Das Kinderhaus Rosenegg in Rielasingen, in dem es sonst nur so von Kindern und Leben wimmelt, ist ungewohnt leer. Denn mit Beginn der Coronakrise wurden Schulen und Kindergärten geschlossen, und Kinder werden dort nur in Notsituationen betreut. Wer hier jetzt noch arbeitet, gehört selbst zu den systemrelevanten Bereichen.
Für gewöhnlich denkt man dabei an Menschen, die im Gesundheits- und Pflegebereich oder in der Lebensmittelbranche arbeiten, für den öffentlichen Personennahverkehr oder bei Polizei, Feuerwehr und Notfall- und Rettungswesen tätig sind. Aber wer kümmert sich um die Kinder eben dieser Personen, wenn Schulen und Kindergärten plötzlich alle geschlossen sind?
Für manche ein unlösbares Problem
Zu den Großeltern jedenfalls sollen die Enkel nicht, denn besonders ältere Menschen sind von einem schweren Covid-19-Krankheitsverlauf gefährdet. Außerdem leben die Familien oft räumlich weit voneinander entfernt. Den Nachwuchs in der aktuellen Situation gut betreut zu wissen, um leistungsfähig arbeiten zu können, kann somit eine große bis unlösbare Herausforderung sein.
Kinder von Alleinerziehenden oder Familien, in denen beide Elternteile in einem systemrelevanten Bereich arbeiten, haben deshalb ein Anrecht auf einen Platz in der Notbetreuung.
Notgruppen in kurzer Zeit organisiert
Innerhalb von nur zwei Tagen war es der Stadt Singen zusammen mit den freien Trägern und den Schulleitungen gelungen, Betreuungsnotgruppen für Kleinkinder und Schulpflichtige zu organisieren. Diese begannen gleich nach dem Start der Corona-Einschränkungen.
Kapazitäten für Nachmeldungen seien aber einkalkuliert, hieß es bereits damals in einer Presseerklärung der Stadt. „Wir sind sehr froh darüber, dass alles so schnell und unkompliziert funktioniert hat. Dafür danke ich allen Beteiligten“, sagt Bürgermeisterin Ute Seifried.
Nachfrage geringer als erwartet
Auch in Rielasingen-Worblingen stehe die Betreuung in Notgruppen auf stabilen Füßen, erklärt Jenny Frankenhauser als Leiterin des Kinder- und Jugendförderteams Rielasingen-Worblingen. Man sei auf einen sehr viel größeren Rücklauf und auf eine höhere Nachfrage vorbereitet gewesen. „Ich gehe jedoch davon aus, dass sich die Lage der Notfallbetreuung ändern kann“, so Jenny Frankenhauser bei einer Pressekonferenz im Rathaus.
Wie es dabei weiter hieß, werden viele der betroffenen Kinder von Familienangehörigen betreut. Wenn es zu weiteren Ansteckungen durch das neuartige Coronavirus kommt, könnten gleichwohl ziemlich schnell etliche Betreuungspersonen ausfallen. Aktuell könne man täglich auf eine veränderte Situation reagieren und den Bedarf an Betreuungsplätzen zeitnah decken, damit die für das System wichtigen Menschen arbeitsfähig bleiben würden.
Gewohnte Abläufe und Rituale bleiben
Trotz der ungewohnten Situation im Kinderhaus Rosenegg in Rielasingen würden, wie sonst auch, am Morgen pünktlich um 8.30 Uhr der Morgenkreis und das gemeinsame Singen stattfinden, so Jenny Frankenhauser. Nur eben nicht mit 110, sondern mit anfangs sechs Kindern. Das pädagogische Personal wäre auf die Situation und die möglichen Fragen der Kinder vorbereitet. Um den Kindern möglichst viel Sicherheit zu vermitteln, würde man auch im Notbetrieb die gewohnten Abläufe und Rituale einhalten.
In Engen konnte aufgrund der zügigen Planung bereits am ersten Tag der Schließungen von Schulen und Kindergärten mit der Notbetreuung gestartet werden. Hauptamtsleiter Patrick Stärk betont als Verantwortlicher für die Kindergärten, dass eine große freiwillige Bereitschaft der Mitarbeiter zu spüren sei. „Gemeinsam gehen wir durch diese außergewöhnliche Situation“, so Stärk. Die Stimmung im Kinderhaus sei sehr gut und die Kinder würden einen glücklichen Eindruck machen.
Schnell auf neue Situation eingestellt
„Die Stimmung in den Einrichtungen ist gut, wir haben prima Mitarbeiter, die sich gegenseitig unterstützen“, lautet das Fazit von Hauptamtsleiter Roland Schmeh aus Steißlingen. Die Erzieherinnen würden die Zeit nutzen, um an den Portfolios der Kinder zu basteln. Manche würden sogar den Reinigungskräften bei der Generalreinigung, die vom Sommer vorgezogen wurde, helfen.
Auch in Gottmadingen hätten sich die Kinder und Erzieherinnen schnell auf die neue Situation eingestellt, erklärt Lisa Bischoffberger vom Amt für Jugend, Familie und Soziales. Die volle Aufmerksamkeit einer Erzieherin zu haben, die große Auswahl an Spielmaterial und die Räume nur für sich zu haben, sei für die Kinder ungewöhnlich. Aber sie hätten viele Ideen und würden jeden Tag neu planen, berichtet Lisa Bischoffberger.
Die Gebühren
Im Zusammenhang mit der Schließung von Kindertagesstätten verzichten Engen, Gailingen am Hochrhein, Hilzingen, Rielasingen-Worblingen, Singen, Steißlingen und Tengen im April auf die Kita-Gebühren, die von den Eltern gezahlt werden. Die Gebühren werden nicht abgebucht, beziehungsweise wieder zurück überwiesen.
Dies gilt nicht für Kinder, die in den Notgruppen betreut werden. Deren Eltern müssen weiterhin die Gebühr entrichten. In Gottmadingen stand die Entscheidung zu den Gebühren zuletzt noch aus. Gottmadingens Bürgermeister Michael Klinger geht davon aus, dass es eine kulante Lösung, ähnlich in den anderen Gemeinden, geben wird. Er wünscht sich in dieser Sache aber eine rasche und einheitliche Empfehlung der zuständigen Spitzenverbände.