Die Singener Stadtverwaltung hat einen klaren Favoriten: Das neue Krankenhaus für den westlichen Hegau soll nach Wunsch von Oberbürgermeister Bernd Häusler und der Verwaltung auf dem Areal zwischen der Hohenkrähen- und der Bruderhofstadt stadtauswärts kurz vor der Autobahnauffahrt 81 auf der rechten Seite gebaut werden. Auch der Singener Gemeinderat hat sich hinter dem Verwaltungsvorschlag positioniert. Aus Radolfzell gibt es indes Gegenwind für den favorisierten Standort. Denn neben Singen macht sich auch Radolfzell für einen Neubau auf eigener Gemarkung stark.

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Im Gespräch mit dem SÜDKURIER kündigt Landrat Zeno Danner an, dass im Radolfzeller Rathaus ein entsprechender Vorschlag vorbereitet werde. Julia Theile, persönliche Referentin des Radolfzeller Oberbürgermeisters Simon Gröger, bestätigt dies gegenüber dem SÜDKURIER: „Wir haben ein bis zwei sehr geeignete Flächen, die für einen neuen Standort in Frage kommen. In der nächsten Sitzung des Gemeinderats im Juli wird über diese Vorschläge diskutiert“, wird OB Gröger in der Stellungnahme zitiert.

Radolfzells Oberbürgermeister Simon Gröger: „Ich hätte es begrüßt, wenn auch über eine Fläche zwischen Singen und Radolfzell ...
Radolfzells Oberbürgermeister Simon Gröger: „Ich hätte es begrüßt, wenn auch über eine Fläche zwischen Singen und Radolfzell nachgedacht worden wäre.“ | Bild: Becker, Georg

Angesprochen auf den Singener Vorschlag hagelt es aus dem Radolfzeller Krankenhaus Kritik. „Mit dem Ziel, die Standortmöglichkeiten für einen Klinikneubau zu besprechen, besuchte ich am Freitag, 20. Mai, OB Häusler in Singen und erfuhr von dem Grundstücksvorschlag. Ich hätte es begrüßt, wenn auch über eine Fläche zwischen Singen und Radolfzell nachgedacht worden wäre“, teilt Gröger mit. Weiterhin möchte er diese Option in den öffentlichen Diskussionsprozess einbringen. „Denn eine Fläche östlich von Singen Richtung Radolfzell und damit in der Mitte des Landkreises ist laut Gutachten der bestmögliche Standort für ein Zentralklinikum“, lautet seine Einschätzung.

Radolfzell sagt: Singener Grundstück ist nicht optimal

Für Gröger liege das von der Stadt Singen vorgeschlagene Grundstück außerhalb des vom Gutachten geforderten Bereiches zwischen Singen und Radolfzell. „Zwar hat der Singener Vorschlag eine gute Auto- und Seehas-Anbindung, er ist allerdings für die Menschen im Landkreis Konstanz nicht optimal, da er nicht für alle Einwohner des Landkreises gleich gut erreichbar ist“, fordert er.

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Singens Verwaltung sieht das anders

Im Singener Rathaus kann man diese Kritik nicht nachvollziehen. Laut Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler seien mögliche Flächen in der geforderten Größenordnung, die weit über die bloße Grundstücksgröße hinausgehen, nur sehr schwer zu finden. „Selbstverständlich haben wir uns bereits im Vorfeld mit derartigen Flächen auseinandergesetzt, kommen aber zu der Erkenntnis, dass wir auf unserer Gemarkung in diesem Bereich keine Flächen haben, die den Anforderungen in dieser Form standhalten können, wie es der von uns favorisierte Standort ermöglicht“, sagt er zu der Kritik aus Radolfzell.

Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler: „Die Erreichbarkeit des vorgeschlagenen Grundstücks basiert nicht auf unserem ...
Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler: „Die Erreichbarkeit des vorgeschlagenen Grundstücks basiert nicht auf unserem Bauchgefühl, sondern auf von uns sachlich ermittelten und belastbaren Fakten.“ | Bild: Tesche, Sabine

Er betont, dass es im Bereich zwischen Singen und Radolfzell hauptsächlich Waldflächen gebe oder solche, deren Bodenbeschaffenheit sich aus Sicht der Stadt Singen nur schwer für den Bau eines Krankenhauses eignen würden. „Und die von uns an ein Grundstück gestellte Anforderungen nicht erfüllen“, so Häusler weiter.

Für Singens OB liegen die Vorteile des von der Hohentwiel-Stadt ins Rennen geschickte Grundstück auf der Hand: Verkehrstechnisch liege das Grundstück laut Häusler ideal. „Diese Erreichbarkeit basiert nicht auf unserem Bauchgefühl, sondern auf von uns sachlich ermittelten und belastbaren Fakten“, sagt Häusler. Direkt am Autobahnzubringer sei das Areal aus dem Landkreis – auch mit dem öffentlichen Personennahverkehr – optimal erreichbar. „Wenn die B33 fertig ist, wäre der Standort selbst von Konstanz in weniger als 30 Minuten mit dem Auto erreichbar. Zudem wäre der Standort in Singen quasi aus allen Himmelsrichtungen anfahrbar“, so Häusler.

Kein Wettrennen zwischen Singen und Radolfzell

Radolfzells Oberbürgermeister Simon Gröger appelliert zur Besonnenheit: „Wir sollten sehr verantwortungsbewusst und im Sinne aller Menschen für den gesamten Kreis einen passenden Standort auswählen. Mögliche Standorte müssen eingehend geprüft werden“, sagt er. Gröger begreife den wichtigen Prozess nicht als Wettrennen. „Radolfzell wird sich aktiv in den Prozess einbringen und einen gut überlegten Vorschlag präsentieren. Nach wie vor kann ich mir ein gemeinschaftliches Vorgehen mit Singen vorstellen und bin hier gesprächsbereit“, so Gröger weiter.

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Auch Singens OB Bernd Häusler betonte jüngst gegenüber dem SÜDKURIER, dass der zukünftige Standort für den Klinikneubau nicht zu einem handfesten Zoff zwischen Singen und Radolfzell führen werde. „Das Thema Krankenhaus ist ein emotionales, ganz ohne Zweifel. Man muss sich vor Augen führen, dass es hier nicht nur um die Schließung das Radolfzeller Krankenhauses geht, sondern auch um die Schließung des Singener Krankenhauses“, sagte er damals.

Landrat erklärt, wie es nun weitergehen soll

Landrat Zeno Danner betont, dass man mit dem Klinikneubau erst am Anfang stehe. „Wir haben noch nicht einmal den ersten Beschluss“, so Danner. Mit dem noch ausstehenden Grundsatzbeschluss, wie es mit dem Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN) weitergehen soll, rechnet Danner in der Kreistagssitzung im Juli. Bis Ende 2022 oder Anfang 2023 könnte dann ein medizinisches Konzept stehen. Darin solle geklärt werden, wie das medizinische Angebot zwischen den Krankenhäusern am Standort Konstanz und am neuen zentralen Standort aufeinander abgestimmt wird.

Landrat Zeno Danner: „Wir haben noch nicht einmal den ersten Beschluss. Uns steht noch ein langer Weg bevor.“
Landrat Zeno Danner: „Wir haben noch nicht einmal den ersten Beschluss. Uns steht noch ein langer Weg bevor.“ | Bild: Scherrer, Aurelia

Darauf baue dann das zu erstellende Raum- und Funktionsprogramm auf. „Dies wiederum ist auch Grundlage für anstehende Fördergespräche mit dem Land“, so Danner. Außerdem sei das Raum- und Funktionsprogramm auch maßgeblich für die Eignung des noch auszuwählenden Grundstücks.

2030 bleibt weiterhin das Ziel – wird aber knackig

Wenn alles optimal laufe, könnte man einen neuen Standort 2030 betriebsbereit haben, sagte Landrat Danner bei der Bürgerinformationsveranstaltung in Singen Anfang Mai. Die Kosten für einen Neubau werden aktuell auf rund 270 Millionen Euro geschätzt. Danner rechnet vor: 450 Betten könnte der neue Standort vorweisen (vorbehaltlich einer genauen Bedarfsberechnung). 600.000 Euro kostet laut der Firma Lohfert & Lohfert in einer Faustregelbetrachtung ein Krankenhausbett. Multipliziert man diese beiden Zahlen, komme man auf 270 Millionen Euro.

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Aber: „Faustregelberechnungen sind Faustregeln“, so Danner. Mit Blick auf die jährlichen 20 Millionen Euro Unterstützung, die der GLKN pro Jahr erhalte, könne man inklusive der zu erwartenden Landesförderung auch einen deutlich höheren Betrag nach zehn bis 15 Jahren abbezahlt haben.

Matrix soll bei Grundstückssuche helfen

Für die Grundstücksfindung werde derzeit laut Landrat Zeno Danner eine Matrix entwickelt. Die Punkte, die darin berücksichtigt werden sollen, sind unter anderem Erreichbarkeit für Patienten, Mitarbeiter und medizinisches Personal, die funktionelle Geeignetheit, die Bebaubarkeit, ökologische Voraussetzungen und der Grundstückspreis. „Da steht uns noch ein langer Weg bevor“, sagt Danner.