Große Bauprojekte gehen in den seltensten Fällen ohne Diskussionen vonstatten. Das Baugebiet Tiefenreute/Bühl, das Stadtverwaltung und Gemeinderat in der Singener Südstadt erschließen wollen, macht dabei keine Ausnahme. Dort soll auf einer Fläche von etwa 60 Hektar ein Wohn- und Gewerbegebiet entstehen. Schon als das Thema im Gemeinderat zur Entscheidung anstand, tadelte Umweltaktivist Jakob Denzel Verwaltung und Gemeinderat scharf. Nun legt der Singener Ortsverband des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) nach. Die Stadtverwaltung will die Kritikpunkte nicht auf sich sitzen lassen.

In einer Stellungnahme, die von Candida ten Brink für den BUND Singen unterzeichnet ist, heißt es: „Der BUND Singen spricht sich gegen dieses Vorhaben aus.“ Die vielen Maßnahmen, mit denen der BUND versuche, die Artenvielfalt zu fördern, hätten „überhaupt keinen Sinn, wenn an anderer Stelle tausende Quadratmeter Lebensraum für Industrie, Wohnen und beispielsweise ein neues Krankenhaus versiegelt werden“, steht unter anderem in der Stellungnahme.

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Auch dem Klimawandel könne man am besten entgegenwirken, indem Wälder und Grünland erhalten blieben, schreibt der BUND weiter: „Tiefenreute bewirkt genau das Gegenteil.“ Und der Umweltverband sieht damit sogar das städtische Ziel der Klimaneutralität in Gefahr, die Flächensparziele von Landes- und Bundesregierung könnten ebenfalls nicht erreicht werden. Außerdem dürfe fruchtbares Ackerland oder wichtiges Grünland nicht kurzfristig kalkulierten Bauprojekten zum Opfer fallen. Und der BUND wirft die Frage auf, wo die Ausgleichsflächen für so ein großes Baugebiet herkommen sollen.

Stadt argumentiert: Es gibt bereits konkrete Anfragen nach Bauflächen

Eine Klage gegen die Ausweisung von Tiefenreute/Bühl erwäge man beim BUND nicht, schreibt Candida ten Brink auf die Frage, wie der Verband vorgehen möchte. Man wolle das Vorgehen der Verantwortlichen verstehen. Eine Lösung schlägt der Umweltverband in seinem Papier auch vor, nämlich eine bedarfsorientierte Ausweisung. Das bedeutet: Neues Bauland wird erst dann ausgewiesen, wenn wirklich ein seriöser Investor vorhanden sei.

An dieser Stelle kontert die Stadtverwaltung: „Konkrete Anfragen und somit ein konkreter Bedarf an Wohn- und Arbeitsstätten sind in der Stadt Singen vorhanden, demzufolge werden Bauflächen für Wohnen und Gewerbe entwickelt und ausgewiesen“, schreibt der städtische Pressesprecher Stefan Mohr auf Anfrage. Mit anderen Worten: Das Bauland wird deswegen ausgewiesen, weil es konkrete Anfragen gibt.

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Auch auf die anderen Punkte des BUND-Schreibens reagiert die Verwaltung. Ausgleichsmaßnahmen für den Flächenverbrauch würden im Bauleitplanverfahren abschließend geprüft, heißt es in der Stellungnahme. Ausgleichsflächen seien auch im Gebiet Tiefenreute/Bühl selbst vorgesehen. Und auch bei den landwirtschaftlichen Flächen gab es ein Gutachten über die Betroffenheit der Landwirte, die dort ihre Äcker haben. Mit den Nutzern habe die Stadt Vereinbarungen getroffen und ihnen beispielsweise Ersatzflächen zur Verfügung gestellt, schreibt Mohr weiter. Außerdem sei die Stadt bestrebt, städtebauliche Entwicklungen so umzusetzen, dass Flächen sparsam genutzt werden.