Weiß statt rot. Schon der farbliche Unterschied sticht ins Auge. Seit dem vergangenen Sonntag fahren statt deutscher Züge schweizerische mit dem Namen Rhyhas auf der Linie Schaffhausen Singen via Bietingen und Gottmadingen. Geräuschlosere Gefährte statt Rumpler. Mehr pünktliche Abfahrten, weniger Verspätungen. Zuverlässige Verbindungen, keine Ausfälle und bessere Kapazitäten. Das wünschen sich die vielen Bahnfahrer, wie Pendler und Schüler, auf der Strecke zwischen der benachbarten Schweiz und der Hohentwiel-Stadt Singen. Auch damit Anschlüsse für weiterführende Linien, wie nach Tuttlingen oder Richtung Radolfzell und Konstanz passen. Und nicht verpasst werden.
Nach heftigen, über einen langen Zeitraum ausgeübten Protesten, wie vor allem durch den Gottmadinger Bürgermeister Michael Klinger, erhielt nach einer neuen Ausschreibung die Schweizerische Bundesbahn (SBB) den Zuschlag für den Betrieb der Linie Schaffhausen – Singen.
Der Gottmadinger Bertl Wüstner fährt regelmäßig als Rentner mit dem Zug von Gottmadingen nach Singen. Auch um weitere Zielorte zu erreichen. Immer wieder ist er mit seinem behinderten Sohn Hendrik unterwegs. Der muss in einem Rollstuhl verharren. Dennoch hat er immer ein fröhliches Lächeln auf den Lippen. Nun umso mehr. Denn: Der Ein – und Ausstieg gelingt durch die neuen Zügen weniger anstrengend.
„Wir können nun bequem in den Waggon gelangen. Auf einer Ebene ohne Höhenunterschied. Dies war bislang nicht möglich“, betont Bertl Wüstner. Der Zugwechsel sei ein Segen. Er habe auch schon sehr viele positive Rückmeldungen aus Gesprächen mit regelmäßigen Bahnfahrern auf der Linie Schaffhausen – Singen vernommen. Was Wüstner nachträglich ärgert: Die letzten drei Verbindungen der DB Regio seien vor dem Fahrplanwechsel alle ausgefallen. Wie dies in der jüngeren Vergangenheit mit Verweis auf Personalausfälle immer wieder der Fall war.

Die positiven Erkenntnisse, seit die SBB die Linie Schaffhausen – Singen bedient, bestätigt Gottfried Böhler. Er macht auf der grenzüberschreitenden Fahrt seinen Kontrollgang. Statt die Fahrkarten zu überprüfen, verteilt er kleine Geschenke an die Bahnfahrer. Wenn er spricht, klingt das alles andere als schwizerisch. Böhler hat auch in Schweizer Diensten den deutschen Personalausweis in der Tasche. Und er freut sich, dass er von den Landsleuten reichlich Positives in Sachen Zugwechsel erfährt. „Es gibt viel positive Resonanz seit der Umstellung“, erklärt Böhler gutgelaunt.
Mehr Platz für Fahrgäste
Auch Günter Speicher aus Gottmadingen freut sich über den Wechsel von deutschen zu Schweizer Zügen. „Die neuen Waggons bieten deutlich mehr Platz, da die Züge auch länger sind“, stellt Speicher fest. Er pendelt täglich zwischen seinem Wohnort und dem Arbeitsplatz in Singen. „Gerade zu Stoßzeiten herrschte vor dem Fahrplanwechsel zeitweise eine große Enge im Zug. Nun ist die Fahrt viel entspannter“, so Speicher.
Auch die eigene Erfahrung beim SÜDKURIER-Test zeigt: Zu Pendler-Zeiten, in denen zuvor die überfüllte Zug-Abteile fast aus den Nähten platzten, finden die Fahrgäste bequem Platz. Der Abstand bleibt gewahrt. Nicht ganz unwichtig, da Corona ein Thema bleibt und im Schienen-Verkehr hierzulande immer noch Masken getragen werden müssen.
Ein Manko lastet aber nach wie vor auf einigen Verbindungen. So muss auch der Rhyhas bei jeweils stündlichen Abfahrten ab Singen öfters noch warten, bis ausgerechnet ein Schweizer Schnellzug den Bahnhof verlässt. Das führt dann genauso zu ärgerlichen Verzögerungen, wie dies auch schon die DB-Bahnen in Kauf nehmen mussten. Und in Gottmadingen ist der Anschlussbus nach Randegg – Gailingen dann auch schon mal weg, wie dies eine eigene Beobachtung gezeigt hat.
„Schweizer Qualität auf deutschen Schienen“
Der Rhyhas bietet von 5.30 Uhr bis 0.30 Uhr einen integralen 30-Minuten-Takt. Der Zug pendelt nach Schweizer Vorbild von Montag bis Sonntag alle 30 Minuten entlang der Stationen Singen, Gottmadingen, Bietingen, Thayngen, Herblingen und Schaffhausen. „Dieses Angebot liegt über dem Standard des Landes Baden-Württembergs und ist nur durch die Mitfinanzierung des Kantons Schaffhausen und des Landkreises Konstanz möglich“, schreibt die SBB in einer Pressemitteilung. Mit ihrem Qualitätskonzept strebe sie an, verloren gegangene und verärgerte Fahrgäste von der „Schweizer Qualität auf deutschen Schienen“ zu überzeugen und zurück in den Zug zu holen.

Ein Bestandteil des Qualitätskonzeptes seien die modernen und äußerst ruhigen Fahrzeuge der Thurbo AG. Mit 180 Sitzplätzen bietet der eingesetzte GTW 2/8 fast doppelt so viele wie die Fahrzeuge des vorigen Betreibers, der DB Regio. Mit diesen großzügigen und sehr robusten Fahrzeugen garantiere die SBB eine Pünktlichkeit von 98 Prozent. Um den Anschluss in Schaffhausen aus dem Jestetter Zipfel im morgendlichen Schülerverkehr zu sichern, gibt es nun eine Durchbindung nach Singen mit einige Linien, die ohne die bisherigen nötigen Umstiege genutzt werden können.
Mehr Sauberkeit und Sicherheit angestrebt
Neben den genannten Kriterien spielen laut SBB vor allem Sauberkeit und Sicherheit eine entscheidende Rolle bei der Verkehrsmittelwahl. Sie biete daher ihren Fahrgästen zusätzliche Reinigungen an, um die Fahrzeuge so sauber wie möglich zu halten. Außerdem werde auf kritischen Verbindungen ein Sicherheitsdienst eingesetzt, insbesondere in den Abendstunden.
Der neue Fahrplan kann unter www.sbb-deutschland.de/s-bahn-schaffhausen heruntergeladen werden und ist zeitnah auch in den gewohnten Verkaufsstellen erhältlich.