppen, die Geschlechter, die Wohnorte sowie die Berufsgruppen und Bildungsabschlüsse sollten bei den Kandidaten etwa ähnlich verteilt sein wie bei allen Bürgern. Wie es bei den einzelnen Listen aussieht.

Geschlechter: Fast überall stehen zu wenige Frauen zur Wahl

51,4 Prozent der Singener sind Frauen, geht aus der Aufstellung des Statistischen Landesamtes hervor (Stand 2022). Demnach leben in Singen 25.402 Frauen. Zusammen mit 24.039 Männern kommt dann die Zahl von 49.441 Einwohnern zusammen, die das Amt für Ende 2022 ermittelt hat. Etwa 35.900 Wahlberechtigte sind in Singen aufgerufen, ihre Vertreter bei der Stadtverwaltung zu wählen.

Quelle: Statistisches Landesamt (Stand 2022), Stadt Singen/SK-Grafik: Schönlein / Steller
Quelle: Statistisches Landesamt (Stand 2022), Stadt Singen/SK-Grafik: Schönlein / Steller | Bild: Schönlein, Ute

Die einzige Liste, bei der Frauen in der Überzahl sind, ist die der SPD. Auf 18 Kandidatinnen kommen bei den Genossen 14 männliche Kandidaten. Auf Listenplatz eins steht ebenfalls eine Frau, nämlich die Co-Fraktionssprecherin Regina Brütsch. Die Grünen präsentieren eine ausgeglichene Liste, die 32 Plätze teilen sich hälftig auf die beiden Geschlechter auf. Bei den Grünen wurden die ungeraden Plätze gemäß dem Frauenstatut der Bundespartei mit Frauen besetzt. Auf Platz eins der Grünen-Liste steht Isabelle Büren-Brauch.

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Bei allen anderen Listen sind Frauen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung Singens unterrepräsentiert. Freie Wähler und FDP haben jeweils 14 Frauen in ihren Wahlvorschlägen, ein Anteil von 43,75 Prozent. Danach folgt die SÖS mit zehn Frauen aus 24 Kandidaten (41,67 Prozent). Bei der Neuen Linie sind zwölf der 32 Kandidaten weiblich (37,5 Prozent) und bei der CDU zehn der 32 Kandidaten (31,25 Prozent). Die AfD tritt mit einer rein männlichen Liste mit vier Kandidaten an.

Im Wesentlichen haben die Listen in diesem Jahr den gleichen Frauenanteil wie bei der vorigen Kommunalwahl im Jahr 2019 oder sind weiblicher geworden. Nur bei den Grünen steht in diesem Jahr eine Frau weniger auf der Liste als vor fünf Jahren. Die SPD hatte 2019 eine ausgeglichene Liste zur Wahl gestellt. Bei Freien Wählern und Neuer Linie hat sich der Frauenanteil nicht geändert.

Die CDU hatte vor fünf Jahren noch acht Kandidatinnen (Anteil 25 Prozent). Bei der FDP waren neun der 32 Kandidaten Frauen (etwa 28 Prozent). Die SÖS ist ein Sonderfall. In diesem Jahr stehen zwar mehr Frauen auf ihrem Wahlvorschlag. Da sie aber insgesamt 24 statt wie vor fünf Jahren 15 Kandidaten ins Rennen schickt, ist der Frauenanteil gesunken. 2019 hatten die acht Kandidatinnen einen Anteil von 53,3 Prozent.

Alter: Nicht alle Gruppen sind gleich repräsentiert

Bei der Altersverteilung sind starke Ungleichgewichte der Listen zu beobachten. Die am stärksten vertretene Altersgruppe ist überall die der 40- bis Unter-65-Jährigen. Vor allem bei der CDU ist diese mit 21 oder etwa zwei Dritteln der Kandidaten sehr groß. Zum Vergleich: Bei den Singenern über 15 Jahre weist das Statistische Landesamt einen Anteil von nur 39,1 Prozent in dieser Altersgruppe aus. Auch bei Freien Wählern, Neuer Linie und FDP ist diese Altersgruppe stark vertreten. Die Listen von SPD, Grünen und SÖS repräsentieren diese Altersgruppe etwa entsprechend dem Bevölkerungsanteil.

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Markante Unterschied ergeben sich auch bei den jungen und sehr jungen Kandidaten. Nur drei Gruppierungen haben überhaupt Kandidaten unter 18 Jahren auf ihren Wahllisten stehen. Die Gruppe der 15- bis Unter-18-Jährigen macht laut Statistischem Landesamt 3,6 Prozent alles Singener über 15 Jahren aus. Diesen Anteil übertrifft die CDU mit zwei unter-18-jährigen Kandidaten, Grüne und Neue Linie haben jeweils eine Kandidatin in dieser Altersklasse.

Die Gruppe der Über-65-Jährigen ist bei der SÖS mit neun Kandidaten (37,5 Prozent) besonders stark vertreten. Diese Altersgruppe ist auch bei SPD, Grünen, Freien Wählern und Neuer Linie relativ stark, mit jeweils etwa 28 Prozent. Und: Zwei der vier AfD-Kandidaten sind über 65 Jahre alt. In der Gesamtbevölkerung über 15 Jahren hat diese Gruppe einen Anteil von 25,8 Prozent.

Berufe: Kaum eine Aussage über Repräsentativität möglich

Bei den Berufen der Kandidaten ist es besonders schwierig, sinnvolle Aussagen zu treffen. Einerseits ist beim Statistischen Landesamt eine Statistik über einzelne Berufsbezeichnungen unter den Einwohnern einer Stadt nicht verfügbar, sondern nur Daten über Bildungsabschlüsse. Andererseits können hinter einer Berufsbezeichnung verschiedene Bildungsabschlüsse stecken. Jemand, der von Beruf Berater ist, kann studiert haben – oder auch nicht. Und auch wer im Ruhestand ist, verrät damit nicht, ob sie oder er in einem Lehrberuf oder einem akademischen Beruf gearbeitet hat.

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Rückschlüsse auf die Anteile an akademischen und nicht-akademischen Berufen bei den einzelnen Listen sind also mit Vorsicht zu genießen. In einer ersten Annäherung kann man aber feststellen: Akademische Berufe sind vor allem unter den Kandidaten der Grünen und der FDP stark vertreten. Die nicht-akademischen Berufe sind bei CDU, Neuer Linie, SÖS und Freien Wählern stärker. Augenfällig ist außerdem der hohe Anteil an SÖS-Kandidaten, deren Beruf mit Rentner angegeben wird.

Ortsteile: Nur wenige Listen repräsentieren sie korrekt

Etwas mehr als ein Sechstel der Einwohner Singens, nämlich 17,7 Prozent, leben in den sechs Ortsteilen, die zu Singen gehören. Das macht 8780 Einwohner, während in der Kernstadt 40.925 Menschen leben (Stand Dezember 2023, Angaben der Stadtverwaltung). Besonders stark ist die SÖS in den Ortsteilen vertreten, elf ihrer 24 Kandidaten (45,8 Prozent) leben dort. Auf Platz zwei folgen die Freien Wähler mit einem Ortsteile-Anteil von 25 Prozent (acht von 32 Kandidaten).

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Bei Neuer Linie und CDU kommen jeweils sechs Kandidaten aus den Ortsteilen (18,75 Prozent). Bei diesen beiden Listen entspricht der Anteil der Kandidaten aus den Ortsteilen also etwa dem Bevölkerungsanteil. Auf den weiteren Plätzen folgen die Neue Linie (sechs aus den Ortsteilen), die FDP (vier aus den Ortsteilen), die Grünen (drei aus den Ortsteilen), die SPD (zwei aus den Ortsteilen) und die AfD (keiner aus den Ortsteilen).