Bei einer Wanderung zur Festungsruine Hohentwiel kann man sich vorstellen, wie es wohl war, hier in Haft einzusitzen. Wie es in einer Pressemitteilung der staatlichen Schlösser und Gärten (SSG) als Hausherr des Hohentwiels heißt, erlitt der Stuttgarter Jurist Johann Jakob Moser dieses Schicksal am 12. Juli 1759: Fünf Jahre lang wurde er von Herzog Carl Eugen hier gefangen gehalten – ohne ein Gerichtsverfahren, was schon damals internationale Empörung auslöste.

Noch heute kann man etwa am Exerzierplatz ein kellerartiges Gewölbe sehen, das wohl als Gefängnis genutzt wurde. Politische Häftlinge wie Johann Jakob Moser saßen im oberen Schloss ein, dem Gebäudeteil gegenüber dem Haupttor. Der berühmte Staatsrechtler setzte sich gegen die absolutistische Herrschaft der Fürsten ein und wurde der Wegbereiter des europäischen Völkerrechts – seine Verhaftung vor 262 Jahren nehmen die SSG-Historiker zum Anlass, an ihn zu erinnern.

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Im 18. Jahrhundert sei der Hohentwiel nicht nur als mächtige Landesfestung, sondern auch als Staatsgefängnis genutzt worden. Die lange Haft an diesem schwer befestigten und hochgelegenen Ort sollte Moser körperlich und emotional brechen. Er, der Rechtsberater der württembergischen Landstände, wurde ohne Gerichtsverfahren inhaftiert. Über vier Jahre lang war er in einem Zimmer eingeschlossen. Dem gläubigen Juristen habe man sogar den Kirchgang untersagt. Zudem verbot man ihm, bis auf die Bibel und ein Gebetbuch, alle Bücher. Der Kommandant der Festung, der ihn zweimal am Tag besuchte, war sein einziger Gesprächspartner; Gäste durfte Moser nicht empfangen. Zudem verweigerte man ihm Papier und Schreibzeug – eine Qual für einen der produktivsten Autoren seiner Zeit: 500 bis 600 Bücher veröffentlichte Moser bis zu seinem Tod. Mit Asche habe er hunderte geistliche Lieder an die Wände seiner Zelle geschrieben, um seinen Schreibdrang zu stillen.

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Der Druck auf den Herzog stieg mit dem Ende des Siebenjährigen Krieges 1763. Der Fall Moser wurde zu einem internationalen Politikum. Dänemark, England und Preußen schalteten sich ein. Man warf Carl Eugen Rechtsbeugung und Ungerechtigkeit vor. Die Vorwürfe untergruben seine Herrschaft. Der Herzog sah sich gezwungen, Moser freizulassen – eine Straftat war dem Juristen nicht nachzuweisen. Das glückliche Ende ist vor allem das Verdienst von Mosers Sohn Friedrich Karl. Als Minister in Hessen-Darmstadt regte er die internationale Kritik an und organisierte sie. Mosers Rückreise vom Hohentwiel nach Stuttgart soll ein Triumphzug gewesen sein. Der Jurist wurde zum Symbol gegen Krieg, hohe Steuern und das Luxusleben Carl Eugens. Nach 1770 widmete sich Moser bis zu seinem Tod am 30. September 1785 ganz der Schriftstellerei.