Die Lehrerversorgung ist ordentlich, aber es darf nichts passieren: Das ist der Tenor, wenn man sich vor dem Beginn des neuen Schuljahrs mit Schulleitern aus Singen und dem Hegau unterhält. Denn sobald jemand längerfristig ausfällt, wird es schwierig, diese Lehrkraft zu ersetzen.

Auch bei Schwangerschaften von Lehrerinnen stehen Schulleiter wegen der Corona-Pandemie vor neuen Herausforderungen. Ein Stimmungsbild, das keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt:

Haben die Schulen genügend Lehrer und sind die Pflichtstunden abgedeckt?

Die befragten Schulleiter in Singen und dem Hegau beantworten diese beiden Fragen mit Ja. Allerdings hört man an den Zwischentönen, wo der Schuh drückt. Anja Claßen, Leiterin der Singener Waldeckschule und geschäftsführende Leiterin der Singener Schulen, berichtet, dass es wie in anderen Bereichen auch bei Lehrern Personalmangel gebe: „Der Markt ist leer und das macht uns Sorgen.“

Anja Claßen, Leiterin der Singener Waldeckschule, sagt über den Arbeitsmarkt für Lehrkräfte: „Der Markt ist leer und das macht uns ...
Anja Claßen, Leiterin der Singener Waldeckschule, sagt über den Arbeitsmarkt für Lehrkräfte: „Der Markt ist leer und das macht uns Sorgen.“ | Bild: Freißmann, Stephan

Das Schulamt versorge sie nun zwar zu 100 Prozent. Doch bei Schwangerschaft oder Krankheit von Lehrkräften, gebe es keine Reserve zum Ausgleich. Zumal eine Lehrerin derzeit schon direkt nach dem Bekanntwerden einer Schwangerschaft nicht mehr in Präsenz unterrichten dürfe.

Strenge Corona-Regeln erschweren den Übergang

Die Vorbereitungszeit bis zum regulären Mutterschutz, in der ein Ersatz organisiert werden kann, entfällt dadurch. Grund sind strengere Regeln zum Schutz vor einer Corona-Infektion. Das Schulamt unterstütze auch mit Quereinsteigern, die im Schulbetrieb eng begleitet werden würden, zum Beispiel Menschen, die zwar das erste, aber kein zweites Staatsexamen fürs Lehramt abgelegt haben.

Sie sollen gegen den Lehrermangel helfen: 355 neue Lehrerinnen und Lehrer kommen im neuen Schuljahr in die Schule. Sie werden in 146 ...
Sie sollen gegen den Lehrermangel helfen: 355 neue Lehrerinnen und Lehrer kommen im neuen Schuljahr in die Schule. Sie werden in 146 Schulen in den Landkreisen Konstanz und Tuttlingen unterrichten. Das Bild zeigt die Vereidigung eines Teils der Junglehrer in der Ekkehard-Realschule in Singen. | Bild: Christel Rossner

Und: Wenn jemand ausfällt, werde es schwierig, die verlässliche Grundschule aufrecht zu erhalten, die Eltern im Falle der Waldeckschule garantiert, dass ihre Kinder von 8 bis 16 Uhr betreut sind. Bei Betreuungskräften für den Nachmittag sei die Not groß, so Claßen.

Schulleiter Martin Trinkner und sein Stellvertreter Matthias Zimmerlin (von links) von der Peter-Thumb-Schule in Hilzingen.
Schulleiter Martin Trinkner und sein Stellvertreter Matthias Zimmerlin (von links) von der Peter-Thumb-Schule in Hilzingen. | Bild: Freißmann, Stephan

Ähnlich klingt das bei Daniel Jedlicka, Leiter des Anne Frank-Schulverbunds in Engen: „Anders als im Schuljahr davor können wir jetzt den Pflichtbereich komplett abdecken.“ Schwangere Lehrerinnen dürften in der weiterführenden Schule zwar weiter in Präsenz unterrichten, aber beispielsweise nur mit Kleingruppen und wenig Kontakt zu Schülern – oder könnten Fernunterricht geben. Am Schulverbund mit 1300 Schülern sei das kaum umsetzbar und höchstens eine gute Notlösung.

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Martin Trinkner, Leiter der Peter-Thumb-Schule in Hilzingen, schreibt, dass es zum Schuljahresstart in der Grund- und Gemeinschaftsschule genügend Lehrer gebe: „Allerdings ist die Versorgung in der Grundschule nur ganz knapp gewährleistet.“ Und er hoffe, dass dieser Zustand das ganze Schuljahr über anhält und sich nicht verschlechtert.

Auch Cosima Breitkopf, Leiterin der Eichendorff-Realschule in Gottmadingen, berichtet, dass sie derzeit genügend Lehrkräfte für alle Pflichtstunden habe.

„Insgesamt könnten wir immer mehr Englischlehrer beschäftigen.“ Cosima Breitkopf, Leiterin der Eichendorff-Realschule in ...
„Insgesamt könnten wir immer mehr Englischlehrer beschäftigen.“ Cosima Breitkopf, Leiterin der Eichendorff-Realschule in Gottmadingen | Bild: Tesche, Sabine

Sabine Beck, Leiterin des Friedrich-Wöhler-Gymnasiums (Friwö) in Singen, schreibt, ihre Schule sei zu Schuljahresbeginn ordentlich mit Lehrkräften versorgt: „Eine Reserve, die Ausfälle abfangen kann, gibt es allerdings nicht.“ Und ihr Stellvertreter Florian Berchtold ergänzt, es sei nicht so, dass es keine Lehrer gebe. Allerdings hätten von acht Referendaren am Friwö im vergangenen Schuljahr nur zwei ein reguläres Angebot bekommen.

Wo liegen Defizite?

Zu Beginn des Schuljahres können alle befragten Schulleiter die Pflichtstunden abdecken. Laut Sabine Beck vom Friwö zeichnet sich aber ein Mangel in einzelnen Fächern ab, etwa Mathematik, Informatik und Bildender Kunst.

Cosima Breitkopf von der Realschule Gottmadingen schreibt, dass ihre Schule mehr Englischlehrer beschäftigen könnte: „Da ist der Bedarf immer groß.“ Martin Trinkner von der Peter-Thumb-Schule Hilzingen möchte bei künftigen Ausschreibungen den Mint-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) stärker berücksichtigen.

„Anders als im Schuljahr davor können wir jetzt den Pflichtbereich komplett abdecken.“ Daniel Jedlicka, Leiter des Anne ...
„Anders als im Schuljahr davor können wir jetzt den Pflichtbereich komplett abdecken.“ Daniel Jedlicka, Leiter des Anne Frank-Schulverbunds in Engen | Bild: Kerle, Helene

Daniel Jedlicka vom Anne Frank-Schulverbund in Engen hebt die Vorteile eines großen Verbundes hervor. Dadurch könne man manches auch schulintern ausgleichen. Zumal die Lehrkräfte am Schulverbund ohnehin schon seit längerem in beiden Schularten, Real- und Werkrealschule, eingesetzt würden. Die meisten dort beschäftigten Lehrer seien von vornherein für Sekundarstufe I, also die Arbeit in beiden Schularten, ausgebildet worden, sagt Jedlicka.

Am Friedrich-Wöhler-Gymnasium in Singen öffnen Schulleiterin Sabine Beck und ihr Stellvertreter Florian Berchtold die Türen zum ...
Am Friedrich-Wöhler-Gymnasium in Singen öffnen Schulleiterin Sabine Beck und ihr Stellvertreter Florian Berchtold die Türen zum Schuljahresbeginn. | Bild: Freißmann, Stephan

Können die Schulen noch AGs anbieten?

In Hilzingen wandern Ressourcen für AGs ins Bildungshaus, in dem Erstklässler und Vorschulkinder gemeinsam spielen und lernen können, erklärt Rektor Martin Trinkner. AG-Stunden würden allerdings auch in die Ganztagsbetreuung der Grund- und Gemeinschaftsschule fließen.

Am Schulverbund in Engen gebe es AGs nur im angemeldeten Ganztagsbereich, erklärt Leiter Daniel Jedlicka. Am Friwö in Singen können laut Schulleiterin Sabine Beck die traditionellen AGs stattfinden, etwa Chor, Orchester, Big Band, Theater, Garten oder Bienen. Cosima Breitkopf schreibt, dass AGs an der Realschule in Gottmadingen derzeit angeboten werden können und listet unter anderem Orchester, Schulband, Schülerzeitung, Schulgarten und eine Tier-AG auf.

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Wie viele Klassen kommen neu in die Schulen?

An der Waldeckschule bildet man laut Leiterin Anja Claßen fünf neue erste Klassen aus 125 Schülern. In Hilzingen werde es zwei erste Klassen mit je 28 Kindern geben, schreibt Leiter Martin Trinkner. An der Außenstelle in Duchtlingen werden 15 neue Erstklässler in die Klasse 1/2 kommen. In der Gemeinschaftsschule wird es zwei Lerngruppen in Stufe fünf geben. 41 neue Fünftklässler erwarte man dort, eine konstante Zahl.

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Auch Cosima Breitkopf von der Eichendorff-Schule in Gottmadingen erwartet konstante Zahlen: Mit 100 neuen Schülern in vier fünften Klassen sei man gut besucht. Beim Schulverbund in Engen werde es etwa 100 neue Fünftklässler geben, sagt Leiter Daniel Jedlicka. Daraus werden eine Werkrealschulklasse und drei Realschulklasse gebildet – eine weniger als im Schuljahr davor. Das Friwö begrüßt laut Leiterin Sabine Beck 161 neue Fünftklässler, was sechs Klassen ergibt.