Holger Hagenlocher

In der Vergangenheit waren die Auftragsbücher im Handwerk prall gefüllt. Viele Betriebe arbeiteten am Rande ihrer Kapazitätsgrenzen. Doch jetzt sind in vielen Betrieben die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise spürbar.

Markus Bossenmaier findet die von der Regierung und den Behörden getroffenen Maßnahmen richtig: „Im Moment steht die Gesundheit aller Menschen an erster Stelle“, so der Inhaber eines Elektroinstallationsbetriebs in Rielasingen. „Die von der Politik beschlossenen Hilfsmaßnahmen sind gerade für uns Selbstständige und Kleinunternehmer absolut notwendig“, so Bossenmaier. „Noch vor wenigen Wochen sind wir in Arbeit versunken und konnten gar nicht alle Aufträge annehmen. Wer hätte gedacht, dass wir im Handwerk über Kurzarbeit nachdenken müssen?“ Seine Mitarbeiter möchte er auf keinen Fall entlassen. Denn diese benötige er nach der Coronakrise mehr denn je, wenn dann vermutlich sehr viel Arbeit warte.

„Aufgrund der hohen Nachfrage ist die Servicehotline aktuell sehr stark ausgelastet.“Walter Nägele, Agentur für Arbeit
„Aufgrund der hohen Nachfrage ist die Servicehotline aktuell sehr stark ausgelastet.“Walter Nägele, Agentur für Arbeit | Bild: Holger Hagenlocher

Bossenmaier gibt zu, dass ihn Existenzängste plagen, wie wohl viele andere auch. „Aktuell läuft es in meinem kleinen Betrieb noch einigermaßen rund“, so der Elektroinstallateur-Meister. „Wir haben noch Arbeit – jedoch wesentlich weniger. Es ist sehr ruhig geworden.“´Ein Problem sei die Zahlungsmoral der Kunden und damit die Liquidität seines Betriebs. „Weil ich im Handwerk in Vorleistung gehe und Material- und Lohnkosten habe, bin ich gerade jetzt auf eine zuverlässige Zahlung der ausgestellten Rechnungen angewiesen“, so Bossenmaier.

Kurzarbeitergeld greift nicht in jedem Fall

Auch die Handwerkskammer Konstanz unterstützt die Handwerksbetriebe in der Krise. „Wichtig ist jetzt, den Betrieben schnell und pragmatisch zu helfen, insbesondere um liquide zu bleiben und Löhne weiter zahlen zu können. Das vereinfachte Kurzarbeitergeld ist wichtig, greift aber nicht in jedem Fall. Die Corona-Krise darf nicht zu Kündigungen und Insolvenzen führen“, erklärt Georg Hiltner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Konstanz.

„Die Corona-Krise darf nicht zu Kündigungen und Insolvenzen führen.“Georg Hiltner, Handwerkskammer Konstanz
„Die Corona-Krise darf nicht zu Kündigungen und Insolvenzen führen.“Georg Hiltner, Handwerkskammer Konstanz | Bild: Holger Hagenlocher

Andere Betriebe kämpfen mit organisatorischen Hürden. „Es ist momentan extrem umständlich, die Teams zu planen“, so Josef Steidle, Geschäftsführer der Firma Sauter in Singen. Der Stuckateurbetrieb ist eines der größten Handwerksunternehmen in der Region. „Wenn unsere Teams auf den Baustellen sind und gleichzeitig Fliesenleger und Elektriker vor Ort arbeiten, ist es schwer, die Abstandsregeln einzuhalten.“ Es gehe um die Minimierung der Kontakte. Auch bereite es Probleme, das Personal so einzuplanen, damit diese die Kinderbetreuung bewältigen können.

Da die Auftragsvergabe immer mit einigem zeitlichen Vorlauf verlaufe, sei aber noch genügend Arbeit da. Wenn Kunden abspringen oder Termine schieben wollen, einige man sich. „Wir pochen nicht auf unser Recht auf den Auftrag, sondern suchen immer nach einer gemeinsamen Lösung“, so Steidle. Kurzarbeit sei aktuell noch kein Thema, da sich Überstunden angesammelt hätten, die jetzt abgebaut würden.

„Ein Vorteil ist, dass ich kein angestelltes Personal habe. So habe ich keine Personalkosten.“Olga Funkner, Kosmetikerin aus ...
„Ein Vorteil ist, dass ich kein angestelltes Personal habe. So habe ich keine Personalkosten.“Olga Funkner, Kosmetikerin aus Singen | Bild: Holger Hagenlocher

Auch Friseure und Kosmetiker mussten ihren Betrieb einstellen. Wie Olga Funkner, die ein Kosmetikstudio in der Singener Überlingerstraße betreibt. „Ich bin sehr verunsichert“, so die Kosmetikerin, die unter anderem Anti-Aging-Behandlungen anbietet. „Ein Vorteil ist, dass ich kein angestelltes Personal habe. So habe ich keine Personalkosten“, erzählt sie. Dennoch habe sie voll durchgearbeitet, obwohl das nicht einfach gewesen sei, da ihre zwei schulpflichtigen Kinder betreut werden mussten. „Die laufenden Kosten für den Monat März habe ich alle bezahlt. Wie es jetzt weitergeht, weiß niemand.“ Jetzt werde sie sich der Antragsstellung für die Förderung der Landesregierung widmen, so Funkner. Sie hoffe aber, dass sie bald ihr Kosmetikstudio wieder öffnen dürfe. Die Verunsicherung jedoch bleibe.