Die Stadt Singen hat mit einem möglichen Standort für ein neues Krankenhaus die Diskussion um die Zukunft des Gesundheitsverbundes Landkreis Konstanz (GLKN) angeheizt. Wie SÜDKURIER-Recherchen ans Licht gebracht haben, bringt die Stadtverwaltung der Hohentwiel-Stadt das Areal zwischen der Hohenkrähenstraße und der Bruderhofstraße kurz vor der Auffahrt zur Autobahn 81 auf der rechten Seite ins Spiel. Der SÜDKURIER hat mit den Singener Gemeinderäten und Landrat Zeno Danner über den Grundstücksvorschlag aus der Hohentwiel-Stadt gesprochen.
Landrat lobt: „Singen hat extrem schnell reagiert“
Landrat Zeno Danner erklärt auf SÜDKURIER-Nachfrage, dass Singen mit seinem Vorschlag extrem schnell reagiert habe. Angesprochen auf den Grundstücksvorschlag aus Singen sagt er, dass das Areal grundsätzlich gut eingebettet liege, was Verkehr, öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und Seehas anbelange. Gleichzeitig betont er aber auch, dass ihm aber noch keine konkrete Offerte mit Details zum Grundstück vorliege.

Danner gehe er aktuell davon aus, dass es auch einen Grundstücksvorschlag aus Radolfzell für einen Klinikneubau geben werde. „Ich weiß, dass dies derzeit von Oberbürgermeister Simon Gröger vorbereitet wird“, sagt er. Ein Umstand, den der Landrat als wichtig und richtig erachte. „Wir brauchen mehrere mögliche Standorte und Alternativen“, so Danner weiter.
Manche wollen nicht nach weiterer Fläche suchen
Unter den Singener Stadträten stößt der Vorschlag der Verwaltung auf breite Zustimmung. „Wir freuen uns, dass die Stadt hier einen sehr guten Standort anbietet“, sagt etwa Stadträtin Kirsten Brößke (FDP). Für Franz Hirschle (CDU) sei der Vorschlag eine Option von mehreren Standorten. Er müsse nun auf seine Tauglichkeit geprüft werden. Außer Frage stehe für den CDU-Stadtrat aber: „Der Standort in Singen ist alternativlos.“
Dies sieht auch Eberhard Röhm (Grüne) so. Er ergänzt aber: „Neben dem von der Verwaltung vorgeschlagenen Grundstück müssen auch weitere gesucht werden. Es muss insbesondere auch geprüft werden, ob der notwendige Neubau auf dem bisherigen Krankenhausgelände gebaut werden könnte.“ Allerdings unter Berücksichtigung des nun ins Spiel gebrachten Areals.
Hubertus Both (FW) betont, dass es bei allen weiteren Standorten große Bedenken gegeben habe, etwa beim Wasser- und Naturschutz oder den Besitzverhältnissen. Deshalb würde seine Fraktion den Vorschlag begrüßen. 100-prozentige Unterstützung für den Vorschlag sicherte Dirk Oehle (Neue Linie) zu. Birgit Kloos (SöS) spricht von einem vernünftigen Vorschlagen.
Andere sagen: Alternativen sollten geprüft werden
Regina Brütsch (SPD) spricht sich indes dafür aus, dass mögliche Alternativen erst dann ins Spiel gebracht werden, wenn auf ihnen grundsätzlich ein Krankenhausneubau möglich wäre. „Wir finden den aktuellen Grundstücksvorschlag gut. Nichtsdestotrotz begrüßen wir es, wenn die Verwaltung weitere Alternativen prüft, am besten entlang der Bahnlinie“, sagt sie.

Brütsch betont, dass jeder andere Standort als der bisherige zusätzlichen Landschaftsverbrauch bedeute. „Das Aachried war bislang nicht für Bebauung vorgesehen. Deshalb sollte zunächst ausgeschlossen werden, dass eine Lösung am bestehenden Standort oder in unmittelbarer Nähe oder in Kombination mit bestehenden Gebäudeteilen möglich ist“, so Brütsch weiter.
Auch Eberhard Röhm gibt zu bedenken: Um Flächenversiegelung in Grenzen zu halten, wäre aus seiner Sicht ein Neubau am jetzigen Krankenhausstandort wünschenswert. „Es sollte auf jeden Fall noch ein weiterer potentieller Standort gesucht werden.“

Für Brößke gebe es diese Alternativen allerdings nicht: „Es gibt sicher viele kreative Ideen, die uns auch manche Mitbürger vorschlagen, aber die sprichwörtliche eierlegende Wollmilchsau ist unserer Meinung nicht dabei.“ Sie betont, dass ein Neubau am vorgeschlagenen Standort in naher Zukunft realistisch und möglich ist. „Und es ist nicht weiter nötig, im Nebel zu stochern, um andere Standorte aus dem Hut zu zaubern.“ Zudem sei es für sie selbstverständlich, dass der Stadt Singen als zweitgrößte Stadt ein neues Krankenhaus zustehe.
Erreichbarkeit ist ein großer Vorteil – auch für Fußgänger?
Für das favorisierte Grundstück der Stadtverwaltung spricht aus Sicht der Stadträte Vieles, vor allem in Sachen Erreichbarkeit. Birgit Kloos (SöS) bezeichnet etwa die gute Verkehrsanbindung sowohl über den ÖPNV als auch über die Straße als bestens. Auch ein Seehas-Haltepunkt sei für sie denkbar.

Hubertus Both betont, dass die Erreichbarkeit für den gesamten Hegau gegeben wären. „Man muss auch erwähnen, dass die Fläche groß genug ist, um ein Krankenhaus zukunftsfähig zu bauen und dennoch Erweiterungspotenzial hat“, ergänzt Dirk Oehle (Neue Linie). Franz Hirschle gibt ihm Recht: „Die Vorteile des Areals sind, dass die Stadt Singen bereits zu 50 Prozent im Besitz der Grundstücke ist auf diesem Gelände.“

Im weiteren Umfeld würden sich laut Oehle keine störenden Elemente weder für das Krankenhaus noch für die angesiedelten Gebäude ergeben. „Der Standort liegt sehr zentral, vor allem für die Bürger aus dem westlichen Hegau“, sagt Oehle. Hubertus Both sieht aktuell keine Nachteile, obgleich er betont, dass allerdings der Verlust landwirtschaftlicher Fläche ein Problem darstelle.
Aber das Grundstück bringt laut manchen Stadträten neben vielen Vorteilen eben auch kleinere Nachteile mit sich. Für Franz Hirschle wäre das neue Krankenhaus am neuen Standort für viele Bürger schwer fußläufig zu erreichen. Dazu kommt: „Die bisherigen Abteilungen, die sich auf dem jetzigen Campus befinden, wie etwa die Strahlentherapie, die Radiologie, das Labor Blessing, die PHV-Dialyse, wären abgehängt und müssen zusätzlich mit viel Kraftanstrengung und hohem finanziellen Aufwand neu positioniert werden“, sagt er.

Auch das Parkhaus, das erst vor ein paar Jahren errichtet wurde, müsse am neuen Standort zusätzlich neu gebaut werden. „Der Vorteil eines nicht allzu weit vom Klinikum entfernten Standortes würde die Möglichkeit bieten, dass die bisherigen Abteilungen am Standort bleiben und in den neu zu errichtenden Campus eingebunden werden könnten“, so Hirschle.

Für Eberhard Röhm könnte sich ein Problem aus der Nähe zur Aach ergeben. „Untersuchungen müssen nun zeigen, ob der Untergrund für ein sehr großes Gebäude geeignet ist.“ Laut Birgit Kloos könnte eine neue Klinik am vorgeschlagenen Standort für mehr Lärmbelästigung bei den Anwohnern der angrenzenden Nordstadt sorgen.
Warum das Klinikum in Singen bleiben soll
Wären auch andere Standorte gut erreichbar?
Für Hubertus Both stehe die gute Erreichbarkeit des neuen Klinikstandortes an erster Stelle. „Insbesondere was die wesentlichen Gesundheitsthemen wie Notaufnahme, Herzinfarkt, Schlaganfall, Onkologie und Geburtshilfe geht.“ Erst danach gehe es laut Both darum, auf welcher Gemarkung das Krankenhaus gebaut werde. „Schnelle Wege werden in Zukunft noch wichtiger werden“, so Both.
Eberhard Röhm sieht dies ähnlich. Er könne schon länger beobachten, dass viele Behandlungen nicht mehr im Singener Krankenhaus angeboten würden. „Viele Menschen suchen sich auch Krankenhäuser, die entweder auf bestimmte Krankheiten spezialisiert sind, oder gehen an Unikliniken. Teile der Bevölkerung sind schon heute bei der Krankenhauswahl flexibel“, so Röhm. Da Singen der zentrale Ort im Hegau sei, fände Röhm es schade, wenn das Krankenhaus nicht nach Singen käme.
Ähnlich sieht es Birgit Kloos: „Der Klinikverbund ist ein landkreisweites Projekt, jeder Bürger profitiert von einer modernen und leistungsfähigen Kliniklandschaft. Natürlich wird es Stimmen geben, die sagen, die Singener brauchen ein Krankenhaus in Singen. Aber wenn es in unserer Nachbarschaft gebaut wird, ist das für uns in Singen genau so gut.“