Kommt man von der Hilzinger Straße in die Ortsmitte Gottmadingens, so traut man nach der Eisenbahnunterführung seinen Augen kaum. Der ansonsten geräumige Platz vor der Fahrkantine ist praktisch ausgefüllt. Ein rot-weiß-gestreiftes Festzelt für rund 3000 Besucher nebst Anbauten ist hier innerhalb weniger Tage entstanden. Das ganze Ausmaß wird erst deutlich, wenn Helmut Beyl seinen Hubsteiger in die Höhe fährt und man das temporäre Bauwerk aus der Luft betrachten kann. Ein Lächeln huscht über sein Gesicht.

So wie ihm geht es auch den anderen ehrenamtlichen Helfern. Kurz vor dem Beginn der Gottmadinger Narrentage am Freitagabend, 26. Januar, sind alle elektrisiert. Drei Tage lang feiert die Gottmadinger Gerstensackzunft ihr 150-jähriges Bestehen. Ein stolzes Jubiläum, auf das nur wenige Narrenzünfte im Hegau verweisen können.

130.000 Euro allein für die Infrastruktur

Als die Zunft vor etwa drei Jahren ihre Mitglieder zur Abstimmung aufrief, stimmten 90 Prozent für diese Großveranstaltung. Das Ergebnis zeigt die Verbundenheit mit der Tradition und den Zusammenhalt im Verein. Schon bald danach begann man mit der Planung. Aufgaben wurden verteilt, ein Organisationsplan erstellt, Einladungen an befreundete Zünfte ausgesprochen und Geld gesammelt. „Denn ohne Sponsoren ist so eine Veranstaltung nicht möglich“, erklärt Markus Romer, der sich nicht zu schade war, für das Großereignis Klinken putzen zu gehen.

Bereits vor Beginn des Festes hat der Verein 130.000 Euro für die Infrastruktur ausgegeben. Deshalb ist Markus Romer jetzt besonders stolz auf die vielen Banner an den 400 Metern Sicherheitszaun rund um den Festplatz, die auf die Spender verweisen.

Im Festzelt treffen sich nach der Arbeit etliche Handwerker, die sich um die Infrastruktur kümmern. Hier wird gerade die Beleuchtung ...
Im Festzelt treffen sich nach der Arbeit etliche Handwerker, die sich um die Infrastruktur kümmern. Hier wird gerade die Beleuchtung installiert. | Bild: Trautmann, Gudrun

An den drei Tagen wird im Schichtdienst gearbeitet. 250 Helfer werden dann für die verschiedensten Aufgaben eingeteilt sein, vom Plaketten-Verkauf bis hin zum Thekendienst. Doch schon davor mussten viele Hände anpacken. „Wir sind so froh, dass wir so viele Handwerker bei uns im Verein haben“, sagt Markus Romer und verweist auf die Elektriker, die gerade auf einer fahrbaren Bühne unterm Zeltdach die Beleuchtung installieren.

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Allein zum Zeltaufbau am vergangenen Wochenende waren rund 40 Helfer zur Stelle. Sogar Bürgermeister und Schirmherr der Narrentage, Michael Klinger, habe richtig mit angepackt. Am Samstag gab es auch noch Unterstützung von anderen Narrenzünften aus Hilzingen und Singen. „Wir sind gut in der Zeit“, sagt Zunftmeister John Weber.

Leitungen legen, Boden begradigen

Jeden Abend rücken die Helfer an, um das Narrennest auszustatten. Bühne, Küche, Bar: alles muss installiert werden. Am Dienstag wurden die Toilettenwagen angeliefert und mussten dann auf dem Gelände platziert werden. Dass dafür noch neue Leitungen für Strom und ein Abwasserschacht gelegt werden musste, dass der Boden noch mit einem Bagger begradigt werden musste, sind nur einige Details. „Aber wenn wir zwischen 5000 und 7000 Besucher bewirten, müssen die ja auch irgendwo auf die Toilette gehen“, erklärt John Weber.

Noch fehlt alles im großen Festzelt: der Holzboden, Heizung, Bühne, Bar, Küche Theke. Am vergangenen Wochenende waren zeitweise 40 ...
Noch fehlt alles im großen Festzelt: der Holzboden, Heizung, Bühne, Bar, Küche Theke. Am vergangenen Wochenende waren zeitweise 40 Helfer am Werk. | Bild: John Weber

Um die vielen Helfer bei Laune zu halten, sorgten die Heilsbergzusle für die Verköstigung. In der Hütte der Almenholzer servierten sie Gulaschsuppe, Fleischkäse und Kaffee. Aber auch ohne Vesper ist die Stimmung bei den Helfern am Abend gut, obwohl alle schon einen Arbeitstag hinter sich haben. Während am Hauptzelt, in dem Chris Metzger am Freitagabend und die Dorfrocker am Samstag die Besucher kräftig bei Laune halten sollen, noch gebaut wird, steht das kleinere Zelt der Heilsberghexen schon vor der Hebelschule. Die Besucher sollen sich im Narrennest wohlfühlen, sollen mit ihrer Eintrittsplakette überall unkompliziert Zutritt bekommen.

Bis in die Nacht hinein arbeiten die Helfer der Gottmadinger Gerstensackzunft bei Flutlicht, um das große Festzelt für die Narrentage am ...
Bis in die Nacht hinein arbeiten die Helfer der Gottmadinger Gerstensackzunft bei Flutlicht, um das große Festzelt für die Narrentage am Wochenende auszustatten. | Bild: Trautmann, Gudrun

Rund 50 Zünfte werden am Freitagabend beim Nachtumzug mitlaufen. Am Sonntag werden knapp 60 Gruppen beim Umzug erwartet. Dazu rechnen die Gerstensäcke mit rund 25.000 Besuchern. Damit alles geordnet verläuft, sind nicht nur Ordner vom Verein unterwegs, sondern auch professionelle Sicherheitskräfte. Sie überwachen das Gelände und übernehmen die Einlasskontrollen.

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Bei aller Detailplanung sind immer noch Flexibilität und Improvisation gefragt. Da muss ganz schnell ein Bühnenteil aus der Fahrkantine abgeschraubt werden, weil es an der Bühne im Hauptzelt fehlt. Kein Problem für John Weber. „Ich kann mich auf die tollen Handwerker in der Zunft verlassen“, sagt er und bleibt die Ruhe selbst. Und dann verweist er auf sein Kern-Team mit Adele Platz, Ingrid Zent, Sabrina Ruf, Alexander Osann und dem Zeremonienmeister Christoph Graf. Es ist ihm wichtig zu sagen, dass sie die Verantwortung mit ihm teilen. Was er damit sagen will: In der Gemeinsamkeit liegt die Stärke.