
Wer eine Nacht mit Markus Bumiller erleben möchte, muss sich nur seinem Wahlkampfteam anschließen. Das war in der Nacht von Samstag auf Sonntag nämlich unterwegs, um ganz Stockach mit seinem Gesicht zu plakatieren. Dieses Gesicht fiel auch drei Männern auf, die an einer Tankstelle zusammen standen: „Ein Fahndungsfoto?“, fragen sie witzelnd. „Ja klar, und ich mache es Ihnen ganz einfach“, erwidert der Landtagskandidat der FDP lachend und hält sich das Plakat neben sein Gesicht, damit man die Ähnlichkeit noch besser erkennt. Kein Zweifel, da handelt es sich um die gleiche Person. Dann zieht Bumiller den Kabelbinder fest und seine Ersatzkandidatin Julia Zülke knipst das überstehende Plastik ab. Müll einsammeln, weiter geht es. Doch ist Markus Bumiller nicht zu spät dran, war die Aktion nicht eigentlich schon für die Nacht von Freitag auf Samstag geplant?

Nein, wie er erklärt: Start ist genau sechs Wochen vor dem Wahltermin am 14. März, wie die Stadt Stockach in ihrer Bestätigung schreibt. Für ihn ist das der 31. Januar. Doch jede Gemeinde regle das für sich, deshalb waren andere in Singen schon einen Tag früher dran.
Zu früh wollte er auf keinen Fall plakatieren, wie Markus Bumiller erklärt. Er erinnert sich zu gut an Schlagzeilen, die FDP habe vor Jahren zu früh mit dem Plakatieren begonnen. Wenn es nach dem aktuellen Landtagskandidaten geht, hätte er auch noch einige Stunden warten können. Doch offenbar gehöre es dazu, nachts auszurücken – und Wahlkampf sei auch in Corona-Zeiten explizit erlaubt, sodass die Ausgangssperre kein Hindernis ist.

In Stockach hängen in dieser Nacht nur vereinzelt Plakate, an den meisten Masten macht Markus Bumiller niemand die Spitzenposition streitig. Julia Zülke weist den Weg, sie kennt sich als Stockacherin aus und fährt vom Süden über die Radolfzeller Straße weiter durch die Unterstadt, die Oberstadt, dann die Ludwigshafener Straße gen Ortsausgang. Für Zülke war klar, dass sie mitten in der Nacht bereit steht, um zu helfen: Schon der Vater habe für die FDP kandidiert, um im Landtag die Region zu vertreten. Sie selbst wurde 2019 in den Gemeinderat gewählt. Es ist nicht ihre erste Plakatier-Aktion, der Rekord seien einmal 60 Plakate in 1,5 Stunden gewesen.

Für diese Nacht liegen 40 Plakate im Kofferraum von Bumillers Familienvan. Am Sonntag werden drei Teams weitere Orte mit seinem Konterfei versorgen und der Botschaft: „Wirtschaft fördern, Arbeitsplätze sichern“. 30 Plakate übernehme beispielsweise auch die FDP-Größe Birgit Homburger in Hilzingen, wie Bumiller erklärt. Über diese Unterstützung wie auch die von vielen Parteifreunden freue er sich sehr. Den Rest der rund 500 bestellten Plakate übernimmt eine Firma, die sich dann nach der Wahl auch ums Abhängen kümmern soll. Dass diese Firma nicht im gesamten Wahlkreis plakatiere, sei auch eine Geldfrage gewesen: Die Kostenschätzung, die SPD-Kandidat Hans-Peter Storz für so einen Wahlkampf mit 15.000 Euro beziffert hat, hält Bumiller für realistisch.
Mit Kabelbinder, Knipser und einem Rechen hoch hinaus
Julia Zülke steht schon mit einem Eimer, Kabelbinder und Knipser parat, wenn Markus Bumiller die Heckklappe öffnet. Plakat raus, Kabelbinder dran und hoch die Laterne. Meist genügt es, wenn der groß gewachsene Markus Bumiller das Plakat nach oben schiebt. Manchmal hilft Julia Zülke mit einem Rechen nach. Nur selten braucht es eine Leiter.
Die Plakate im Wahlkreis 57 sehen übrigens anders aus als bei anderen FDP-Politikern, erklärt Bumiller: Die sehr bunte Optik des Landesverbands habe nicht zu ihm gepasst, daher entschied er sich für einen neutralen Hintergrund mit einer kleinen Grafik des Hohentwiel. Ähnlich sei es Jürgen Keck vom Wahlkreis Konstanz-Radolfzell gegangen, der ein ähnlich gestaltetes Plakat mit dem Bodensee verziert habe.
Auch die anderen Parteien waren unterwegs oder sind es bald

Danach geht es wenige Meter weiter. Im Zick-Zack durch Stockach, vorbei an geschlossenen Fensterläden und einem Passanten, der mitten in der Nacht noch seinen Hund ausführt. Das Thermometer zeigt zwischen sechs und sieben Grad an, da kommt ein wärmender Tee gerade recht: Markus Bumiller hat belegte Brötchen und eine Thermoskanne vorbereitet.

Hin und wieder stockt der nächtliche Wahlkampf. Darf man diese Laterne nun plakatieren oder nicht? Bumiller will da kein Risiko eingehen, nicht dass die Sicht an einer Kreuzung eingeschränkt wird. Also nochmal nachlesen, was die Stadt Stockach vorgegeben hat. Doch das ist nicht viel, auch das Datum ist nicht konkret benannt: Sechs Wochen vor der Wahl darf es losgehen. Bemerkenswert sei die Genehmigungssituation in Tengen, merkt der FDP-Kandidat an: Dort habe man seine Plakate erst genehmigt, diese Genehmigung dann aber zurückgenommen und nun seit zwei Wochen nicht mehr reagiert. Es bleibe spannend, wann und wie er dort plakatieren könne.
In Stockach kommt nach dieser Nacht jedenfalls kaum noch jemand an seinem Gesicht vorbei.